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196 - Auf der Flucht

196 - Auf der Flucht

Titel: 196 - Auf der Flucht
Autoren: Susan Schwartz und Jana Paradigi
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Vogelmann, es liegt nun an dir. Deine Gefährtin hat berichtet, dass ihr zur Küste wollt, zu den Wasserleuten. Dorthin sollst du unbedingt gehen, und bringe ihnen ihr Erbe. Es wird von großer Bedeutung für sie sein. Für uns alle.«
    Clarice konnte die Augen nicht mehr länger offen halten. Sie spürte noch, wie ihr Kopf auf den Tisch sank, dann gab es nur noch Dunkelheit.
    ***
    Clarice schlug die Augen auf. Die fensterlose enge Kammer wirkte auf sie noch grauer und trostloser als am Vortag. Gil sollte sich eine Frau anlachen , dachte sie und überlegte, wie alt der Anangu wohl sein mochte.
    Steif und mit Muskelschmerzen richtete sie sich auf. Die Nacht in einem richtigen Bett, auch wenn es zu dritt ein wenig eng war, ließ die vergangenen Strapazen unwirklich erscheinen.
    Es war natürlich nicht das Ende, der Großteil des Weges zur Küste lag noch vor ihnen. Und davor Yunupis Stamm, dem sie den Yowie-Laich brachten. Aber seltsamerweise war Clarice nicht mehr frustriert oder von Heimweh geplagt. Auf dieser Welt schien einem irgendwann ein dickes Fell zu wachsen. Zuhause hatten sich die Menschen auch in schweren Zeiten stets auf Harmonie und Gemeinschaft konzentriert. Hier beherrschte der Kampf ums Überleben Gedanken und Körper.
    Das Knurren ihres Magens bestätigte diese Theorie. Also stand sie auf, weckte Vogler und Yunupi und trat in den Wohnraum.
    »Spinne ich? Vogler! Yunupi! Schaut euch das an!« Fassungslos lief Clarice die Wände entlang, fuhr ungläubig über die verblichenen Zeichnungen und verharrte schließlich vor der Kochstelle. Die gestern noch blank geputzte Teekanne war über und über mit Staub bedeckt, genauso der Herd und das Abluftrohr.
    »Welcher Teufel ist denn hier durchs Zimmer gefahren?«, hörte sie den Waldmann hinter sich sagen.
    »Offensichtlich einer, der mit der Zeit gespielt hat.« Clarice war die Lust aufs Frühstück vergangen. Was auch immer Gils Zaubertrick zu bedeuten hatte, er war weg, als wäre er nie hier gewesen. Als hätten sie alle nur geträumt.
    »Ich hab euch doch gesagt, dass er ein Traumwächter ist«, meldete sich Yunupi zu Wort.
    Vogler betastete ungläubig das Bild, das ihn mit der Gen-Kugel zeigte. »Du meinst, der gestrige Tag, die Gespräche, der Tee, das Essen entsprangen nur unserer Fantasie? Eine Vision, die wir drei geteilt haben und vielleicht immer noch teilen?« Er spuckte das Blatt aus, das er unter seiner Zunge trug. »Und woher käme dann dieses Blatt?«
    Schwachsinn! , dachte Clarice. Bevor aus dem Gespräch eine Übung in Philosophie und Mystizismus wurde, flüchtete sie sich nach draußen.
    Die Sonne hing flimmernd über den fernen Dünen. Kräftiger Wind fegte den Gunbarrel Highway, wie er laut Gil früher einmal geheißen hatte, entlang und ließ die Erde vor dem blassen Himmel in der Luft tanzen. Nicht mehr lange, und der Tag würde die nächtliche Kühle aufgefressen haben. Clarice schaute sich um. Zu Fuß weiter zu marschieren hatte wenig Sinn. Der wachsende Laich wog immer schwerer. Bald würde die Brut schlüpfen.
    »Zwischen all dem Gerümpel muss es doch irgendeinen fahrbaren Untersatz geben.« Die Marsfrau stapfte durch die Trümmer, hob hier und da eine verdreckte alte Plane auf, wuchtete das eine oder andere Blech zur Seite und wühlte sich durch Berge von Schrott. Am Ende war die Ausbeute mager: die Vorderachse eines antiken Pick-up, das verrostete Gestell eines Anhängers und ein halbes Dutzend Klappstühle aus verbeultem Aluminium. Doch während ihrer Suche hatte Clarice einen Plan entwickelt.
    Sie rief Vogler und Yunupi, die in der Zwischenzeit die empfindliche Fracht mit frischem Wasser aus der Pumpe versorgt hatten, und erklärte: »Aus dem, was ich gesammelt habe, und mit den Werkzeugen, die Gil zurückgelassen hat, kann ich uns ein passables Vehikel zimmern. Allerdings müsst ihr die nötigen Pferdestärken besorgen.«
    »Und wo sollen wir hier in der Einöde einen Motor auftreiben?«, hielt Vogler dagegen.
    »Ihr müsst uns einen fangen«, antwortete Clarice und grinste.
    »Malalas!« Yunupi begriff. »Gil hat uns Malala-Fleisch zu essen gegeben. Also muss es in der Nähe eine Herde geben.«
    »Richtig. Los, ihr Jäger, lasst euren Instinkten freien Lauf und fangt uns ein paar kräftige Burschen.«
    Yunupis Blick verriet Skepsis. Er war Emuku-Hüter, kein Jäger.
    Doch Clarice wusste, dass sie sich auf ihren Waldmann und seine Begabung verlassen konnte.
    Gegen Mittag hatten sie endlich zwei ausgewachsene Malalas vor ein
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