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201 - Die Rachegöttin

201 - Die Rachegöttin

Titel: 201 - Die Rachegöttin
Autoren: Michelle Stern
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Adoors. Nie hatte Airin an einem einzigen Tag so viele Menschen sterben sehen. Niemals so viele letzte Worte gehört. Sie war gerade zwanzig Sommer geworden. Die Chancen, einundzwanzig zu werden, standen nicht gut.
    Sie umklammerte die klobige Waffe in ihren Händen.
    Die Adoors kamen. Airin war mit einer Gruppe von zwanzig Perons in die Höhlen der Stejchon gestürmt, um Nachschub an Munition und Waffen zu holen. Sie war nicht bereit, den Paak kampflos aufzugeben.
    Viele Perons waren bereits aus dem Paak geflohen, allen voran Kiras, der die Alten und die Kinder nach draußen führte.
    »Lass sie nur kommen!«, schrie Airin, wütend über ihre Angst. »Sie werden den Paak niemals kriegen!«
    »Airin!« Jajson packte ihren Arm. »Es ist vorbei! Die anderen sind längst fort, und auch wir sollten zusehen, dass wir verschwinden!«
    Im Schein der Fackeln sah Airin sein bleiches Gesicht. Tiefe Schatten lagen unter seinen Augen. Die letzte Zeit war hart gewesen. Sie hatten versucht sich zu behelfen, nachdem der Stroom fort war. Es wäre ihnen auch gelungen, wenn diese Tiere nicht wie ein Termiitenschwarm über sie gekommen wären.
    »Wir halten die Stejchon! Ich akzeptiere keine Niederlage!«
    Airin sah sich Beifall heischend um, aber außer ihr und Jajson war niemand zu sehen. Die Gänge des Höhlensystems waren weit verzweigt. Sie waren die Letzten, die sich so tief im Inneren befanden.
    Jajson schlug ihr mit dem Handrücken ins Gesicht. Airin schluckte, ohne zurückzuschlagen. Er war ein Freund, und sie hatten vor langer Zeit ausgemacht, dass er sie so zur Raison bringen durfte, wenn wieder einmal ihr Jähzorn aufloderte.
    »Airin!« Jajsons Stimme war flehend. »Komm zur Vernunft! Du bist die Hantaa! Marii braucht dich! Unser Volk braucht dich! Gib die Stejchon auf!«
    Airin bewegte ihren schmerzenden Kiefer. »Marii«, flüsterte sie rau, während ihr Geist sich klärte. Die oberste Uneska musste geschützt werden. Es war ihre Aufgabe als Anführerin der Krieger, für Marii zu sorgen, und nur deshalb waren sie hier. Um die restliche Munition zu holen und den Abzug aus dem Paak zu sichern. Marii wartete in einem Versteck auf der Dornenlichtung auf sie. Zwar hatten die Adoors keine Feuerwaffen, aber Pfeile, Speere und Schleudern. Den Perons dagegen war die Munition für die wenigen automatischen Waffen fast ausgegangen.
    Airin rannte los, ohne weiter auf Jajson zu achten. Der kräftige Mann hielt mit ihr Schritt. Adoors kamen ihnen entgegen. Zwei schoss Airin nieder, ein Speer verfehlte sie nur knapp. Acht weitere Adoors wichen vor ihren Feuerwaffen in Seitengänge aus.
    »Sie wollen uns einschließen!« Jajson hielt eine altmodische Pistole in der Hand, von der man nie wusste, ob die Ladung auch wirklich nach vorne losging.
    »Nein!« Ein Gedanke blitzte durch Airins Kopf. »Sie wollen uns hinaustreiben! Sie wollen die Stejchon für sich! Also tun wir ihnen den Gefallen!«
    Airin spürte die Last auf ihrem Rücken kaum. Sie hatten an Waffen und Munition geholt, was sie finden konnten.
    »Was hast du vor?« Jajson hetzte neben ihr her. Wann immer er einen Adoor sah, schoss er.
    »Rückzug!«, brüllte sie. »Alle hier raus! Wir verlassen die Stejchon!«
    Airin geriet ins Straucheln. Etwas lag direkt vor ihr. Sie stützte sich mit der Waffe in beiden Händen ab, um nicht zu stürzen. Ihre Finger berührten den Hals einer Frau.
    Vor ihr lag Liiras Leiche. Sie war noch warm. Blut sickerte um einen Pfeilschaft in ihrem Brustkorb. Das Geschoss musste die Lunge getroffen haben, denn sie hatte Liira nicht einmal schreien hören.
    Erneut flackerte der wilde Zorn in Airin auf. Sie hörte die Schritte der anderen. Nachdem sie Liira verloren hatten, waren sie noch zu sechst.
    »Schneller!« Ihr Schrei hallte durch die kargen Gänge.
    Wann immer Airin an einer Fackel vorbeikam, packte sie sie und steckte sie kopfüber in den erdgefüllten Holzeimer, der darunter stand. Jajson tat es ihr nach.
    Sie hörte die leise fluchenden Stimmen von Kyle und Lindon. Immer wieder fielen Schüsse. Die Adoors hielten sich zurück. Anscheinend genügte es ihnen, die letzten Perons aus der Stejchon zu treiben.
    Airin nahm die große Feuerwaffe in eine Hand und riss im Laufen den Schlüssel der zweiten Schleuse hervor. Der Eingang der Stejchon war durch eine Doppelschleuse geschützt, in deren Mitte vor ewigen Zeiten ein magisches Auge gehangen hatte, das Bilder festhalten konnte. Seitdem der Stroom nicht mehr floss, ließen sich die Tore der
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