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1822 - Ich jagte die böse Äbtissin

1822 - Ich jagte die böse Äbtissin

Titel: 1822 - Ich jagte die böse Äbtissin
Autoren: Jason Dark
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sympathisch. Das blonde Haar hatte sie kurz geschnitten, und wer in ihre Augen schaute, der sah darin einen grünen Schimmer.
    »Entschuldigung, aber ich hatte noch zu tun.«
    Wir reichten uns die Hände, hielten uns nicht lange mit Floskeln auf, sondern kamen direkt zur Sache.
    »Was wissen Sie, Schwester Leni?«
    »Zu wenig.«
    »Ha, das sagen viele.«
    »Es stimmt. Aber ich hätte mehr wissen können.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    Leni senkte für einige Sekunden den Blick. Dann sagte sie mit leiser Stimme: »Ich habe schon festgestellt, dass sie unter einer Angst litt, die nichts mit der Angst eines normalen Kranken zu tun hat, der sich vor seiner Krankheit fürchtet.«
    »Ich verstehe.«
    »Maria Toledo hatte Angst vor einer anderen Person. Das habe ich herausgefunden.«
    »Gut. Kennen Sie den Namen?«
    »Nein. Aber sie hat immer von ihrem Kloster gesprochen, aus dem sie geflohen ist.«
    Das war mir neu. »Geflohen?«
    »Ja.«
    »Und warum?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen. Aber sie hat sich dort nicht mehr wohl gefühlt. Sie sprach von einer bösen Angst und von Menschen, die sich hinter etwas verstecken.«
    »Wissen Sie mehr darüber?«
    »Nein, das weiß ich nicht.«
    »Aber Sie sind sich sicher, dass sie aus dem Kloster geflohen ist?«
    »Ja, man hat sie dort nicht entlassen, das weiß ich. Maria musste einfach weg.«
    »War sie in Gefahr?«
    »Das denke ich mir.«
    Ich fragte weiter. »Kennen Sie jemanden, der sie besonders bedroht hat? Bitte, sagen Sie es.«
    Schwester Leni überlegte. Sie malte mit der Spitze des Zeigefingers unsichtbare Kringel auf die Tischplatte und meinte dann: »Durch die Blume hat sie etwas gesagt. Ich sollte so schnell keinem Menschen voll vertrauen. Dazu zählten auch die Vorgesetzten. Das hat sie stets erwähnt.«
    »Warum?«
    Leni zuckte mit den Schultern. »Warum wohl? Ich hatte das Gefühl, dass sie unter einer Vorgesetzten sehr gelitten hat.«
    »Aha. Unter wem?« Ich konnte mir die Antwort denken, aber ich wollte sie von Leni hören.
    Sie tat mir den Gefallen. »Da gab es diese Äbtissin. Sie heißt Clarissa, und damit ist Maria gar nicht zurechtgekommen. Die beiden waren wohl wie Feuer und Wasser. Ich kann mir auch denken, dass sie ihretwegen das Kloster verlassen hat. Das war ja schon eine Flucht.« Leni schüttelte sich wie jemand, der friert.
    »Und warum wurde sie hier eingeliefert?«
    »Das ist auch so ein Ding.« Sie nickte vor sich hin und ihr Gesichtsausdruck war starr geworden. »Sie ist wegen zahlreicher Wunden hierher gekommen. Das heißt, sie hat den Weg zu uns selbst gefunden.«
    »Sie sagten Wunden?«
    »Ja. Um genauer zu sein, Mister Sinclair, es sind Brandwunden gewesen, die wir hier behandelten.«
    »Oh, wie war das möglich?«
    »Man muss sie ihr zugefügt haben. Bestätigen wollte sie das nicht. Aber ich kann Ihnen auch sagen, dass es schon besondere Brandwunden waren.«
    »Inwiefern?«
    »Die gingen recht schnell weg.«
    »Aha …«
    »Ja, sie verschwanden wieder. Das war komisch. Als hätte man sie ausradiert. Plötzlich waren sie verschwunden. Einfach so. Aber Maria Toledo hat auch unter den Wunden schwer gelitten, das kann ich mit Bestimmtheit sagen, und ich bin der Meinung, dass sie gefoltert wurde.«
    »Ja, das kann gut sein.« Ich schaute die Schwester an und fragte: »Liegt sie noch in ihrem Bett?«
    »Ja, wir haben bewusst nichts verändert. Sie sollen sich noch einen objektiven Eindruck verschaffen.«
    »Danke.«
    »Dann gehen wir?«
    »Gern.«
    Wir verließen das Zimmer. Schwester Leni ging neben mir her. Sie war so klein, dass sie mir gerade bis zur Schulter reichte. Auch Dr. Sholz schloss sich uns an. Er wollte wissen, ob die Tote abgeholt wurde, um beim Yard untersucht zu werden.
    »Ich denke schon«, sagte ich, »es ist ein Mord gewesen. Da muss das so sein.«
    »Und wann?«
    »So rasch wie möglich. Dafür werde ich sorgen.«
    »Das ist gut.«
    Wir erreichten das Mordzimmer und sahen eine Frau im Bett liegen, die ich auf gut vierzig Jahre schätzte. Sie machte jetzt einen friedlichen Eindruck, und als ich nach den Spuren der Folter suchte, war dort nichts zu sehen. So hatte es auch Schwester Leni beschrieben.
    Aber der Hals sah anders aus. Da war sie bis zu ihrem Tod gewürgt worden. Ich beugte mich vor und schaute mir die Spuren genauer an.
    Harte, brutale Würgehände waren hier am Werk gewesen. Die Nonne hatte sich bestimmt nicht selbst getötet. Aber wer war dann der Mörder oder die Mörderin?
    Auf diese Frage wusste ich keine
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