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1976 - Die Sonnenwürmer

Titel: 1976 - Die Sonnenwürmer
Autoren: Unbekannt
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verhungerten gewissermaßen. Die Zustände stabilisierten sich erst, als nur noch etwa fünfundzwanzigtausend von uns lebten.
    Ich und einige andere von uns, die ihre Sinne noch beisammenhatten, erkannten, dass wir mit der vorhandenen Energie sehr umsichtig umgehen und streng haushalten mussten, um überleben zu können. Vor allem mussten wir unsere Vermehrung im Zaum halten. Nur wenn zwei Artgenossen gestorben waren, durften zwei neue entstehen. Der Drang zur Vermehrung war zwar stark, und die anderen Guan a Var verfügten praktisch nicht mehr über die geringste Intelligenz, aber ihr Selbsterhaltungstrieb war ungebrochen. Auf instinktiver Ebene erkannten sie das Unvermeidliche und fügten sich zumeist darin. Der Energiemangel tat das Seine hinzu und regulierte den Bestand der Guan a Var mit brutaler Gewalt, ohne die geringste Kompromissbereitschaft.
    Aber der Drang ist stark, Vincent, so stark, und ich werde ihm jeden Augenblick nachgeben müssen. Vorher möchte ich dir aber noch etwas sehr Wichtiges sagen, Vincent. Es ist mir sehr wichtig, dass du es erfährst, und ich hoffe, du wirst mir glauben, dass ich es ehrlich meine.
    Ich habe erst von dir erfahren, welches Unheil die Guan a Var angerichtet haben, und ich bedauere es zutiefst. Erst durch den Kontakt zu dir wurde mir klar, was wir getan haben. Erst dieser Kontakt brachte mir die Erinnerung zurück, die ich über so lange Zeit verdrängt hatte. Du musst verstehen, Vincent, wir Guan a Var haben gar nicht erkannt, dass wir Sonnen in Novae verwandelten, wenn wir ihnen Energie abgezogen haben. Wir haben nur das Hyperraumspektrum gesehen, aber nicht, was darunter lag. Nicht, was sich in den unteren vier Dimensionen ereignete.
    Wir haben nicht gesehen, was aus den Sonnen wurde, über die wir hergefallen sind. Wir haben weder die Planeten dieser Sonnen wahrgenommen noch das Leben, das vielleicht auf ihnen existierte und durch uns ausgelöscht wurde. Wir haben die grauenhaften Folgen unserer Taten überhaupt nicht erfahren. Nicht erfahren können, weil wir nicht in den vierdimensionalen Raum sehen können! Obwohl es um das Überleben unserer Spezies geht, obwohl wir hier in diesem Kerker entsetzlich leiden und viele von uns gestorben sind, nur weil wir unserer Natur folgen und uns ernähren, um überleben und uns fortpflanzen zu können, bin ich der Ansicht, es hat seine Richtigkeit, dass man alle Guan a Var im Sonnentresor eingekerkert hat.
    Hier sind wir seit einer Ewigkeit gefangen und können keinen Schaden mehr anrichten.
    Aber die Guan a Var merken, dass der Sonnentresor zusehends seine fesselnde Wirkung verliert. Irgendwann werden sie die Möglichkeit bekommen, aus Skoghal auszubrechen. Und glaub mir, Vincent, sie werden diese Möglichkeit auch nutzen. Auch ich werde sie nutzen. Denn meine Kraft ist erschöpft. Der Drang wird übermächtig. .Ich muss ihm jetzt nachgeben, Vincent. Die Dummheit, die mich umgibt, erwartet mich. Blicke ich jetzt noch voller Verachtung auf sie hinab, werde ich sie bald willkommen heißen und als ganz normal empfinden.
    Denn du musst wissen, Vincent, wir Guan a Var vermehren uns durch Teilung, haben uns schon in unserer frühesten Inkarnation, als halbintelligente Hornwürmer auf einer Wüstenwelt, auf diese Weise fortgepflanzt. Doch nachdem wir uns in Wesen des Hyperraums verwandelt, uns von dem genetischen Kode, den die Joridaer uns eingaben, immer weiter entfernt haben, büßten wir nach jeder Teilung etwas von unserem Wissen, unserer Intelligenz und unserem Realitätsbewusstsein ein. Die meisten von uns haben sich durch diesen Vorgang schon auf das Niveau von energiefressenden Tieren reduziert. Ich kann durchaus verstehen, dass unterdimensionale Wesen uns als Monstren bezeichnen. Dieser Begriff ist völlig zutreffend.
    Auch ich werde bald ein solches Monstrum sein. Ich habe meine Intelligenz bis jetzt erhalten können, indem ich strengste Selbstzucht betrieb. Ich habe dem Drang zur Teilung als einziger von uns über Jahrtausende hinweg widerstanden, habe ihn mit all meiner Kraft bekämpft. Doch der Kontakt mit dir hat mich über alle Maßen angestrengt, und ich habe meine Selbstbeherrschung verloren. Ich war so begeistert, endlich wieder mit jemandem sprechen zu können, dass ich dafür in Kauf nahm, der Verdummung anheim zufallen.
    Ich kann nicht mehr anders, Vincent. Ich muss mich teilen. Und werde dabei meine Intelligenz und mein Rassenbewusstsein verlieren. Ich bedauere unendlich, auf diese Gespräche verzichten zu müssen.
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