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1988 - Die Diener der Materie

Titel: 1988 - Die Diener der Materie
Autoren: Unbekannt
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kunstvolle Klanggewebe. Es war das Stationsgehirn.
    „Ich habe eine Meldung zu machen", zerstörte die künstliche Stimme das Werk von hundert Tagen. „Ein Raumschiff nähert sich MATERIA."
    Samaho schuf ärgerlich vor seinem Zyklopenauge eine Projektion. Der Ärger wandelte sich jedoch in Schrecken, Unbehagen transmutierte in seinem verschachtelten, von der Ewigkeit deformierten Inneren zu Furcht.
    Sein Blick fiel auf ein kobaltblaues, walzenförmiges Objekt.
    „Ich erteile Landegenehmigung", stieß er gepreßt hervor.
    Die Walze schwebte mit einer lächerlich geringen, geradezu provokant wirkenden Geschwindigkeit in den Innenhof von MATERIA.
     
    *
     
    Cairol der Zweite präsentierte sich als Reinkarnation des ersten Cairol, jedenfalls bemerkte Samaho keinerlei äußerliche Unterschiede. Es war dieselbe perfektionierte Ästhetik, dieselbe präsente Aura von Würde und Macht wie im Fall des zerstörten Vorgängers. Samaho nahm an, daß Cairol der Zweite aus einer stationären Kosmokratenfabrik an der Materiequelle von Erranternohre stammte.
    „Es steht außerhalb jeder Frage", sprach der Roboter mit einem Anflug von Tadel, „daß ich dir untergeordnet bin, Torr Samaho.
    Ich bin jedoch gekommen, um dich zu ermahnen. Deine Aufgabe sollte sein, die Entstehung eines Thoregon zu verhindern. Ich habe nicht den Eindruck, daß du diesem Auftrag nachkommst."
    Samaho spürte eine aufkeimende Wut, die ihm nicht zustand, gegen die er jedoch nicht ankämpfen konnte.
    „Wie kannst du es wagen..."
    Cairol der Zweite unterbrach ihn: „Ich bin nicht in der Lage, Furcht zu empfinden, solange meine Emotio-Schnittstelle desaktiviert ist. Es ist also nutzlos, Drohungen auszustoßen."
    Der Diener der Materie versuchte, seine Ruhe wiederzufinden. „Also was genau willst du denn von mir?" versetzte er.
    „Für ewige Wesen deiner Art, Torr Samaho, ist eine gewisse Gleichgültigkeit bezüglich der einstmals empfangenen Aufträge nicht untypisch. Ich bin mir selbstverständlich darüber im klaren, daß du nicht ohne eine schwerwiegende Motivation deine Gewohnheiten verändern wirst. - Ich schlage deshalb vor, daß ich an Bord von MATERIA komme und für eine begrenzte Zeit das Kommando übernehme. Die Maßnahme soll deiner Entlastung dienen."
    Samaho hätte beinahe gelacht. „Was bedeutet der Ausdruck begrenzt konkret?"
    „Bis das Thoregon vernichtet ist, dessen mögliche Entstehung der Kosmokrat Hismoom ankündigte."
    Torr Samaho dachte einen Moment lang darüber nach, Cairol den Zweiten zu vernichten.
    Er hatte stets den Ultimaten Stoff sammeln lassen, wie es seine Aufgabe war, er hatte immerhin drei Schwärme erbaut, wenn auch vor langer Zeit, und er hatte in kleineren Scharmützeln mit der Chaotarchenbrut - nicht mit Chaotendern! - stets die Oberhand behalten.
    Das eigene Leben, das er führte, stand ihm daher rechtmäßig zu.
    Daß ein Thoregon wirklich entstehen konnte, daran glaubte er nicht. Die kosmologischen Hürden waren so gewaltig, daß es nicht lohnte, darüber nachzudenken. Am Ende entschied er sich jedoch, dem Vorschlag des Roboters stattzugeben; weil er auf diese Weise seine konzertanten Ambitionen verfolgen konnte und nicht mit Nichtigkeiten seine kostbare Zeit vergeuden mußte.
    „Also gut, Cairol", bekundete er nach einer schmerzhaften Phase des Schweigens, „ich lege das Kommando für eine gewisse Zeit in deine Hand."
    Er wandte sich brüsk ab und stürmte fort aus der Zentrale, in der er den Roboter empfangen hatte.
    Samaho erteilte Auftrag an das Kommandogehirn, MATERIA auf Kurs in eine ferne Galaxis zu bringen. Der Name jener Galaxis, den die Einheimischen verwendeten, lautete Siom Som. Seine Kundschafter hatten Kunde von einem legendär begabten Musiker-Volk gebracht, den Ophalern. Die Ophaler sollten dem Vernehmen nach imstande sein, Musik auf eine psionische Weise zu erzeugen.
    Exakt das war es - exakt so hatte sich Samaho die Besetzung der Ersten Stimme seines Ensembles vorgestellt.
    Er zog sich in den Orchesterdom zurück, unter das himmelhohe Kuppeldach, und er ließ das Ensemble für einige Stunden aus der Stasis erwachen. Samaho versuchte sich vorzustellen, wie der Klang der crozeirischen Sphärenmusiken sich veränderte, wäre erst in Person eines Ophalers das entscheidend neue Element hinzugefügt.
    Als er Stunden später nachfragte, wie lange er warten mußte bis Siom Som, erfüllt von Ungeduld und künstlerisch motivierter Spannung, wurde ihm beschieden, Cairol der Zweite habe einen
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