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1864 - Vorabend der Apokalypse

Titel: 1864 - Vorabend der Apokalypse
Autoren: Unbekannt
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Schreckensnachricht reagierte; wie ihr die Gedanken an eine möglicherweise gewaltsame Aktion von seiten der Maschinen über die Lippen sprudelten, für die sie sich gestern noch geschämt hätte ...
    „Tu, was du für richtig hältst, Kaif", sagte Seda Galoer. „Ich vertraue dir. Du maßt nur wissen, daß es in der Stadt der Kinder wahrscheinlich schlimmer ist als in jedem anderen Bereich unseres Planeten." Sie stockte.
    „Kaif, denn es betrifft auch die Erzieher. Ich spüre es schon an mir selbst. Etwas greift nach uns, nach unseren Seelen. Und es ist böse, es will das Verderben ..."
    „Ich schicke euch Roboter", versprach Kaif, ohne überhaupt zu wissen, ob sie dazu über genügend Maschinen verfügen konnte. „Ich selbst kann momentan nicht kommen."
    „Ich verstehe das, liebe Seele." Eine Träne lief über Sedas Gesicht. „Ich verstehe es. Weißt du, was ich glaube?"
    „Was denn?" fragte Kaif angespannt.
    „Ich glaube, daß es vom Drachen kommt. Je näher Schüler und Erzieher bei ihm wohnen, desto wilder sind sie. Ich glaube, daß der Drache der Erzeuger dieser fürchterlichen Aggressivität ist, die sich in unseren Frieden frißt wie ein bösartiges Geschwür."
    Dann war die Erzieherin fort.
    Der Drache.
    Kaif erinnerte sich sofort wieder an ihre eigene Kindheit; an die Zeit in der Stadt der Kinder und an den Tag, als sie nach etwa dreißig Jahren dort in den siebzig Meter durchmessenden Schacht stieg und das Spiel mit dem Drachen aufnahm.
    Der Drache spaltete die bereits vom Verzehr des Kasch-Phee losgelösten Aggressivitätsanteile von den jungen Galornen ab und „fraß" sie - soviel war bekannt.
    Aber was tat er tatsächlich damit? Vernichtete er sie? Speicherte er sie in sich? Versiegelte er sie nur?
    In dem Fall wären sie noch immer vorhanden, tief in dem Schacht und in dem orangeroten Leuchten.
    Und sie konnten vielleicht wieder frei werden, wenn im komplizierten und nur noch wenigen Galornen verständlichen System des Drachen ein Defekt auftrat.
    Dieser Gedanke ließ Kaif Chiriatha nicht mehr los.
    Er beschäftigte sie den ganzen Tag lang, während sie eine Schreckensmeldung nach der anderen erhielt.
    In der Stadt der Kinder war die offene Revolte ausgebrochen. Nur die dorthin entsandten Roboter konnten mit ihren Lähmstrahlen ein Unglück größeren Ausmaßes verhindern.
    Aber auch in Helter Baaken brandete die Aggression weiter auf, langsam und schleichend. Kaif Chiriatha spürte es wieder, als sie nach den Gesprächen in jenem Raum ihres Hauses auf dem Rücken lag, dessen Decke ein einziger dreidimensional wirkender Sternenhimmel war - ihr Gestalt gewordener Traum von der Unendlichkeit und dem universalen Frieden, behütet von einer ihr immer noch unbekannten Instanz mit Namen Thoregon.
    Plötzlich fraßen sich dunkle Löcher in dieses Sternenzelt, und gräßliche Monster schoben drohend ihre Köpfe und Leiber daraus.
    Kaif hielt den Atem an. Sie begriff, daß sie die Reflexion ihrer eigenen unbewußten Gefühle und Gedanken sah.
    In ihrer Panik sprang sie auf und verließ eilig das Haus, trotz der Vielzahl von Nachrichten, die in der Zwischenzeit für sie aufgezeichnet worden waren. Sie ließ sie von einem kleinen Handgerät registrieren, das sie mit sich nahm.
    Sie lief, so schnell es ihr klobiger Galornenkörper zuließ, auf den nächsten Transmitterkreis zu und ließ sich zur Kontrollzentrale im Weltraum abstrahlen.
    Dort erst atmete sie auf und spürte es definitiv: Der Aggressionseinfluß war noch nicht hier.
     
    *
     
    Der Drache ...
    ‘Kaif Chiriatha gingen die Worte ihrer ehemaligen Erzieherin nicht aus dem Sinn.
    Es erschien logisch.
    Je näher sich die Bewohner der Kinderstadt an deren Zentrum, also dem Areal des Drachen, aufhielten, desto größer war ihre Aggressivität.
    Und diese Aggressivität war in der Stadt der Kinder nach allem, was Kaif inzwischen wußte, tatsächlich stärker als in Baaken Bauu. Seda hatte nicht übertrieben. Und je näher die Bewohner von Baaken Bauu sich an dem Kinderreservat befanden, um so unbeherrschter gaben sie sich.
    Wenn es also am Drachen lag, was konnte sie tun?
    Muum Dugesm hatte ihr vor vielen Jahren erzählt, daß es nur noch wenige lebende Galornen gab, die in die Geheimnisse der Drachen und ihrer Konstruktion eingeweiht waren. Später, kurz vor seinem Tod, hatte er ihr einen Namen genannt - jenen des Ältesten aus der Gilde der Drachenbauer.
    Die Drachenbauer führten auf Helter Baaken ein nach außen hin völlig normales Leben,
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