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2012 - Folge 1 - Botschaft aus Stein

2012 - Folge 1 - Botschaft aus Stein

Titel: 2012 - Folge 1 - Botschaft aus Stein
Autoren: Bastei
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Archäologe unter den Hemdenkragen. Kalter Schweiß stand ihm im Nacken.
    In der Ferne verschmolz das Meer bereits mit dem Horizont. Der vor wenigen Minuten noch kräftig blaue Pazifik wirkte mit einem Mal grau. Gischt tanzte auf den Wellen.
    Ein starker Wind kam auf. Aus Richtung der Bucht von Ta'aoa hallten Möwenschreie heran. Dort, wo der halb versunkene Vulkan eine natürliche Bucht bildete, ankerten Segelboote und sündhaft teure Jachten. So schnell, wie manche Unwetter aufkamen, zogen sie auch wieder weiter. Aber selbst wenn nur ein Wolkenbruch über Hiva Oa niedergehen würde - eineinhalb bis zwei Stunden musste Tom für den Rückweg durch das unwegsame Gelände einkalkulieren. Den Wettlauf gegen ein heraufziehendes Unwetter konnte er nicht mehr gewinnen.
    Ein lauter werdendes Grollen hing jetzt schon in der Luft.
    Hastiger schlug sich Ericson den Weg frei. Ohne die Machete wäre es ihm unmöglich gewesen, in dem Taleinschnitt überhaupt voranzukommen. Vor ihm lagen noch einmal zweieinhalb Kilometer unberührtes Gelände -
    vorausgesetzt, der nächste Tiki stand im selben Abstand wie die drei bisher.
    Es war nahezu sicher, dass er die letzte kleine Statue vor sich hatte. Eine Figur für jeden Buchstaben des Vornamens.
    Eigentlich ein schöner Ort, um zu sterben - ein kleines Paradies inmitten der Insel.
    Wie alt war Paul Gauguin gewesen, als er 1903 seiner Krankheit erlag? Vierundfünfzig. So alt wie Tom selbst.
    Dabei sah er nicht nur aus wie Ende dreißig, er fühlte sich auch keinen Tag älter. Und das nicht ohne Grund ...
    Der Weg wurde steiniger.
    Als Tom sich wieder umwandte, war der Horizont schon in brodelnder Schwärze verschwunden. Ein greller Blitz schien das Firmament zu spalten.
    Noch nicht einmal einen halben Kilometer hatte der Archäologe sich von der bislang letzten Statue entfernt. Seine Vermutung, Paul Gauguin hätte auf der Hügelkuppe den Tod erwartet, den Blick weit über die Insel schweifend, erwies sich als Irrtum. Zumindest, solange er gleichbleibende Abstände zwischen den Tikis annahm, denn dann musste er auf der anderen Seite des Hügels ins nächste Tal hinab. Oder hatte die kleine Statue einstmals doch in eine andere Richtung gewiesen?
    Ein zweiter Blitz zuckte über den Himmel, von ohrenbetäubendem Donner begleitet. Die Sonne verbarg sich hinter schwarzen Wolken, nur noch einzelne fahle Lichtfinger huschten über die Insel hinweg.
    Einige hundert Meter zur Linken lichtete sich das Unterholz. Große Bäume wuchsen dort. Der Hang wurde felsiger, wie Ericson im flackernden Widerschein der Blitze erkannte.

    Der Wind frischte weiter auf. Bis Tom endlich schneller vorankam, tobte schon ein Sturm über die Hochtäler hinweg. Die Machete schob der Archäologe in das Futteral zurück, das er auf dem Rücken trug. Er brauchte die Klinge nicht mehr, lief jetzt zwischen weit ausladenden Bäumen hindurch auf einen Felshang zu. Es wurde rasch dunkel. Nur die Blitze ließen Tom überhaupt noch erkennen, wohin er sich wenden musste. Von einer Sekunde zur nächsten öffnete der Himmel alle Schleusen. Bis Ericson endlich den Felsüberhang erreichte, hatte er schon keinen trockenen Faden mehr am Leib.
    Neben ihm tropfte Schlamm aus der Höhe herab. Innerhalb kürzester Zeit wurde ein zähflüssiger Vorhang daraus, und als sich die ersten Steinbrocken lösten, eilte Tom weiter. Er war noch keine vierzig Schritte entfernt, da brach der Großteil des Überhangs inmitten einer Schlammlawine herab.
    Um die Weltuntergangsstimmung komplett zu machen, schlug in der Nähe ein Blitz ein. Flammen loderten aus einem der Baumriesen und beleuchteten die Szenerie.
    Nur wenige Meter vor Ericson klaffte ein Spalt in der Felswand, ein Riss, der am Boden kaum zwei Meter breit war und sich in der Höhe schnell verjüngte. Das war vulkanisches Gestein und nichts, was während des anhaltenden Wolkenbruchs aufweichen konnte.
    Auf den Marquesas gab es keine großen Tiere. Als Tom sich in den Spall flüchtete, musste er keineswegs fürchten, mit einem Berglöwen oder einem hungrigen Waran den Unterschlupf zu teilen. Auch konnte er auf Anhieb nicht erkennen, ob der Spalt überhaupt tiefer in den Hang hineinreichte.
    Völlige Dunkelheit empfing ihn. Et was zerbrach unter seinem Schuh. Tom blieb stehen und griff nach der an seinem Gürtel hängenden kleinen Stablampe.
    Der aufgefächerte Lichtstrahl huschte über dunkles Gestein hinweg und verriet, dass die Höhle wenigstens einige Dutzend Meter tief sein musste. Er
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