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2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)

Titel: 2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)
Autoren: Brian D'Amato
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Wachhäuschen kam jemand und überzeugte sich, dass ich wirklich ich war, und blieb dabei richtig höflich. Hatte Klasse. Ich tastete mich durch die beiden
    S
    -Kurven der langen Auffahrt aus rosarotem Beton, die von dicht stehenden Peruanischen Pfefferbäumen gesäumt wurde. Vor mir sah ich eine Garage für drei Autos, aber Marenas Cherokee parkte am Rand des großen Wendekreises. Hinter ihm standen zwei andere dunkle Geländewagen, und ich hielt ganz vorn in der Reihe.
    Irgendwann einmal – wann, habe ich vergessen – hat Marena mir erzählt, Walt Disney habe ihr Haus während der frühen utopistischen Phase von Epcot errichten lassen. Ich dachte, sie hätte übertrieben, doch es erwies sich als wahr: Das Gebäude war eine fast exakte Kopie von irgendeinem Haus Frank Lloyd Wrights. Von dieser Seite erinnerte es stark an die Paläste von Uxmal, einer Maya-Stadt in Yukatan, die im 10. Jahrhundert n. Chr. eine wichtige Metropole war und zufällig von meinen Vorfahren regiert wurde, den Xiws.
    Ich wand mich aus dem Wagen. Knack. Au. Steif. Werde alt. Verdammt, war das stickig. Ich steckte meine Brieftasche und mein Handy in mein Hemd und ließ mein Sakko auf dem Beifahrersitz liegen. Okay. Nur aus Gewohnheit schloss ich den Wagen ab. Ich blickte auf +30° NNO , um zu sehen, ob ich den Kometen Ixchel entdeckte, aber der Dunst war zu dicht. Okay, los geht’s. Mit dem Zeh schaltete ich die Mikrovibration ein, schob mich vom Wagenweg und skatete – ’tschuldigung, sleekte™  – über den Beton. Sleeken™ kam einem vor wie irgendwas zwischen Schlittschuhlaufen und altmodischem Rollerskatefahren mit vier Rädern, aber da die Füße flach auf dem Boden auflagen, bekam man das Gefühl, über ein mit Butter ausgestrichenes Teflontablett zu schlittern. Im Prinzip war es so, dass die Laufflächen mit sehr hoher Frequenz vibrierten, sodass sie sogar auf einer gewöhnlichen Straße dahinglitten. Sobald man bei abgestellter Vibration auf diesen Sohlen ging, erzeugte man Elektrizität, die für später gespeichert wurde; deshalb gab es keine großen Akkupacks. Wären die Dinger auf den Markt gekommen, als ich sieben war, wäre ich verrückt auf sie gewesen, aber jetzt konnten sie meine Wunde nicht schließen. Instinktiv – schon jetzt – schaltete ich die Vibration mit den großen Zehen ab und hielt abrupt vor der einzelnen Türstufe. Der Wagen musste einen Alarm ausgelöst haben, denn ehe ich die Tür erreichte, öffnete mir ein mittelgroßer Latino.
    »Äh, Jed«, sagte er. »Hi.«
    »Hi«, sagte ich. Es war Tony Sic.



(4)
    »Hi«, murmelte ich noch einmal. »Tony. Hi.« Zuerst hatte ich ihn gar nicht erkannt, weil er die Haare jetzt ultrakurz trug. Eigentlich trug er gar keine Haare. Er steckte in Shorts und einem blau-weiß-gestreiften Trikothemd des Mérida-Fútbol-Clubs mit der Nummer 28. Hm, dachte ich. Hm. Was ist hier denn los? Er blickte mich ganz seltsam an. Das alte Konkurrenzdenken überkam mich.
    Er fragte mich, wie es mir gehe. Besser, antwortete ich und fragte ihn, wie es ihm denn so gehe. Er antwortete, aber ich hörte nicht hin. Er wirkte nervöser als sonst. Hatte er was mit Marena? Sie hatte gesagt, sie würde jemanden heiraten, aber … nein, auf keinen Fall, das würde sie nicht bringen. Sie kann unmöglich gemeint haben, dass sie Tony Sic heiratet! Der Gedanke war mir zu entsetzlich, um ihn weiter zu verfolgen; ich hatte in letzter Zeit genug Scheußliches im Kopf gewälzt. Aber wieso eigentlich scheußlich? Im Grunde hatte ich gar nichts gegen den Burschen. Wir waren so etwas wie Kollegen, die in Konkurrenz standen, was das Opferspiel anging, und ich war schrecklich eifersüchtig auf Tony gewesen, als ich glaubte, er würde an meiner Stelle in 9-Reißzahn-Kolibri übertragen werden, den Ahau der Maya. Als dann ich ausgesucht wurde, hatte ich natürlich ein schlechtes Gewissen.
    Tonys Geschichte war der meinen gar nicht so unähnlich. Auch seine Muttersprache war Maya. Auch er war über Professor Taro in die akademische Welt gelangt, und er hatte in Ixcán sogar einige Zeit für die »Dörfer in Widerstand« gearbeitet. Sei nett zu ihm, sagte ich mir. Vergiss nicht, du wirst ihn umbringen. Und mit ihm alle anderen.
    Ach, pues … Ich trat in die trockene Kälte. An die benthonische Tiefe der Klimatisierung in El Norte habe ich mich nie richtig gewöhnt. Und würde es auch nicht mehr.
    Sicgesicht forderte mich mit einer Armbewegung auf, mich in dem engen Flur an ihm vorbeizudrängen, doch dann
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