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2035 - Exodus der Herzen

Titel: 2035 - Exodus der Herzen
Autoren: Unbekannt
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verdrehte im Geiste die Augen. All diese Erklärungen waren erneut lediglich verbrämtes Geschwafel, das mir und den anderen keinerlei brauchbare Anhaltspunkte lieferte. „Viena", sagte ich, „wir gehen in sicherer Entfernung von dieser seltsamen Erscheinung in eine niedrige Umlaufbahn."
    „Woher willst du wissen", fragte der Ortungschef, „was bei solch einem Objekt eine sichere Entfernung ist und was nicht?"
    Ich zuckte mit den Achseln. Die Zeit war zu knapp für solche rhetorischen Diskussionen. Es blieben uns kaum noch sieben Stunden, um unseren Auftrag zu erfüllen und zu verhindern, daß die Menschheit gar nicht erst entstand.
     
    *
     
    „Neue Ortungen", sagte Viena und fuhr mit einer nachlässig wirkenden Handbewegung eine Hologalerie hoch. Sie zeigte in unterschiedlichen Vergrößerungen insgesamt neunzehn inselartige Objekte, die allesamt mit vergleichsweise hoher Geschwindigkeit in Richtung Südpol unterwegs waren. „Die Inzaila", sagte Jamaske ehrfürchtig.
    Während die SOL dem Südpolgebiet entgegensank, betrachtete ich abwechselnd die optischen Darstellungen und die Daten.
    Die treibenden Inseln im Türkisozean erinnerten mich an riesige Schiffsrümpfe. Körper von 3500 bis 3800 Metern Länge, zwischen 800 und 1000 Metern Breite und mit Tiefgängen bis 80 Metern, verkündete die Datenauswertung.
    Die Zahlen wurden dem, was ich sah, bei weitem nicht gerecht, vermittelten nur einen höchst unzulänglichen Eindruck von dem, womit wir es zu tun hatten. Es waren exotische Gebilde, eindeutig pflanzlichen Ursprungs. Die Holos zeigten schwimmende Wälder, wild wucherndes, organischpflanzliches Material, millionenfach verflochten und wohl über Äonen hinweg zur derzeitigen Form gewachsen.
    Dafür sprach die Tatsache, daß sämtliche Pflanzeninseln eine stromliniengünstige Form aufwiesen. Sie hatten sich offensichtlich im Lauf ihrer Existenz der Umwelt perfekt angepaßt. Völlig rätselhaft war im Augenblick noch, wie sie sich fortbewegten, dazu schwiegen sich sowohl SENECA als auch der Extrasinn aus.
    Dafür äußerte er sich jedoch zu einem anderen Thema. Die Individualorter der SOL zeigen bei den schwimmenden Inseln ähnliche Meßwerte wie auf Orllyndie beim Pflanzenvater.Arystes an. „Wenn alle neunzehn Inzaila das Südpolgebiet erreicht haben", sagte Jamaske, „wird Hauchmén Zovirasch eintreten."
    Ich konnte mir nicht den geringsten Reim auf diesen Begriff machen, aber aus irgendeinem Grund klang er nicht sehr positiv besetzt.
    Dennoch ... erneut benutzte die Botin lediglich Umschreibungen, die alles und nichts bedeuten konnten. „Hauchmén Zovirasch?" fragte ich sie. Ihre rauchblauen Augen hatten für mich mittlerweile jeden Reiz und jede Tiefe verloren. „Was ist das?"
    „Der Untergang der Welt", antwortete Jamaske, als habe sie es mit einem Halbgescheiten zu tun.
    Im nächsten Augenblick erstarrte sie wieder zu jenem statuenhaften Etwas, als das sie sich schon bei ihrer endgültigen Materialisation an Bord präsentiert hatte. Jetzt schien allerdings jegliches Bewußtsein aus ihr gewichen zu sein. „Der Untergang der Welt", wiederholte Tek. „Und damit auch der der Kym-Jorier und der Menschheit."
    Mir lief es kalt über den Rücken.
     
    *
     
    Es dauerte mehrere Minuten, bis wieder Leben in Jamaske zurückkehrte.
    Doch als sie die tiefen Augen aufschlug, waren sie flach und leer.
    Nichts an ihr hatte sich verändert. Ihre Gestalt war weiterhin schlank und wohlproportioniert. Das dunkelbraune Haar trug sie weiterhin zu seitlichen Knoten geflochten. Ihre Augen waren weiterhin rauchblau.
    Aber tot.
    Jeder Rest von Eigenständigkeit, der die Botin einer anderen Entität bislang ausgezeichnet hatte, war nun vollends verschwunden. Das, was Jamaske gewesen war, war nicht mehr vorhanden.
    Ich war überzeugt, es von nun an direkt mit Paumyr persönlich zu tun zu haben. So unvorstellbar der Gedanke auch sein mochte, Jamaske war letzten Endes nichts als eine Projektion gewesen, eine Übermittlerin im schrecklichsten Sinne des Wortes.
    Der Extrasinn widersprach mir nicht. „Die Entdeckung des Planeten durch die Mundänen steht unmittelbar bevor", sagte sie. Sie klang wie zuvor, doch es fehlte etwas in ihrem Timbre. Die charakteristische Klangfarbe ihrer Stimme war plötzlich einfach nicht mehr vorhanden. „Paumyr?" fragte ich. „Da ihr Auroch-Maxo-55 erreicht habt, ist mir nun der direkte Kontakt mit euch möglich. Von nun an spreche ich selbst durch Jamaskes Mund zu der Besatzung des
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