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1818 - Testfall Lafayette

Titel: 1818 - Testfall Lafayette
Autoren: Unbekannt
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ihm?
    Icho Tolot brüllte mit voller Lautstärke, und seine mächtige Stimme rief ein vielfältiges Echo in den Bergen hervor.
    Es erleichterte ihn jedoch nicht, baute die Spannungen nicht ab. Frustrierend.
    Er ergriff einen Felsbrocken, schleuderte ihn in die Tiefe und beobachtete, wie er in ein Schneebrett schlug und eine Lawine auslöste.
    Ein wildes, ungestümes Donnern quoll vom Tal herauf zu ihm hoch, als die Schneemassen in immer schnellere Bewegung gerieten. Er brüllte erneut und versuchte, den Lärm zu übertönen, doch ihm war, als versage seine Stimme.
    Die Arme fielen schlaff an seinen Seiten herunter, und er schloß die Augen, horchte in sich hinein.
    Was war mit ihm los?
    Ich kann das nicht alleine beantworten! Ich muß mit jemandem darüber reden!
    Nein!
    Es war ein Problem, das andere nicht lösen konnten, sondern nur er selbst. Außerdem sträubte er sich dagegen, sich anderen zu offenbaren. Er schaffte es nicht, seine intimsten Gedanken zu öffnen und Einblick in sein Innerstes zu gewähren, seine Gefühle preiszugeben.
    Mit einem Schrei stürzte er sich in die Tiefe und jagte in atemberaubendem Tempo die Berghänge hinunter. Erst vor den geschlossenen Schleusen seines Raumschiffs machte er halt.
    „Worauf wartest du?" brüllte er.
    Der Bordsyntron öffnete die Schleuse für ihn, und er schritt hindurch.
    Die Schaltungen für einen der Expreßlifte, die das Raumschiff in seiner ganzen Länge durchzogen, entsprachen noch nicht seinen Vorstellungen.
    „Sie sind primitiv. Nicht meiner würdig!"
    In blinder Zerstörungswut warf sich Tolot auf die Schaltungen, verlor keine Zeit damit, kompliziert gesicherte Wandverschalungen zu öffnen, um sie erreichen zu können, sondern riß die Wand mit seinen vier Händen auf, daß die Fetzen flogen. Im Nu glich der Gang, auf dem er sich befand, einer Müllhalde.
    Icho Tolot hielt inne und blickte sich um.
    Er war durchaus nicht mit sich und seiner Reaktion zufrieden. Es besänftigte ihn auch nicht, daß bereits ein Reinigungsrobot dabei war, die Abfälle zu beseitigen. Im Gegenteil. Es steigerte seine Wut.
    Mit einem Fußtritt beförderte er den Roboter gegen die nächste Wand, wo die kleine Maschine sich in ihre Bestandteile auflöste und eine tiefe Delle in der Verschalung hinterließ - und automatisch den nächsten Reinigungsrobot herbeirief.
    „Das hätte ich auch anders machen können", kritisierte Icho Tolot sich mit grollender Stimme, als ihm dämmerte, welchen Schaden er angerichtet hatte.
    Zudem konnte er stundenlang so weitermachen, ohne alle Roboter dieser Art vernichten zu können - es sei denn, daß er die syntrongesteuerte Herstellung dieser Maschinen in der HALUTA II ausschaltete.
    Er schüttelte sich wie unter einem Fieberschauer. Dann faßte er einen Entschluß und ging in die Hauptleitzentrale. Über den Bordsyntron ließ er eine Telekom-Verbindung zu Taro Phontes herstellen.
    Er mußte lange warten.
    Erst nach 25 Stunden ließ ihn der uralte Philosoph wissen, daß er bereit war, mit ihm zu reden.
    Inzwischen war Icho Tolot längst in sein Haus zurückgekehrt, ein muschelförmiges Anwesen mit einem siebzig Meter hohen Turm. Von diesem höchsten Punkt des Gebäudes aus hatte er einen weiten Blick über das angrenzende Tal und die Berge. Das Haus war sein Refugium, in das er sich zurückgezogen hatte und in dem er seit zwanzig Jahren lebte, forschte und arbeitete. Es war seine Welt der Zufriedenheit und der Geborgenheit.
    Er versuchte, dem Philosophen zu erläutern, um was es ging, doch Taro Phontes unterbrach ihn schon nach wenigen Worten.
    „Jedes unnütze Wort kostet Zeit", stellte er fest. „Zeit aber ist das Kostbarste von allem."
    „Richtig", stimmte Icho Tolot zu. „Demnach ist Zeitverschwendung die denkbar größte Verschwendung."
    „Also lassen Sie uns zum Kern Ihres Anliegens kommen", schlug der Philosoph vor. „Ich stehe Ihnen zur Verfügung - in meinem Haus."
    „Das ist ein großzügiges Angebot", anerkannte Icho Tolot, der innerlich fast schon zitterte, weil er gefürchtet hatte, abgelehnt zu werden.
    Der Philosoph hatte seine Eigenarten. Mehr noch als andere bevorzugte er es, als Eremit zu leben. Mit allen Konsequenzen.
    Taro Phontes nannte die Uhrzeit, zu der das Gespräch am nächsten Tag stattfinden sollte, und schaltete ohne weiteren Kommentar ab.
    Icho Tolot blickte zur Uhr.
    Bis zu dem genannten Termin blieb ihm genügend Zeit - wenn er einen Gleiter oder die Antigrav-Aggregate seines Kampfanzuges benutzte, um zu
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