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1852 - Die Galornin

Titel: 1852 - Die Galornin
Autoren: Unbekannt
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normalerweise vom sogenannten Drachen wußten.
    Irgendwann einmal mußten sie ihm gegenübertreten und mit ihm „spielen". Und „Spielen", das war die Umschreibung für Kämpfen. In den ersten Jahren in der Kinderstadt bekamen die jungen Galornen den Drachen nie zu Gesicht. Niemand erklärte ihnen, was überhaupt unter dem Drachen zu verstehen war. Sie sahen immer nur nachts das Leuchten über dem Areal in der Mitte ihres Reichs. Das betreffende Areal war durch die hohe Ringmauer abgesperrt, die einzige Pforte zum Schacht und dem Drachen war ein energetisches Feld in der Mauer. Es sollte sich erst dann für einen Schüler öffnen, wenn er „wirklich reif" dazu wäre, was normalerweise eben dem fünfzigsten Lebensjahr entsprach, und dann von ganz allein, ohne vorherige Ankündigung.
    Kaif und Dauw, die kaum Geheimnisse voreinander hatten, wußten allerdings noch eines mehr: Wer einmal mit dem Drachen „gespielt" hatte, der durfte die Stadt der Kinder verlassen und in die Welt der Erwachsenen zurückkehren. Er wurde ein Teil dieser Welt, wurde selbst ein Erwachsener und wahrscheinlich auch genauso träge wie sie.
    Sie wußten auch das von älteren Kindern, mit denen sie sich manchmal trafen, wenn sie sich unbeobachtet fühlten - draußen im Freien, in einem der Parks, wo die Älteren Dinge taten, die kein Erzieher zu sehen brauchte.
    Kämpfen zum Beispiel, wirklich und richtig kämpfen, und andere Sachen ...
    „Habt ihr Angst vor dem Drachen?" fragte eine Stimme.
    Kaif und Dauw fuhren herum und sahen Riel Lieff vor sich stehen, einen der drei Jungen, mit denen sie das Zimmer teilten. Er war der Jüngste in ihrem Kreis, seine Ecke begann erst langsam, sich zu einer persönlichen Umgebung zu gestalten. Irgendwann, wenn er lange genug blieb, würde es ein Stück Weltall sein - Riel träumte davon, einmal Raumfahrer zu werden. Was Kaif heute erlebt hatte, wäre für ihn das Höchste gewesen.
    Aber er war noch naiv und viel zu neugierig. Er hatte wohl einige Brocken der Unterhaltung der Freundinnen mitbekommen. Kaif wollte ihn schnell wieder loswerden und sagte: „Nur kleine Kinder haben Angst vor dem Drachen. Ich werde ihn besiegen, wenn es soweit ist."
    „Bist du verrückt?" fragte Dauw entsetzt. Ihre Nasenflügel zuckten. „So etwas darfst du nicht einmal denken!"
    Riel starrte sie aus seinen großen schwarzen Augen an, dann ging er langsam und rückwärts zurück in seine Ecke und fragte nichts mehr.
    „Er wird es den Erziehern sagen", flüsterte Dauw.
    „Er wird es nicht tun", widersprach Kaif. „Ich werde ihm morgen etwas zeigen, das ihn an nichts anderes mehr denken läßt. Ich gebe ihm den Kode für die Raumschiffszentrale."
    „Du bist schlau." Dauw grinste sie über das blauhäutige Gesicht an, eigentlich viel zu schmal auch für eine noch so junge Galornin. Sie war körperlich viel schwächer als Kaif und die anderen Gleichaltrigen. Es hieß, dies käme ebenfalls von ihrer Verletzung, die vielleicht trotz der Amputation noch nicht besiegt war, sondern nur schlief. „Aber paß auf - es ist verboten, einem anderen Schüler zu verraten, was man selbst mühsam herausgefunden hat."
    „Wer sollte mich bestrafen?" fragte Kaif. „Die beschränkten Erzieher doch nicht. Ich fürchte nichts und niemanden."
    „Bis auf den Drachen."
    „Nein!"
    „Doch!" widersprach Dauw.
    „Ich werde ihn besiegen", verkündete Kaif Chiriatha nochmals. „Und danach werde ich in ein Raumschiff steigen, ein wirkliches Raumschiff, Dauw, und neue Welten erobern. Ich werde unserem Volk zeigen, was es bedeutet, über andere zu herrschen. Denn dazu sind wir Galornen geboren - zu herrschen. Wir sind allen anderen überlegen."
    Dauw sah sie an. Kaif blickte mit verzücktem Gesichtsausdruck aus dem Fenster, hinauf in den sternenlosen Himmel des Planeten in der Pentrischen Dunkelwolke. Kaifs Ausstrahlung auf Dauw war so stark, daß sich die Freundin spontan zu ihr legte, als die Lichter gelöscht wurden, statt in ihre Ecke des Raumes zurückzugehen.
    „Raumfahrt ist langweilig", hörte sie Kaif kurz vor dem Einschlafen flüstern. „Aber nur für den, der sich den Regeln unterordnet. Mögen die Erwachsenen von ihrem Frieden für Plantagoo träumen - ich träume von Abenteuern und Grenzen, die eines Tages wieder fallen werden, durch mich!"
    „Du nimmst mich dann mit, ja?" flüsterte Dauw.
    „Wen anders als dich?" flüsterte Kaif zurück.
    Nebeneinander schliefen sie ein, in der einzigen Ecke des Raums, der sich noch nicht mit den
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