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183 - Die Stadt Gottes

183 - Die Stadt Gottes

Titel: 183 - Die Stadt Gottes
Autoren: Jo Zybell
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Applaus. Und dann schnappte sich Crow sein Glas und stand. »Ich bin tief gerührt, Lady und Gentlemen«, sagte er mit heiserer Stimme.
    »Hätte mir vor einem Jahr jemand vorausgesagt, dass ich einmal mit Ihnen, Mr. Black, Miss Hardy und Mr. Hacker am selben Tisch speisen werde, dass ich einmal einen solchen Bündnisvertrag unterzeichnen werde, ich hätte ihn für verrückt erklärt…!« Er atmete ein paar Mal tief durch. »Nun aber ist es Wirklichkeit, und ich kann es kaum fassen. Lassen Sie uns anstoßen! Auf den Frieden, auf die Zusammenarbeit und auf eine glorreiche Zukunft!« Er hob sein Glas. »Auf eine gemeinsame glorreiche Zukunft!«
    Applaus und Hochrufe erhoben sich, Gläser klirrten, Augen schimmerten feucht, und dann wurde getrunken.
    Später, als Miss Hardy aufs Oberdeck stieg, um frische Luft zu schnappen, wäre sie fast ausgerutscht. Im letzten Moment hielt sie sich an der Reling fest und staunte die dünne Schneedecke an, die das Ruderhaus, die Aufbauten und die Decksplanken bedeckte. Lautlos rieselte der Schnee auf das Schiff herab. Sie balancierte ans Heck und blickte nach Osten. Dort zeigte sich bereits der erste rötliche Schimmer des neuen Tages.
    Schritte näherten sich hinter ihr. »Ein paar Stunden noch, dann sind wir zu Hause, Kareen Schätzchen. Kann es sein, dass wir vorhin einen Bündnisvertrag mit dem Weltrat unterzeichnet haben?«
    »Schon möglich, Collyn Schätzchen«, knurrte Honeybutt Hardy.
    Hacker lehnte sich neben sie gegen die schneebedeckte Reling. »Kann es sein, dass wir da unten den Frieden mit dem Fuchs Arthur Crow begießen?«
    »Schon möglich.«
    »Ich glaub, ich träume.« Er legte den Arm um sie. »Sei so lieb und kneif mich mal eben…«
    ***
    Äxte schwingend und ihre Schwertklingen zum Schlag erhoben stapften Jamal und seine Männer über den Wehrgang dorthin, wo längst niemand mehr stand – zu der Stelle, an der die Statue von außen die Mauerkrone überragte. »Ullah Ullalah!«, brüllten sie. Immer wieder
    »Ullah Ullalah!«
    Zwei Stimmen stritten sich in Sabreenas Brust. Weg hier, forderte die eine, lass dir das bloß nicht entgehen, raunte die andere. Sie hörte auf beide zugleich und bewegte sich rückwärts in die schmale Gasse hinein, die vom Westtor weg in die Innenstadt führte, und blickte zurück auf das Geschehen oben auf dem Wehrgang. Die Menschen machten ihr Platz, Männer wie Frauen. Fast jeder kannte die wild und verwegen aussehende Frau mit der schwarzen Augenklappe. Selbst von hinten erkannte man sie an ihrer schwarzen, wilden Haarpracht, ihrer braunen Lederkleidung und dem großen Dolch an ihrem Hüftgurt.
    Obwohl man in der Ruinenstadt hinter vorgehaltener Hand über die Diebestouren von Sabreenas Leuten munkelte und über ihr Bordell die Nase rümpfte, respektierten die meisten Bürger die Spelunkenwirtin doch, oder fürchteten sie wenigstens.
    Jetzt standen Jamal und seine frommen Hohlköpfe direkt an der Stelle, hinter der das Kreuz mit dem goldenen Schmerzensmann aufragte. Jamal kletterte auf die Mauerkrone, wies seine Männer an, ihn festzuhalten, und holte mit der Axt aus. Sabreena hielt den Atem an.
    »Lass es bleiben, du Idiot!«, schrie Louis Stock. Auch er war inzwischen von der Mauer geklettert. Unten auf der Straße drängte er sich durch die Menge auf das nächststehende Haus zu. Er schien es plötzlich sehr eilig zu haben.
    »Lass dich bloß nicht wieder hier blicken, Schnapsschwuchtel!«, geiferte Jamal.
    Oben auf dem Wehrgang streckten die Frauen und Männer der Glaubensrotte flehend die Arme aus. »Tu es nicht, Jamal!«, riefen sie. »Es ist doch ein Bild des HERRN!«
    Jamal verharrte für einen Moment und blickte nach links und rechts. »Ein Bild des HERRN?« Er schnitt eine grimmige Miene. »Einer nur ist der HERR, und von dem gibt’s kein Bild! Ullah!«
    »Ullah Ullalah!«, brüllten seine Männer. Jamal holte abermals aus und schlug zu.
    Ein greller Lichtblitz zuckte über Mauer, Menschen und Häuser bis in den grauen Himmel hinauf. Sabreena schloss geblendet die Augen.
    Ein Aufschrei ging durch die Menge, ein ohrenbetäubender Knall erfüllte die Welt, eine mächtige Faust packte Sabreena und schleuderte sie gegen die Leiber anderer, irgendwohin auf den Boden. Sie barg ihren Kopf in den Armen, und dann ging ein Hagel von Gesteinsplittern rechts und links von ihr nieder.
    Sie hörte Menschen schreien, weinen, stöhnen, fluchen und husten. Sie blieb auf dem Boden liegen, bis sie merkte, dass auch ihr Körper von einem
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