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1883 - Die schiffbrÃŒchige Stadt

Titel: 1883 - Die schiffbrÃŒchige Stadt
Autoren: Unbekannt
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sind."
    Loura schluckte eine Magentablette. Sie hatte extra die Etiketten von den Pappschachteln entfernt, damit keiner sehen konnte, was mit ihr los war.
    Der Druck ließ ein bißchen nach.
    Im Bürogebäude wurde es laut. Sie hörte Stimmen, eine ganze Menge davon, alle klangen sie aufgeregt bis entgeistert. Einige wußten wohl schon, was passiert war. Sie hatten ja Augen im Kopf, und man brauchte bloß nach draußen zu schauen.
    Loura ging ans Büro-Terminal und stellte eine Verbindung zu NATHAN her.
    Jedenfalls war es das, was sie tun wollte.
    Eine Minute lang wartete sie, daß das Symbol des Rechners im Holo erschien. Die Großsyntronik vom Mond, die das Solsystem umfassend kontrollierte, gab keinen Piepser von sich.
    Immer wieder dieselbe Meldung: KONTAKT NICHT MÖGLICH. BITTE VERSUCH ES NOCH EINMAL.
    Loura Gaikunth überlegte, ob die Leitungen vielleicht nur überlastet waren. Dann sah sie’den Tatsachen ins Auge. Durch die Faktordampf-Barriere gab es keinen Funkkontakt, also waren sie von NATHAN abgeschnitten. Für jeden Terraner war das eine schreckliche Vorstellung.
    Sie ließ sich eine syntronische Landkarte zeigen. Sämtliche Anschlüsse, die noch Rückmeldung gaben, lagen auf einer Grundfläche von zwanzig mal dreißig Kilometern, im Norden der Stadt. Alles andere, was außerhalb lag, schien nicht mehr zu existieren.
    Zehn Minuten mittlerweile, schätzte sie. Seit die Barriere erschienen war, hatte sie viel Zeit vertrödelt.
    Loura Gaikunth erhob sich ächzend von ihrem Sitz. Sie war eine große Frau, kräftig gebaut, mit resolutem Auftreten und einer verletzenden Ader, die sie nur schwer kontrollieren konnte.
    „Klapp den Mund zu, Dimo!" sagte sie leise. „Geh mal zur Seite. Setz dich ans Terminal und ruf mir die Abteilungsleiter zusammen!"
    „Hier ins Büro?"
    „Wohin sonst? Sollen wir uns auf dem Klo treffen?"
    Loura Gaikunth trat ans Fenster und schaute über ihr kleines Reich. In der Scheibe spiegelte sich ihr schmales Adlergesicht mit den eingegrabenen Falten, rund um die Mundwinkel und um die Augen. Ihre Haare baumelten dünn und kraftlos auf die Schultern, in fettigen Strähnen. Sie fühlte sich nicht attraktiv. Aber wen kümmert das?
    Einen Moment lang glaubte sie, den Schimmer einer roten Sonne zu erhaschen, die am Himmel stand.
    Es konnte nicht sein, sie schrieb die Sinnestäuschung ihrer Erregung zu.
    An ihren Beinen zupfte Matoto. Der kleine Elefant spürte, daß es Loura nicht gutging. Sie bückte sich und streichelte ihm den Rüssel.
    Der Norden von Kalkutta ließ sich zu einem guten Teil überschauen, weil sich ihr Büro hoch oben in der Bürgermeisterei befand. Der Blick reichte über einen Teil der Innenstadt, dann bis zur Syntron-Fabrik Karabani, im hintersten Winkel, kurz vor der Barriere.
    Danach ... nichts. Gar nichts mehr. Die erreichbare Welt beschränkte sich auf eine Fläche von gerade mal 600 Quadratkilometern. Loura empfand eine drückende Furcht, gegen die sie nichts unternehmen konnte.
    Matoto zupfte noch mal an der Hose.
    „Du hast Hunger, Kleiner?" meinte sie tonlos.
    Ein sachtes Trompeten antwortete ihr.
     
    *
     
    Man konnte gegen Dimo sagen, was man wollte, er führte alle Befehle, die er erhielt, nach bestem Wissen und Gewissen aus. Es dauerte nicht lange, bis die Abteilungsleiter sich in ihrem Büro versammelten.
    Wer nicht über sein Terminal erreichbar gewesen war, den hatte Dimo in den Korridoren aufgestöbert.
    „Gut gemacht!" lobte sie ihn. „So schnell hätte es sonst keiner gekonnt."
    Das machte den Kerl glücklich, sein Lächeln zog sich vom einen abstehenden Ohr bis zum anderen.
    Loura Gaikunth trat an den Tisch. Sie blickte in die Runde. Die entgeisterten Gesichter verlangten nach einer Kamera.
    „Schön, daß ihr alle kommen konntet", eröffnete sie sarkastisch. „Hat einer von euch zufällig in der letzten halben Stunde aus dem Fenster gesehen?"
    Mormon Gessip, der Beauftragte für Datenschutz, antwortete beleidigt: „Das hat jeder, Loura. Wir sind von einer Faktordampf-Barriere eingeschlossen."
    „So ist es! Das bedeutet, wir haben eine Menge zu tun. Ich setze voraus, daß wir hier in unserem Stadtteil abgeschnitten sind. Liege ich da richtig? Was sagst du dazu, Tyra?"
    Loura drehte sich plötzlich um. Sie fixierte die wissenschaftliche Referentin.
    Tyra Ndoram war eine junge, dunkelhaarige Frau, gutaussehend und sportlich, von der Universität Terrania, physikalische Fakultät.
    Ein arrogantes Stück.
    Tyra hatte in der Bürgermeisterei die
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