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201 - Die Rachegöttin

201 - Die Rachegöttin

Titel: 201 - Die Rachegöttin
Autoren: Michelle Stern
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zwar nicht erblinden, machte ihn aber für mehrere Minuten orientierungslos.
    Rulfan verzichtete auf eine moderne Waffe. Er nahm den Säbel des toten Cahai an sich. Matt bemerkte den Blick, den er Paul und Rebekka dabei zuwarf. War er neidisch auf das Paar?
    Nun, ihm ging es ja genauso. Wie gerne hätte er jetzt Aruula an seiner Seite gehabt. Das Wiedersehen am Uluru war viel zu kurz gewesen.
    Sie kletterten aus der Luke und machten sich schweigend auf den Weg. Chira sprang freudig um sie herum, froh, der Enge des Flugpanzers entkommen zu sein.
    Trotz des böigen Windes war die Luft schwül. Es roch süßlich und schwer. Bunte Vögel flatterten durch die Baumkronen. Sittiche und Finken in allen Farben des Regenbogens. Matt wollte zurück zu dem ausgehöhlten Stamm. Wenn das Kraftwerk tatsächlich lief, war es nur wahrscheinlich, dass sich in seiner Nähe Menschen aufhielten.
    Der dichte Wald wimmelte von Tieren. Große Insekten schwirrten durch die Luft und krabbelten geschäftig über den Boden. Unbehaglich betrachtete Matt die hohen Bäume mit den weitgreifenden Ästen. Nur noch vereinzelte Sonnenstrahlen erreichten den moosbedeckten Boden.
    Irgendwo schrillte ein hysterisches Lachen über ihnen; der Ruf eines Papageis.
    Sie sahen eine Vielzahl von kleineren Beuteltieren, die keine Furcht vor ihnen zeigten. Sie wirkten kaum mutiert.
    Matthew fragte sich, ob hier vielleicht etwas von der Artenvielfalt Australiens zurückgeblieben war.
    Das laute hysterische Lachen im Wald ließ ihnen keine Ruhe. Matt spürte bereits die Anstrengung des Marsches, aber er war entschlossen, sich seine Schwäche nicht anmerken zu lassen. Neben ihm ging Rulfan mit weiten Schritten. Sein Gesichtsausdruck war düster, als kämpfe er mit inneren Dämonen. Ob er sich die Schuld am Tod von Mauricia gab?
    Die Heilerin aus Doyzland hatte sich bei den Kämpfen in Hermannsburg in die Schussbahn einer Salve geworfen, die ihm gegolten hatte.
    »Du hast sie wirklich gemocht, oder? Mauricia.«
    Rulfan ging langsamer. »Sie war sehr tapfer. Und schön. Hätte sie nicht ihr Leben für uns gegeben…« Ihm versagte die Stimme.
    Matt nickte. Er suchte nach Worten, mit denen er Rulfan ein wenig trösten konnte, als er plötzlich die veränderte Stimmung des Waldes spürte. Chira knurrte leise.
    Sie waren nicht mehr weit von dem Rieseneukalyptus entfernt. Vor ihnen öffnete sich eine bemooste Lichtung. Auf der gegenüberliegenden Seite, halb im Schatten verborgen, standen fünf Männer. Ihre Körper waren nur als schwarze Schemen vor dem Wald zu sehen. Vier von ihnen wirkten seltsam… verdreht.
    Matt hob den Blaster an und wollte eben zu den Gestalten hinüberrufen, als ihm klar wurde, dass sie nicht mehr lebten.
    Sie konnten nicht mehr leben. Denn sie hingen, wie er im Nähergehen erkannte, kopfüber vom untersten Ast eines Baumes. Es waren nur vier; die fünfte Gestalt war kein Mensch, sondern eine verwitterte Statue aus Stein.
    Vielleicht handelte es sich hier um eine Art Opferplatz?
    Langsam näherten sich die beiden Freunde der grausigen Szene. Fleggen umkreisten die Leichen. Der Geruch wurde zunehmend unangenehm. Die Toten schienen bereits länger hier zu hängen. Sie wiesen mehrere Verletzungen auf.
    »Bei Wudan.« Rulfan schüttelte den Kopf und presste sich die Hand vor die Nase. Er zeigte auf die Hälse der drei Männer und der Frau. »Man hat ihnen die Kehlen aufgeschnitten.«
    Bedächtig nickte Matt. Er sah die tiefen Schnitte. Was er nicht sah, war das Blut. Weder auf dem Moos noch auf dem Baumstamm war ein einziger Tropfen zu sehen.
    Waren dies nun die Erbauer des Kraftwerks… oder ihre Feinde? Und warum hatte man sie getötet? War es zu Kämpfen gekommen, als die Technik nach dem zweijährigen EMP [2]
    plötzlich wieder funktionierte? Hatte es auch hier Streitereien um Macht und Vorherrschaft gegeben, so wie in Hermannsburg?
    »Sie sehen nicht aus wie Technos«, brach Matt das bedrückende Schweigen. Rulfan und er blickten sich wachsam um, aber sie waren allein auf der Lichtung. Allein mit den Toten.
    Bedenklich wiegte Rulfan den Kopf. »Sie sehen aber auch nicht wie Barbaren aus. Schau dir ihre Frisuren an.« Die drei Männer waren rasiert und trugen das Haar kurz. Auch die Frau hatte kurz geschnittene blonde Haare und einen einzigen langen Zopf, der geflochten den Waldboden berührte. Sie waren in Kleidung aus Leder und Stoff gehüllt. Rituelle Bemalungen zierten Arme und Schultern, so weit man sie noch erkennen konnte.
    »Wer auch immer
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