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2012 - Schatten der Verdammnis

Titel: 2012 - Schatten der Verdammnis
Autoren: Steve Alten Bernhard Kleinschmidt
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therapiert werden. Nutzen Sie die Gelegenheit, um ein paar wertvolle Erfahrungen zu sammeln.«
    Er verbirgt etwas vor mir. »Ich freue mich über diese Chance, Dr. Foletta. Aber warum haben Sie ausgerechnet mich ausgesucht?«
    Foletta drückt sich vom Schreibtisch ab und steht auf. Das Möbelstück ächzt unter seinem Gewicht. »Man könnte es für einen Interessenkonflikt halten, wenn ich - als Direktor dieser Anstalt - ihn ganz allein behandle.«
    »Aber weshalb weisen Sie ihm nicht ein komplettes Team zu?«
    »Unmöglich.« Foletta verliert sichtlich die Geduld. »Michael Gabriel ist immer noch mein Patient, und welche Therapieform am besten für ihn geeignet ist, bestimme ich, nicht irgend Kuratorium. Sie werden bald selbst herausbekommen, dass Mick ein ziemlicher Verstellungskünstler ist - recht clever, sehr redegewandt und sehr intelligent. Sein IQ beträgt fast hundertsechzig.«
    »Das ist ziemlich ungewöhnlich für einen Schizophrenen, nicht wahr?«
    »Ungewöhnlich, aber nicht ohne Präzedens. Worauf ich hinaus will: Mit einem Sozialarbeiter oder einem Reha-Spezialisten würde er nur spielen. Es braucht jemand mit Ihrer Ausbildung, um ihm auf die Schliche zu kommen.«
    »Na schön. Wann lerne ich ihn kennen?«
    »Jetzt gleich. Man bringt ihn gerade in einen Beobachtungsraum, damit ich Ihre erste Begegnung observieren kann. Ich hab ihm heute Morgen schon von Ihnen erzählt.
Er freut sich darauf, mit Ihnen zu sprechen. Aber passen Sie auf.«
     
    Die obersten vier Stockwerke der Anstalt, von deren Personal als >Einheiten< bezeichnet, beherbergen jeweils achtundvierzig Insassen. Jede Einheit ist in einen Nordund einen Südflügel unterteilt und jeder Flügel in drei Stationen. Eine Station besteht aus einem kleinen Aufenthaltsbereich mit Sofas und einem Fernseher, um den sich acht Einzelzellen gruppieren. Jedes Stockwerk ist mit einer eigenen Sicherheitszentrale und einer Station für die Pfleger ausgestattet. Fenster gibt es keine.
    Foletta und Dominique fahren im Personalaufzug in den sechsten Stock. An der Zentrale unterhält sich ein schwarzer Wärter mit einer Pflegerin. Der Beobachtungsraum liegt zu seiner Linken.
    Der Direktor begrüßt den Wärter und stellt ihm die neue Praktikantin vor. Er heißt Marvis Jones und hat freundliche braune Augen, die ein durch Erfahrung gewonnenes Selbstvertrauen ausstrahlen. Dominique fällt auf, dass er unbewaffnet ist. Foletta erklärt, dass auf den Wohnebenen keinerlei Waffen zugelassen sind.
    Marvis führt die beiden durch die Zentralstation zu einem einseitig verspiegelten Fenster, durch das man in den Beobachtungsraum blicken kann.
    Michael Gabriel hockt auf dem Boden und hat sich mit dem Rücken an die hintere Wand gelehnt, direkt gegenüber dem Fenster. Er trägt ein weißes T-Shirt und passende Hosen. Mit seinem muskulösen Oberkörper sieht er erstaunlich fit aus. Er ist hoch gewachsen, einen Meter fünfundneunzig groß, und wiegt etwa hundert Kilo. Sein dunkelbraunes, relativ langes Haar geht an den Spitzen in Locken über; sein hübsches Gesicht ist glatt rasiert. Eine acht Zentimeter lange Narbe verläuft nahe des Ohrs über den rechten Unterkiefer. Den Blick hat er auf den Boden geheftet.

    »Der sieht aber nett aus.«
    »Das war bei Ted Bundy auch der Fall«, sagt Foletta, »und der hat sechzig Frauen umgebracht. Also, ich beobachte Sie von hier aus. Bestimmt wird Mick seinen Charme spielen lassen, weil er Eindruck auf Sie machen will. Wenn ich das Gefühl habe, dass es reicht, schicke ich die Schwester rein, um ihm sein Medikament zu verabreichen.«
    »Okay.« Ihre Stimme zittert. Bleib locker, verflucht noch mal.
    Foletta lächelt. »Sind Sie nervös?«
    »Nein, nur ein bisschen aufgeregt.«
    Sie tritt aus der Zentrale und gibt Marvis mit einem Zeichen zu verstehen, dass er die Tür zum Beobachtungsraum aufschließen soll. Als die Tür aufgeht, regt sich ein flaues Gefühl in ihrem Magen. Sie bleibt einen Moment stehen, bis ihr Puls sich beruhigt hat, dann tritt sie ein. Mit einem Schauder registriert sie, wie die Tür mit einem zweifachen Klicken hinter ihr verschlossen wird.
    Der Beobachtungsraum ist drei mal vier Meter groß. Direkt vor Dominique ist ein eisernes Bettgestell an Boden und Wand befestigt. Eine dünne Auflage dient als Matratze. Gegenüber dem Bett steht ein einzelner Stuhl, der ebenfalls am Boden befestigt ist. Eine Rauchglasscheibe an der Wand zu ihrer Rechten lässt keinen Zweifel daran, dass es sich um das Beobachtungsfenster
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