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1932 - Schiff am Abgrund

Titel: 1932 - Schiff am Abgrund
Autoren: Unbekannt
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der Katastrophe, sollte er den Widersacher aus dem Koma holen. Alle taten plötzlich, als sei er, Logan Poseider, der einzige Arzt an Bord.
    Er schüttelte verständnislos den Kopf und widmete sich intensiver als zuvor der Visite. Zwei der Schwerverletzten waren über den Berg. Ihr Kreislauf stabilisierte sich, die inneren Verletzungen heilten. Der Zustand von sechs anderen blieb konstant. Wenigstens verschlechterte er sich nicht. Um das Leben der übrigen zwölf kämpften nach wie vor die Ärzte.
    Als Logan Poseider sich dem Bett Mergenburghs näherte, verkrampfte er sich. Eine innere Sperre baute sich auf und verhinderte, daß er dem Todkranken um den letzten Schritt näher kam. Tuck lag aufgedeckt in seinem Bett. Die Tücher, in die Mia ihn gehüllt hatte, waren naß vom Schweiß. Vereinzelt zeichneten sich rote Spuren ab. Ein Teil der Wunden blutete immer noch nach. Mergenburgh schien fast bis auf das Skelett abgemagert, und das in knapp eineinhalb Tagen.
    Logan trat endlich näher und atmete auf. Der Eindruck täuschte. Es lag am schummrigen Licht. Noch besaß der Cheftechniker genug körperliche Reserven. Ohne die hätte er die ersten sechs Stunden nach der Katastrophe nicht überlebt.
    Logan ging neben dem Bett in die Hocke und fuhr mit den Fingerspitzen sachte über das stoppelige Gesicht des Mannes. Es war erstaunlich, wie stark sein Bart in dieser kurzen Zeit gewachsen war.
    „He, Maschinist!" flüsterte der Mediker ihm ins Ohr. Er wußte, daß das die Lieblingsbezeichnung war, mit der Tuck seine eigene Aufgabe an Bord umriß. „Wir brauchen dich, damit die Karre wieder zum Laufen kommt."
    Der Patient holte heftig Luft. Er hatte die Worte verstanden. Ein paar Muskeln zuckten und zeigten an, daß Tuck Mergenburgh aufstehen und an seine Arbeit gehen wollte.
    „Langsam, langsam", sagte Poseider hastig. „Noch mußt du dich ein wenig schonen. Okay?"
    Diesmal erklang das Schnaufen deutlich leiser.
    Logan warf einen Blick zur weißen Wand, auf der das Personal alle Meßwerte notierte. Der Puls war wieder abgesackt, aber wenigstens blieb er gleichmäßig. Mehr Sorgen machten dem Arzt Blutdruck und Blutzuckerspiegel. Trotz der Infusionen trat hier keine Besserung ein. Die Temperatur stieg seit drei Stunden an. Für den Abend rechnete Logan mit einer Lungenentzündung.
    Die Leberwerte und die Funktion des Magen-Darm-Traktes schaute er sich lieber nicht an. Sie lagen in einem Bereich, bei dem der Mediker innerhalb kurzer Zeit mit dem Absterben dieser Organe rechnete.
    Wenigstens arbeiteten die Nieren bisher einwandfrei. Sie waren von der Explosion und den umherfliegenden Trümmerstücken nicht in Mitleidenschaft gezogen worden. Die hatten Tuck nur von vorn getroffen. Wie durch ein Wunder war auch sein Gesicht heil geblieben.
    Ganz zuletzt suchte Poseider das Bett auf, in dem Laati ruhte. Scharfkantige Metallteile hatten dem Mediker tiefe Schnittwunden zugefügt, ohne innere Organe zu verletzen. Dafür hatte die Druckwelle der Explosion Rückgrat, Brustkorb und Kopf derart gestaucht, daß er seitdem im Koma lag. Die Trommelfelle waren geplatzt, aber das hatten die sensiblen Tentakel der Medos bereits wieder in Ordnung gebracht. Das, was Logan aus medizinischer Sicht befürchtet hatte, war nicht eingetreten. Laati hatte nicht aus der Nase geblutet.
    Ein Scan der Hirnströme bewies, daß der Chefmediker der GOOD HOPE III in guter Verfassung war.
    Logan stupste ihn leicht an der Schulter.
    „Kannst du mich hören, Laati? Es warten wichtige Aufgaben auf dich. Du mußt Tuck wieder auf die Beine bringen. Uns fehlt die nötige Erfahrung dazu. Wir sind ohne Ausnahme nicht als Metzger ausgebildet.
    Das ist dein Job, hörst du?"
    Im Gegensatz zu Tuck Mergenburgh reagierte der Terraner mit dem angeblich fehlenden Nachnamen überhaupt nicht. Logan schüttelte den Kopf.
    „Dann eben nicht. In einer Stunde komme ich wieder. Vielleicht gibt es ja doch noch eine Möglichkeit, dich aufzuwecken."
    „Das klingt ja schon ganz gut", erklang hinter ihm eine glasklare Stimme, die jeden Widerspruch im Keim zu ersticken schien. Logan Poseider fuhr herum.
    Beinahe hätte er sie nicht erkannt. Das Haar hing zerzaust in ihr Gesicht, und auf der blauen Hose und dem gelben T-Shirt mit der roten Aufschrift TERRA - NATION ALASHAN zeichneten sich deutliche Spuren von Schmierstoffen ab. Ihre Schultern hingen leicht nach vorn, ein Zeichen, daß auch sie am Ende ihrer Kräfte war. Nichts von ihrem affektierten Gebaren oder exakt sitzender
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