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188 - Der lebende Nebel

188 - Der lebende Nebel

Titel: 188 - Der lebende Nebel
Autoren: Ronald M. Hahn
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fortsetzte. Aruula wollte doch gar nichts von ihm. Er würde sich nur in eine peinliche Lage bringen…
    Als er begriff, dass er seine Übelkeit und Niedergeschlagenheit nur mit einem Schluck Grindrim bekämpfen konnte, stand er auf. Er hätte es lieber nicht tun sollen: Er verlor den Boden unter den Füßen und schlug der Länge nach hin.
    »Gütiger Himmel…«, hörte er Yonniboi sagen.
    Dann wurde ihm schwarz vor den Augen und er verlor das Bewusstsein.
    Als Rulfan wieder zu sich kam, hing er auf dem Rücken des Seemannes, der nun vor dem Eingang des Gasthofes stand, in dem sein Leid begonnen hatte. Yonniboi schimpfte fließend in einer fremden Zunge auf einen malaiisch aussehenden Mann ein, der vor der Eingangstür stand und ihn mit der Arroganz des Mondes anschaute, der von einer Promenadenmischung angebellt wird. Die Worte, die er ausstieß, bedeuteten wohl so etwas wie »Troll dich, du Hafenratze«, denn Yonniboi antwortete mit einem Fluch.
    Rulfan stöhnte, und Yonniboi begriff, dass seine Last zu sich gekommen war. Der Türsteher verschwand im Haus, und Yonniboi ließ Rulfan vorsichtig zu Boden sinken.
    »Wie geht’s?«, erkundigte er sich besorgt.
    »Schlecht.« Rulfan spuckte aus. »Aber besser als eben.« Die Übelkeit war weg. Der Kopfschmerz zog sich langsam zurück.
    Er war allerdings noch immer unglaublich traurig. »Was war gerade los?« Er schaute zum Eingang des Gasthauses hinüber.
    »Ach…« Yonniboi machte eine abfällige Handbewegung.
    »Ich hab dem Wichtigtuer gesagt, dass ich deinen Freund sprechen will. Aber da er mich als kleinen Muschelbrater kennt, ist es unter seiner Würde, Botengänge für mich erledigen.« Er spuckte aus und deutete auf die Frau, die in der Nähe vor einer Hütte stand. »Quang sagt, du wärst gestern Abend aus Liwáns Gasthaus gekommen…«
    »Yeah.« Rulfan schaute Quang kurz an. Sie hatte hübsche Züge und eine Figur, die sich sehen lassen konnte. Ihm fiel ein, dass sie ihm gestern Abend begegnet war. »Ist sie eine… Na, du weißt schon?«
    »Wie kommst du denn darauf?«
    »Sie ist zu schön, um anständig zu sein.«
    Yonniboi lachte. »Es geht dir wirklich besser.« Er schaute sich um. »Hör zu, ich muss jetzt für ‘ne Stunde oder zwei meinem Beruf nachgehen…« Er deutete in Richtung Hafen.
    »Wenn du was brauchst – nur raus damit. Ich werde dir helfen, so gut ich kann.«
    Es fiel Rulfan nicht leicht, sich zu konzentrieren, doch als er zum Himmel schaute, fiel ihm ein, weswegen sie überhaupt auf der Insel gelandet waren. Sie brauchten Trinkwasser und Holz.
    »Komm mit.« Yonniboi ging voraus. Rulfan schloss sich ihm an. Sein Retter führte ihn in die Bucht, in der die Fischerboote der Insulaner vertäut waren. Rund um die Bucht verteilt standen kleine Hütten aus Schilf und Bambus. Eins davon, eine Art Imbissbude, gehörte Yonniboi. Ein von ungelenker Hand gemaltes Schild verkündete, dass sein Restaurant »Ye Olde Skare Krowe« hieß.
    »Das versteht hier natürlich kein Mensch.« Yonniboi blies der schönen Malaiin, die hinter dem Tresen eine Pfanne schwenkte, ein Kusshändchen zu. »Aber ein Restaurant muss einen Namen haben, und dieser hier klingt so exotisch wie ich aussehe. Hier sieht man nicht oft Langswoyne.«
    »Langswoyne?«
    »O ja.« Yonniboi kicherte. »So nennen sie uns, seit wir vor tausend Jahren nach Asien gekommen sind.« Er zog die Nase hoch. »Na ja, es waren wohl weniger wir als die Nelander (Niederländer) .«
    Rulfan horchte auf. Er begegnete selten Menschen mit Kenntnissen über die voreiszeitliche Erdgeschichte.
    Er hätte sich gern mit Yonniboi über seine Heimat, seine Vergangenheit und die Umstände seines Hierseins unterhalten, doch mit zunehmender Klarheit seines Geistes nahmen Rulfans Muskelschmerzen ab und er bekam Hunger.
    Yonniboi konnte offenbar Gedanken lesen. »Hast du Hunger?«
    »Nein.« Rulfan nickte. »Doch.«
    »So viel Zeit muss sein, was?« Yonniboi klopfte ihm auf die Schulter und gab seiner Köchin Anweisungen. Sie nickte, lächelte, füllte einen Teller und schob ihn Rulfan zusammen mit einer Gabel hin. »Geht aufs Haus – beziehungsweise auf die Hütte.«
    Rulfan bedankte sich und griff zu. Erstaunlicherweise hatte er einen Riesenhunger. Die gebratenen Muscheln waren wohl genau das, was sein geschundener Körper jetzt brauchte. Bei einem Alkkater hätte er nichts essen können, aber Muscheln schienen genau das zu sein, was den Grindrim-Kater vertrieb.
    Komisch. Er hatte doch wirklich nur ein, zwei
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