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2012 - Folge 7 - Ein Grab im Dschungel

2012 - Folge 7 - Ein Grab im Dschungel

Titel: 2012 - Folge 7 - Ein Grab im Dschungel
Autoren: Bastei
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des Mannes für einen Sekundenbruchteil abgelenkt – und dieser Moment genügte Cruchot, um die Hand mit seiner Waffe so zu drehen, dass die Mündung auf den Indio wies.
    Pauahtun konnte sehen, wie sich der Finger des Gendarmen am Abzug krümmte – als die schallgedämpfte Pistole in Chacs Hand aufhustete. Seine Kugel pfiff dicht an Kulkulcan vorbei und erwischte Cruchot.
    Der Flic sackte vor Kulkulcan in die Knie, als wollte er ihn anbeten. Seine Dienstwaffe polterte auf den Boden. Der Indio trat sie reflexhaft weg. Sie schlitterte unter den Schreibtisch.
    Die Hände noch um das Gitter gekrampft, schloss Pauahtun die Augen. Ihm wollte nicht einmal ein Fluch über die Lippen kommen.
    Natürlich war die Sache zu bereinigen. Niemand würde ihnen auf die Spur kommen, sobald sie hier fertig und verschwunden waren. Aber es war ein Aufwand, der nicht nötig gewesen wäre – und verlorene Zeit, die sie nicht darauf verwenden konnten, nach Tom Ericson und dem Himmelsstein zu suchen.
    Denn die Zeit wurde knapp. Jede Stunde bedeutete einen weiteren Schritt in Richtung des prophezeiten Datums, jeder Tag eine Meile. Und inzwischen war das ursprünglich so beruhigend ferne Ziel praktisch in Sichtweite gerückt.
    Unbewusst warf Pauahtun, als er die Augen wieder öffnete, einen Blick auf seine Uhr, die man ihm gelassen hatte. Als er den Kopf wieder hob und durch das Türloch schaute, war er da. Und obwohl sein schmales, kantiges Gesicht auch jetzt keinerlei Gefühlsregung zeigte, glaubte Pauahtun in den starren bernsteinfarbenen Augen lesen zu können, dass der Mann in Weiß ganz und gar nicht erfreut war.

    Oft nannten sie ihn auch den »Weißen Gott«. Jetzt empfand Pauahtun ihn eher als Rache gott, der gekommen war, um ihn als Anführer der Logenmitglieder für ihr gemeinsames Versagen zu strafen.
    Pauahtun rann ein Schauder über den nackten Rücken.
    Doch ihr Herr tat nichts von dem, was Pauahtun an seiner Stelle getan hätte. Womit der Mann in Weiß einmal mehr bewies, dass er so weit über allem Menschlichen stand, dass es ihm im wahrsten Sinn des Wortes fremd war.
    Er sprach nicht einmal, bedeutete Kulkulcan nur stumm, den Schlüssel zu nehmen und Pauahtun aus der Zelle zu lassen.
    Mit dem Mann in Weiß war Huracan hereingekommen, in der Hand einen dunklen Anzug nebst Hemd und frischer Wäsche auf einem Kleiderbügel, den er hinter Kulkulcan hertrug und Pauahtun übergab.
    Während er sich in der nun offenen Zelle ankleidete, ließ Pauahtun den Mann in Weiß nicht aus den Augen, als dieser Chac bedeutete, den Arzt auf einen Stuhl zu hieven und dort festzuhalten. In dem Moment, als er ihn anhob, entwich dem Mann ein vernehmliches Seufzen, das wie sein letzter Atemzug klang.
    Dann trat der Weißgekleidete vor den Arzt hin, streckte die Hände aus, legte seine Fingerspitzen seitlich gegen dessen Kopf – und senkte sie dann hinein, als bestünden Haut und Schädel aus einer durchlässigen Masse.
    Die völlige Lautlosigkeit des Geschehens war das Unheimlichste daran. Aber weiter geschah auch nichts.
    Der Mann in Weiß stand nur reglos da, die Hände halb im Kopf des Leichnams, der von Chac fixiert wurde, bis der Weiße ihm mit einem Nicken zu verstehen gab, den Arzt loszulassen. Chac kam der Aufforderung ein klein wenig zögernd nach und trat erst dann zurück, als er sicher war, dass der Tote nun tatsächlich allein sitzen blieb.
    Aus eigener Kraft?, wunderte sich Pauahtun, während er sein frisches Seidenhemd zuknöpfte.
    Erst als der Mann in Weiß seine Hände wieder aus dem Kopf des toten Arztes herauszog, war etwas zu hören, aber vielleicht bildete Pauahtun sich dieses leise Knistern nur ein. Und vielleicht waren auch die winzigen bläulichen Funken, die für einen Lidschlag um die Fingerspitzen des Mannes in Weiß wie Elmsfeuer zu tanzen schienen, nur eine Sinnestäuschung.
    Aber den Geruch, der auf einmal im Raum hing, wenn auch nur ganz schwach, der war wirklich da. Es roch nach Ozon und etwas anderem … unangenehm, verschmort und auch ein bisschen faulig süß.
    Cruchot hatte diese Prozedur sterbend verfolgt und hauchte selbst sein Leben in dem Augenblick aus, da der Mann in Weiß von dem Arzt abließ.
    Der Weißgekleidete befahl Chac, auch den Gendarmen auf einen Stuhl zu heben. Als er sah, dass Cruchot bereits vom Tod ereilt worden war, trieb er den Indio mit einer herrischen Bewegung zur Eile an.
    Was immer diese Eile nötig machte, es schien noch nicht zu spät gewesen sein, denn der Mann in Weiß tat mit dem
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