Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1976 - Das Jesus-Papier

1976 - Das Jesus-Papier

Titel: 1976 - Das Jesus-Papier
Autoren: Robert Ludlum
Vom Netzwerk:
ein Urteil abzugeben.
    Barbara war aus Boston nach New York geflogen; sie befand sich jetzt mit dem Wissenschaftler im Labor. Seit halb sechs waren sie dort. Sieben Stunden. Mit den Dokumenten von Konstantin.
    Aber es gab jetzt nur ein Dokument, das wichtig war. Es war das Pergament, das vor zweitausend Jahren aus einem römischen Gefängnis gekommen war. Dieses Pergament war alles. Alles! Das begriff der Wissenschaftler.
    Adrian verließ seinen Platz am Fenster und ging zu dem Priester hinüber. Vor zwei Wochen, als sein Vater dem Tode nahe war, hatte Victor eine Liste aufgestellt, auf der die Männer standen, denen die Kassette von Konstantin ausgehändigt werden sollte. Lands Name stand auf jener Liste. Als Adrian mit ihm Verbindung aufgenommen hatte, hatte Land ihm Dinge gesagt, die er Victor Fontine gegenüber nie erwähnt hatte.
    »Erzählen Sie mir von Anaxas«, sagte Adrian und setzte sich dem Priester gegenüber.
    Der Monsignore wandte den Blick von der Wand ab, er erschrak. Das war nicht der Name, dachte Fontine, sondern weil man ihn aus seinen Gedanken gerissen hatte. Seine großen, durchdringenden grauen Augen unter den dunklen Brauen wirkten einen Augenblick lang glasig. Er blinzelte, als erinnerte er sich plötzlich, wo er sich befand.
    »Theodore Dakakos? Was kann ich Ihnen sagen? Zum erstenmal sind wir einander in Istanbul begegnet. Ich war damals auf der Spur von falschem Beweismaterial, ich wußte, daß es falsch war. Die sogenannte Zerstörung der Filioque-Dokumente bei einem Brand. Er brachte heraus, daß ich dort war, und flog von Athen hinüber, um den Priester aus den Archiven des Vatikans kennenzulernen. Wir unterhielten uns; wir waren beide neugierig. Ich, weshalb ein so prominenter Mann der Geschäftswelt sich so für obskure theologische Artefakte interessierte. Er, weshalb ein römischer Wissenschaftler einer These nachging - die Erlaubnis hatte, vielleicht ihr nachzugehen -, die doch nur schwerlich im Interesse des Vatikans liegen konnte. Er war sehr gut informiert. Wir beide manövrierten uns durch die Nacht, und am Ende waren wir beide erschöpft. Ich glaube, die Erschöpfung war es, die dann dazu führte. Und die Tatsache, daß wir einander zu kennen glaubten, vielleicht einander sogar mochten.«
    »Wozu führte?«
    »Daß der Zug aus Saloniki erwähnt wurde. Seltsam, ich erinnere mich nicht daran, wer von uns es zuerst sagte.«
    »Er wußte davon?«
    »Ebensosehr oder sogar noch mehr als ich. Der Lokomotivführer war sein Vater, der einzige Passagier, der Xenope-Priester, der Bruder seines Vaters. Keiner der beiden Männer kehrte je zurück. Auf seiner Suche fand er einen Teil der Antwort. Die Polizeiakten in Mailand enthielten eine alte Eintragung vom Dezember 1939. Zwei tote Männer auf einem griechischen Zug im Verladebahnhof. Mord und Selbstmord. Keine Identifizierung. Anaxas mußte die Gründe erfahren.«
    »Was führte ihn nach Mailand?«
    »Mehr als zwanzig Jahre, in denen er Fragen stellte. Gründe dafür hatte er genug. Er sah zu, wie seine Mutter den Verstand verlor. Das kam, weil die Kirche ihr keine Antwort geben wollte.«
    »Ihre Kirche?«
    »Ein Arm der Kirche, wenn Sie so wollen. Der Xenope-Orden.«
    »Dann wußte sie von dem Zug.«
    »Sie hätte es nie wissen dürfen. Man glaubte, sie wüßte es nicht. Aber Männer pflegen ihren Frauen Dinge zu erzählen, die sie keinem anderen sagen. Ehe der ältere Anaxas an jenem Morgen im Dezember 1939 das Haus verließ, sagte er seiner Frau, er würde nicht nach Korinth fahren, wie alle glaubten. Statt dessen würde er ein Gott wohlgefälliges Werk tun, weil er sich seinem Bruder Petride anschlösse. Sie würden eine Reise antreten, die sie weit in die Ferne führen sollte. Das alles sei Gottes Werk.«
    Der Priester befingerte das goldene Kreuz, das an einer Schnur um seinen Hals hing. Es war keine sanfte Berührung, eher eine voll Zorn.
    »Von der er nie zurückkam«, sagte Adrian leise. »Und es gab keinen Bruder in der Kirche, an den sie hätte herantreten können, weil er tot war.«
    »Ja. Ich glaube, wir können uns beide vorstellen, wie die Frau - eine gute Frau, einfach, liebevoll, mit sechs Kindern zurückgelassen - auf so etwas reagierte.«
    »Den Verstand würde sie verlieren.«
    Land ließ das Kreuz fallen, und sein Blick wanderte wieder zur Wand. »Als Akt der Barmherzigkeit nahmen die Priester von Xenope die geistesgestörte Frau auf. Eine weitere Entscheidung wurde getroffen. Sie starb binnen eines Monats.« Fontine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher