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1852 - Die Galornin

Titel: 1852 - Die Galornin
Autoren: Unbekannt
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Zimmer strahlten das aus, was ihren Charakter ausmachte: Ruhe, das tiefe: Bedürfnis des Einsseins mit der Natur, aber auch deren Spontaneität und den ewigen Drang zur Weiterentwicklung, zur Suche nach neuen Wegen und neuen Formen.
    Die Erzieherin war noch relativ jung. Galornen wurden bis zu achthundert Jahre alt, oft auch noch älter.
    Seda Golaer hatte erst vor kurzem ihr
     
    272.
     
    Lebensjahr vollendet.
    Als Kaif Chiriatha nun über die Schwelle trat, spürte sie eine Spur von Veränderung, einen Hauch der Kälte und Aggressivität in der Harmonie um sie herum. Kaif grüßte nicht, sie setzte sich einfach hin - allerdings nicht in die angebotene Matte, sondern in das Gras vor der Nische.
    Das war zu erwarten gewesen.
    Seda Golaer zwang sich zu einem Lächeln, wobei sie einen Teil ihrer hellbraunen Mundknochenleiste zeigte. Kaif sah sie nur ernst und schweigend aus ihren tief aus den Höhlen blickenden, runden schwarzen Augen an.
    „Ich habe dich nicht kommen lassen, um dich für dein Tun zur Rechenschaft zu ziehen", sagte die Erzieherin mit ihrer sanften Baßstimme. „Natürlich mißbillige und verurteile ich es, und ich werde dir ebenso selbstverständlich eine Strafe auferlegen. Das weißt du, und es ist nicht das erstemal. Strafe ist Lernen, und daß du gelernt hast, das hast du heute bewiesen."
    Kaif sah sie nur an, und ein kalter Wind schien durch das Zimmer zu wehen und die Blätter zu einem nervösen Tanz zu zwingen. Eine große rote Blüte schräg hinter dem Kind schloß sich.
    Seda Golaer seufzte. Sie lehnte sich zurück und musterte das Gesicht ihres jungen Gegenübers. Ihre Blicke begegneten und maßen sich, bis die Erzieherin als erste - und klügere - nachgab.
    „Du hast den Öffnungskode der Tür enträtselt und dir den Eingang geschaffen", sagte sie. „Das ist etwas, worauf du sehr stolz sein darfst. Es ist viel mehr, als man von einem Mädchen erwarten darf, das erst seit einem Jahr bei uns ist. Aber wie du an dein Ziel gelangt bist, Kaif, das war böse, sehr böse sogar."
    „Logt Zadheven wollte mir den Erfolg nehmen!" begehrte das Galornenkind auf - das erstemal, daß es sich aus der Reserve locken ließ. „Ich hasse ihn. Er hat mich schon zweimal übertölpelt und die Früchte meines Tuns geerntet!"
    „Das war nicht Rechtens von ihm", räumte Seda ein. „Ihr sollt in der Schule lernen und dann unten in den Anlagen zeigen, was ihr begriffen habt - und was euch dazu einfällt. Ihr sollt um den Erfolg wetteifern und durchaus konkurrieren - aber wer einmal als erster am Ziel ist, dem darf sein Gewinn nicht genommen werden."
    „Lopt hätte es aber schon wieder getan!"
    „Er hätte die Schwelle der Tür nicht überschritten", widersprach Seda.
    Sie fröstelte trotz der konstant eingestellten Temperatur, die derjenigen entsprach, bei der sich die Galornen am wohlsten fühlten.
    „Dooras hätte ihn daran gehindert und dich allein eingelassen. Aber du hast Tari Dnuurg dazu mißbraucht, Lopt aufzuhalten. Fast hätte sie ihn dabei umgebracht. Das, Kaif, werfe ich dir wirklich vor. Du weißt so gut wie ich, daß Tari ...", Seda suchte nach den passenden Worten, „...etwas anders ist als ihr anderen Kinder. Sie sieht nicht ihre Grenzen."
    „Sie hätte ihn umgebracht", sagte das Mädchen. „Es wäre nicht schade um ihn gewesen. Er ist ein Schmarotzer, und es ist doch nicht eure Aufgabe, Schmarotzer und Parasiten heranzubilden, oder doch?"
    Für einen Moment fühlte sich die Erzieherin überrumpelt. Noch nie hatte eine Jungschülerin so zu ihr gesprochen. Es schien ihr noch kälter zu werden, weitere große Blüten schlossen sich, bogen ihren Hals nach unten, so als vertrockneten sie.
    „Du bist kein normales Kind", hörte Seda Golaer sich sagen, während sie sich die Arme rieb.
    Kaif Chiriatha sah sie tief an. „Ich habe die Tür geöffnet, und als Belohnung mußte ich ein Grauen erleben. Ihr habt mich betrogen."
    „Das haben wir nicht", erwiderte Seda so heftig, daß sie vor sich selbst erschrak. Wie konnte sie sich gehenlassen! „Was du hinter der Tür gesehen hast, war die Attrappe einer modernen Raumschiffszentrale. Du hast einen Kode herausgefunden und betätigt, den andere Kinder in zehn Jahren nicht begreifen. Du hast es geschafft und warst als Belohnung in einem Simulationsraum, der ein naturgetreues Abbild dessen ist, wo sonst nur große Kommandanten und Navigatoren stehen."
    „So?" rief Kaif aggressiv. Ihre gerade runzlig werdende Haut zuckte und verriet innere Erregung.
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