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183 - Die Stadt Gottes

183 - Die Stadt Gottes

Titel: 183 - Die Stadt Gottes
Autoren: Jo Zybell
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nackten goldenen Körper. Nie zuvor hatte Sabreena eine derart hässliche und zugleich bedrückende Statue gesehen.
    »Rührt es nicht an!«, sagte sie. Es war ihr Instinkt, der sie zwang, diese Worte auszustoßen. »Keiner soll das verdammte Ding anrühren!« Sabreena hatte es plötzlich sehr eilig, zur Stiege zu kommen und zur Straße hinunter zu klettern. Keinen Atemzug länger wollte sie hier auf der Mauer bleiben, in der Nähe dieser traurigen Frau mit dem gekreuzigten Goldmann!
    »Sabreena hat vollkommen Recht!«, rief Louis Stock, der Schnapshändler. »Rührt das Ding nicht an, macht lieber das Tor auf!« Sabreena, schon unten auf der Gasse angekommen, bückte zurück. Das Kreuz und der Goldmann überragten die Mauerkrone. Einige Mitglieder der Glaubensrotte dort oben auf dem Wehrgang fielen auf die Knie und fingen an zu beten und zu singen.
    »Was redest du, Schnapswucherer!«, brüllte Jamal.
    »Ich bringe jeden eigenhändig um, der das Tor auch nur anrührt!« Er riss einem seiner Schlächter das Beil aus der Hand. »Und diese verfluchte Statue hauen wir jetzt in Stücke!« Er winkte seine Leute hinter sich her. »Los, ihr Krieger Ullahs, folgt mir!«
    ***
    Es war warm in Mr. Blacks Kajüte. Öllampen brannten, Kerzenflammen flackerten, Rauchschwaden aus Ben-Bakrs Wasserpfeife schwebten zwischen der Kajütendecke und der Tafel. Die Teller und Schüsseln waren leer, auf der Platte lagen nur noch der spitze Kopf und das weiße Grätenskelett eines Aals, den Hagenau aus dem Wasser gezogen und Sigur Bosh zubereitet hatte. Auf ein paar Tellern häuften sich die Schalen von Muscheln und die leeren Hülsen von Krabben und Langusten. In den Gläsern funkelte roter Wein.
    Mr. Black hatte das letzte Fass öffnen lassen, das er im geräumigen Laderaum der Eusebia gefunden hatte. Und auch sonst hatte er an nichts gespart an diesem Abend.
    Das Essen mit seinem ehemaligen Todfeind war ein Wendepunkt seines Lebens, ein Wendepunkt vermutlich sogar in der Geschichte Waashtons. Entsprechend verschwenderisch hatte er es gestaltet.
    Sein Gast, Präsident General Arthur Crow, hatte sich an diesem Nachmittag und Abend ähnlich wortkarg gezeigt wie Mr. Black auch. Die wesentlichen Eckpunkte des vorbereiteten Bündnisvertrages hatten Peterson und Hardy ausgehandelt. Die beiden Häuptlinge brachten nur noch den einen oder anderen Nachbesserungswunsch an und unterzeichneten nach vier Stunden zähen Verhandlungspokers. Seitdem wurde nur noch gefeiert.
    Sigur Bosh rezitierte Verse aus den Heldendichtungen seiner britanischen Heimat. Ben-Bakr sang Liebeslieder aus dem Orient vor und schaffte es sogar, der Tischgesellschaft eines der Lieder beizubringen.
    Laurenzo, der Heiler aus dem Südland, sog kräftig mit an der Wasserpfeife Ben-Bakrs und porträtierte Black, Crow und Honeybutt mit Kohle. Hacker und Hardy waren sich nicht ganz im Klaren über den weißhaarigen Alten. Wie es schien, hatte Crow ihn zu seinem medizinischen Berater gemacht. Von Kotter und Hagenau flirteten mit Honeybutt. Dabei erzählten sie schlüpfrige Witze, und von Kotter, der viel zu viel Wein trank, forderte sie auf, ihn nach Euree in seine Heimat zu begleiten. Miss Hardy lachte laut, und Hagenau drohte ihm mit der Faust.
    Irgendwann stand Black auf, nahm das Pergament mit dem Bündnisvertrag in die Linke und sein Glas in die Rechte. Mr. Hacker und Miss Hardy warfen sich verstohlene Blicke zu. Beide fürchteten das Gleiche: eine Rede ihres Chefs. Sie fürchteten es zu Recht.
    »Morgen um diese Zeit werden wir die Ostküste Meerakas erreichen und am Ufer des Potomac vor Anker gehen«, begann er. »Wir wissen nicht, was uns in unserer Heimat erwartet. Wir wissen nicht, wie die Nuklearexplosionen und der EMP sich auf Waashton und den Pentagonbunker ausgewirkt haben. Wir wissen aber eines!« Mit diesen Worten hob er den Vertrag über den Kopf. »In Zukunft werden die Running Men und der Weltrat nie wieder Krieg gegeneinander führen!«
    »Jawoll!«, entfuhr es Mr. Hacker, und Sergeant Peterson rief: »Bravo!« Die ehemaligen Rudersklaven, die ja nur eine vage Vorstellung von Waashton, dem Weltrat und dem Pentagonbunker hatten, klatschten höflich in die Hände.
    »In Zukunft werden wir an einem Strang ziehen und unsere Kräfte gemeinsam in den Dienst an unserer Heimat stellen! Und es müsste doch mit Orguudoo zugehen, wenn diese Ansammlung brillanter Köpfe Waashton nicht in eine in jeder Hinsicht blühende Landschaft verwandeln sollte!«
    Wieder Hochrufe und
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