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1992 Das Theunissen-Testament (SM)

1992 Das Theunissen-Testament (SM)

Titel: 1992 Das Theunissen-Testament (SM)
Autoren: Hinrich Matthiesen
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besonders attraktives Auto, sondern ihre Order war, im Innern der drei zur Anlage gehörenden Gebäude Ausschau zu halten nach Indizien für das dunkle Gewerbe, das die Leute von BOULDERS & MASTERSON neben ihren legalen Geschäften betrieben. Sie sollten also auch Akten durchstöbern in der Hoffnung, dabei auf Schriftstücke zu stoßen, die eine Chile- und HamburgVerbindung der Firma belegten. Auf Ernestos Frage, worum es sich dabei konkret handeln könnte, hatte Henderson geantwortet, es kämen Briefe in Betracht, Faxblätter, Aktennotizen, Telefonnummern, Namen, Adressen, Vermerke in Terminkalendern, Zeitpläne von Fluglinien, vielleicht sogar solche mit angekreuzten Flügen, Tickets, Frachtpapiere, Reiseprospekte, Hotelrechnungen und so weiter. Und Olaf hatte diese stattliche Reihe durch ein weiteres Beispiel ergänzt: »Vielleicht hat eine der Sekretärinnen ein Verhältnis mit jemandem vom Außendienst, und in ihrer Schublade liegt eine Ansichtskarte vom Hamburger Michel oder vom Spielcasino in Viña del Mar.« Kurz vor der Abfahrt hatten sie sich noch einmal ihre Skizzen angesehen. Der rund um den Platz errichtete, etwa zweieinhalb Meter hohe Maschendrahtzaun umschloß ein Gelände von vier bis fünf Hektar. Die über das Areal verteilten Maschinen entsprachen denen von Curacavi, nur daß sie wuchtiger waren und moderner zu sein schienen. Auch die Gebäude waren viel größer als die in Chile. Die Pförtnerloge zum Beispiel, die dort aus einem kleinen Holzhaus bestand, war bei BOULDERS & MASTERSON im vorderen Teil des Verwaltungstraktes untergebracht, an dessen anderem Ende man sogar ein Restaurant eingerichtet hatte. Die Oldtimer, die hier allerdings billiger angeboten wurden, standen in einer Ausstellungshalle, die zugleich die Reparaturwerkstatt beherbergte. Sieben Monteure hatten sie da bei der Arbeit gesehen. Es gab aber noch eine zweite Halle, die mit ihren etwa hundertzwanzig Metern Länge und fünfzig Metern Breite das größte Gebäude der Anlage war. Wie ein gigantischer Hangar ragte sie am Ende des Platzes empor. In ihr befanden sich die Schrottmühle und das lange Förderband. Außerdem lagerten dort ganze Berge von Schrott-Granulat, wie sie es auch in Curacavi vorgefunden hatten. Sie wußten, ihr Hauptaugenmerk hatte dem Verwaltungstrakt zu gelten. Wenn überhaupt irgendwelche verräterischen Papiere vorhanden waren, dann am ehesten dort. Sie passierten die Tankstelle, zu der ein Drugstore mit Tag-und-Nacht-Service gehörte, und überlegten, ob sie noch schnell einen Kaffee trinken sollten, entschieden sich dagegen. Nachts war da bestimmt nicht viel Betrieb. Also würden sie dem Personal im Gedächtnis bleiben, und das wäre, sollten die Zeitungen über den Einbruch berichten, nicht gut.
Sie bogen ab in die Straße, die zum Schrottlager führte, und so galt es schon jetzt, auf der Hut zu sein. Eine breite Wolkenwand hatte sich vor den Mond geschoben, aber ein schwaches, diffuses Licht war geblieben. Es reichte aus, um die aus Wiesen, Sumpfgelände und Mangroven bestehende Landschaft zu erkennen. Da es eine kühle Nacht war, hielten sie die Fenster geschlossen. Trotzdem drang von Zeit zu Zeit brackiger Lagunengeruch zu ihnen herein.
»Angst und Angst ist nicht dasselbe«, sagte Ernesto plötzlich. »Wie gern würde ich diesen Scheißauftrag gegen eine Unterrichtsstunde in unserem Colegio Alemán eintauschen! Wir schreiben ’ne Prüfungsarbeit, und ich weiß mindestens hundert Vokabeln nicht, hab’ auch keinen Spickzettel und sitze mutterseelenallein auf der Bank.«
»Klar ist das was anderes. Da besteht ja auch keine ernstliche Gefahr. Allenfalls winken dir ’ne schlechte Zensur, Sitzenbleiben und Ärger zu Haus, lauter Dinge, mit denen man sich arrangieren kann.«
Damit war der Vergleich auch schon erledigt, denn sie näherten sich einer scharfen Kurve und wußten, es war die letzte vor dem Ziel. Von da an ging es schnurgerade auf die Firma zu. Ernesto machte das Licht aus und verringerte das Tempo. »Wenn wir ins Verwaltungsgebäude eindringen«, sagte Federico, »hockt da natürlich der Wächter in seiner Kammer. Was machen wir mit ihm? Bei der Besprechung wurde das nicht definitiv geklärt.«
»Den müssen wir in Tiefschlaf versetzen. Geht leider nicht anders, denn die Büros sind ja im selben Gebäude wie die Pförtnerloge.«
»Ich denk’ genauso. Und wessen Hand ist sicherer?«
»Deine.«
»Ich fürchte, das stimmt.«
Schattenhaft tauchten in der Ferne die verschiedenen Bauten auf, aber je
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