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2035 - Exodus der Herzen

Titel: 2035 - Exodus der Herzen
Autoren: Unbekannt
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die Erscheinung namens Jamaske.
    Sie drehte mir den Kopf zu. Der Blick ihrer rauchblauen Augen schien auch weiterhin in die Ferne gerichtet zu sein, in das Silberleuchten, das den Nebel durchzog.
    Dann runzelte sie die Stirn, als wäre meine Frage an Absurdität nicht mehr zu übertreffen. „Wenngleich ich derzeit keinen mentalen Kontakt zu Paumyr herzustellen vermag, spüre ich doch sehr präzise die unsichtbaren Verästelungen der Flimmernetze in der Wolke."
    ES, warum tust du uns das an? dachte ich erneut. Warum gibst du uns nicht alle Informationen, die wir benötigen?
    Frag nicht! dachte der Extrasinn lakonisch. Frag auch nicht, was ein Flimmernetz ist! „Was ist ein Flimmernetz?" fragte ich Jamaske.
    Sie öffnete den Mund und schloß ihn wieder. Ich hatte den Eindruck, daß sie durchaus mitteilsam war, aber einfach nicht wußte, wie sie mir ihr Wissen vermitteln sollte. „Für die Inzaila ist das Flimmernetz wie ein Adernsystem, über das sie permanent Tzan'dhu aus der Wolke saugen."
    „Tzan'dhu?" fragte Tekener, den es schon längst nicht mehr auf seinem Sitz gehalten hatte. Er musterte Jamaske unauffällig mit einem Blick, in dem wesentlich mehr Mißtrauen lag als in dem meinen.
    Die Botin nickte. „Die Wolke ist erfüllt von Tzan'dhu, einer Kraft, die man nicht sehen und nicht fühlen kann. Die Inzaila haben ihre ... Fühler wie ein Netz durch die gesamte Wolke gewoben. So, wie ein Baum sich durch sein Wurzelwerk die Erde, in der er wächst, als Kraftquelle erschließt. Dieses unsichtbare Geflecht ist das Flimmernetz."
    Ich ging davon aus, daß SENECA und die zuständigen Wissenschaftler diese Worte bereits analysierten, aber ich brauchte weder sie noch meinen Extrasinn, um mir einen Reim darauf zu machen. Ich vermutete, daß die Botin von UHF-Hyperenergie sprach, also Psi- oder Para-Energie. „Und kann das Flimmernetz auch dazu beitragen, daß wir während des Fluges keinen Mundänen begegnen werden?" fragte ich. „Natürlich." Sie sah mich an, als stünde es aufgrund dieser Frage endgültig weit unter ihrer Würde, auch nur noch ein einziges Wort mit mir zu wechseln. „Die Mundänen sind die Todfeinde der Inzaila", sagte sie dann. „Die Mundänen warten nur darauf, Auroch-Maxo-55 aufzuspüren und sämtliche Inzaila in den schwarzen Schlund zu stürzen, aus dem es keine Rückkehr gibt."
    Ich nickte. Damit war alles gesagt. „Dieses Schiff wird in knapp zwei Stunden die Heimat des Wissens erreichen", fügte Jamaske dann hinzu, „und zwar unbehelligt von den Mundänen."
    Ich atmete auf. Das war völlig in meinem Sinn.
     
    2.
     
    Der Höllenpfuhl im Paradies
     
    „Sie lügt", sagte Tekener. „Oder spricht zumindest nicht die ganze Wahrheit."
    Wir hatten eine kurze Ruhepause während des Flugs genutzt, um in seiner Kabine ungestört miteinander zu sprechen. Schließlich konnten wir uns schlecht austauschen, während Jamaske direkt neben uns stand und alles mitbekam. „Sie verbirgt etwas vor uns", gab ich ihm recht. „Sie bittet uns um Hilfe, verrät uns aber nicht, wie wir ihr helfen sollen. Sie spricht verklausuliert, praktisch in Rätseln, benutzt phantasievolle Begriffe, die der Translator nicht übersetzen kann. Tzan'dhu, Flimmernetz ... das ist nicht wissenschaftlich exakt, das ist ..."
    „Verbrämte Mystik", vollendete Tek den Satz für mich. „So ungefähr. Selbst wenn sie wüßte, worum es sich dabei handelt, sie könnte es uns einfach nicht erklären."
    „Immerhin bringt sie uns nach Auroch-Maxo-55. Aus eigener Kraft konnten wir den Planeten nicht ausfindig machen."
    Mir schwoll der Kamm. „Ich bin es leid, Tek", sagte ich. „Warum benimmt ES sich so widersinnig? ES hätte es sich viel leichter machen können, hätte die Superintelligenz uns konkrete Informationen gegeben, genaue Positionen und Daten. Warum tut ES uns und sich selbst das an?"
    Ronalds Gesicht blieb ausdruckslos. Er zuckte lediglich mit den Achseln.
    Mein Blick wanderte zu der venusianischen Robbensaitengitarre, die eine Wand des Wohnraums der Kabine zierte, die Tek mit Dao teilte. Das schmale, langgezogene Instrument mit dem verhältnismäßig kurzen Hals war anmutig geformt. Es bestand aus einem seltenen, leicht zu bearbeitenden und in ungehärtetem Zustand biegsamen Mineral, das nur in den Ozeanen des „Morgensterns" vorkam, und auch das nur in sehr begrenzten Mengen.
    Die robbenähnlichen, halbintelligenten Ureinwohner des zweiten Sol-Planeten hatten dem über zweitausend Jahre alten Artefakt unglaubliche
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