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1883 - Die schiffbrÃŒchige Stadt

Titel: 1883 - Die schiffbrÃŒchige Stadt
Autoren: Unbekannt
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wieder nach Hause transportieren würde. Er hoffte, daß das Heliotische Bollwerk zuverlässig seine Arbeit tat.
    Aagenfelts Herz klopfte. Finger weg von fremden Sachen, so etwas kriegten schon Kinder beigebracht.
    Er gehörte bestimmt nicht zu den Mutigen. So gesehen war es eine Ironie des Schicksals, daß ausgerechnet er sich in dieser Hauptstadt der Nonggo wiederfand, Millionen Lichtjahre von zu Hause entfernt.
    Doch er war ja nicht allein. Die anderen waren ganz nahe, die ganze Delegation, Myles Kantor und Bré Tsinga und die Diplomaten. Ihre Nähe gab Aagenfelt Sicherheit.
    Den Apparat hatten sie wahrscheinlich übersehen, weil er halb verdeckt in der Nische stand. Oder sie interessierten sich nicht für blinkende Geräte, das schien ihm ebenfalls denkbar zu sein. Vielleicht hatten sie als Kinder nicht mit Baukästen gespielt.
    Er fühlte sich wie ein Kaufhausdieb. Gestohlen hatte Aagenfelt natürlich nie, doch das sichere Gefühl, etwas Falsches zu tun, übte eine magische Anziehungskraft aus.
    Mit zwei Schritten verschwand er in die Nische. Das Unbehagen, von fremder Technik und fremden Wesen umgeben zu sein, wich hemmungsloser Neugierde.
    „... kommt, so kommt ‘doch weiter.."
    Da gingen sie, Myles Kantor und die anderen, mit ihnen die Delegation aus Nonggo-Diplomaten. Die Schritte der Terraner klangen gegen das elegante Schreiten der Nonggo plump und militärisch. Er konnte sie leicht auseinanderhalten.
    Die Nonggo machten einen freundlichen Eindruck. Aagenfelt fühlte sich zu den spindeldürren Aliens hingezogen; sie strahlten eine bestimmte Eleganz und Würde aus, die er mochte. Ihre Stimmen und ihre Schritte wurden leiser. Er würde sie wieder eingeholt haben, bevor sein Fehlen jemandem auffiel.
    Aagenfelt streckte die Finger aus. Auf den ersten Blick konnte er weder die Funktionsweise noch den Sinn der Apparatur erkennen.
    Er berührte einen filigran geformten Schalter, einfach nur um festzustellen, wie sich das Material anfühlte. Nichts passierte.
    Plötzlich maßte er lachen. Tautmo Aagenfelt, du Dummkopf! Lauf zurück, bevor dich keiner mehr wiederfindet. Bevor du hier in dieser Nische verhungerst.
    Andererseits, wozu hatte man ihn mitgenommen? Es war der Abend des 4. Oktober, jedenfalls auf der Erdeund wenn Tautmo Aagenfelt auf eine Party mit seiner Nachbarin verzichten maßte, dann verlangte er dafür einen Gegenwert.
    Wäre er nicht neugierig gewesen, man hätte ihn besser zu Hause gelassen. Er war Physiker, und zwar einer von den besseren. Seine Neugierde schien ihm mit einemmal halb so schlimm. So gesehen tat er exakt das, was man von ihm erwarten durfte: Er schaute sich um.
    „Tautmo! Wo ist Tautmo?" meinte er jemanden rufen zu hören.
    Er murmelte: „Jaja. Ich komme ja schon ..."
    Als er über die fremden Tastaturen strich, löste sich aus einer Düse ein feiner blauer Strahl.
    Aagenfelt spürte den Strahl nicht. Er bemerkte jedoch die Folgen.
     
    *
     
    Es passierte in einem winzigen Augenblick, während er mit den Wimpern schlug. Eine seltsame, knisternde Spannung verteilte sich über jeden Quadratzentimeter Haut. Aber nur außen, als sei sein Körper ein Faradayscher Käfig. Und dann entlud sich die Spannung in einem ziehenden Schmerz.
    Aagenfelt fühlte sich an einen Transmittertransport erinnert. Für ihn war das ein wenig angenehmes Erlebnis. Er hatte Transmitter immer gehaßt, weil er das Gefühl nicht leiden konnte, daß er für den Bruchteil einer Sekunde keinen Körper mehr besaß.
    Der glitzernde Apparat war verschwunden. Die Nische, in der er gestanden hatte, existierte nicht mehr.
    Von den Stimmen der Delegation hörte er keinen Ton.
    An was für einem Ort er sich befand, konnte Aagenfelt nicht sagen.
    Er versuchte, sich zu bewegen, aber es funktionierte nicht. Seine Stiefel steckten anscheinend in einer zähen, saugenden Masse fest. Die Masse reichte ungefähr knöcheltief. Das schlimmste war, er konnte nichts mehr sehen. Anstelle der Menschenstimmen, die sich entfernten, umfing ihn ein Teppich aus glucksenden Geräuschen.
    Tautmo Aagenfelt hatte Angst im Dunkeln. Als Kind hatte er einmal zwei Tage in einer zugesperrten, dunklen Kammer verbracht. Das Schloß war damals von außen zugefallen, und niemand war gekommen, der sich um den kleinen Tautmo gekümmert hätte.
    Eingesperrt wegen der süßen Bonbons. Vierzig Jahre her. Als ich noch die ganzen Haare hatte und Milchzähne und einen flachen Bauch.
    Er verlor die Orientierung und fing leise zu wimmern an. Aagenfelt wußte,
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