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1812 - Der wandelnde Tod

1812 - Der wandelnde Tod

Titel: 1812 - Der wandelnde Tod
Autoren: Jason Dark
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Aber wir gingen nur noch einen Schritt, dann blieben wir stehen.
    »Sind wir da?«, fragte ich.
    »Was meinst du?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Dann konzentriere dich auf das, was vor dir liegt. Es ist nicht die Leere, wie du vielleicht denkst, es ist etwas anderes, aber du musst schon genau hinschauen.«
    »Und wohin?«
    »Hör auf zu fragen wie ein Kleinkind. Schau einfach nach vorn.«
    Ich wusste nicht, ob er mich an der Nase herumführen wollte oder nicht, aber ich vertraute ihm und tat deshalb das, was er mir geraten hatte. Ich sah nach vorn.
    Und was bekam ich zu sehen?
    Zunächst nichts. Oder nicht viel. Ich sah diesen schwachen Strom, der mir vorkam wie ein farbloser Regenbogen. Ich sah auch, dass er sich bewegte, aber das war alles, denn ich sah nicht, wohin er sich bewegte.
    Ich musste dafür sorgen, dass sich meine Augen an die Verhältnisse hier gewöhnten. Bisher hatte ich mich auch nie so konzentrieren müssen, das tat ich aber jetzt.
    War es einfach nur die helle Umgebung? Das war die große Frage. Ich glaubte nicht daran. Es musste in dieser Umgebung etwas geben, sonst hätte man mich nicht extra darauf hingewiesen.
    Die Seelen bildeten einen Halbkreis, ich sah sie nicht starten und auch nicht so richtig verschwinden. In einer unbestimmten Ferne schienen sie sich aufzulösen.
    Und ich hörte nichts.
    Es gab keine Schreie, kein Lachen und auch kein Jubeln.
    Es gab die Stille, die mich irgendwie störte, weil sie mir so still nicht vorkam, und ich sah auch nicht, wo sich unser Ziel hätte befinden können.
    Ich wollte meinen Nebenmann provozieren und fragte: »Du wolltest mich doch zu den Türen führen. Bisher habe ich sie noch nicht gesehen. Oder war das alles nur ein Bluff?«
    »Nein.«
    »Dann bin ich wohl nicht in der Lage, die Eingänge zu entdecken. Eigentlich schade.«
    »Das ist ein Irrtum.«
    »Wieso?«
    »Wir sind dabei.«
    »Und das heißt?«
    »Wir sind auf dem Weg.«
    Ich hätte schon was erkennen müssen, aber das war nicht der Fall.
    Ich wollte mich schon beschweren, als ich doch etwas bemerkte. Es war mir bisher nicht aufgefallen. Jetzt schon, da ich mich konzentrierte. Und ich spürte, dass etwas mit mir geschah.
    Ich stand zwar still und tat selbst nichts, um voranzukommen, aber dafür eine andere Kraft. Sie war nicht zu sehen, nur zu spüren, und sie befand sich unter mir.
    Oder war es der gesamte Boden, der nicht so aussah, wie er hätte aussehen müssen?
    Ich hatte keine Ahnung und wollte mir auch keine großen Gedanken machen. So ließ ich zunächst mal alles laufen.
    Der wandelnde Tod lief mit. Damit meinte ich, dass wir beide nach vorn geschoben wurden. Wenn wir so wollten, diesem hellen Halbkreis oder Regenbogen entgegen.
    Allmählich wurde ich unruhig und fragte: »Wohin geht die Reise?«
    »Wir nähern uns der großen Kreuzung. Das ist der Ort einer gewaltigen Entscheidung.«
    »Für uns?«, fragte ich.
    »Nicht für uns. Nein, auf keinen Fall. Es sieht alles anders aus.«
    »Wie anders?«
    »Nur für dich. Du bist dicht davor, für immer zu vergehen. Du bist derjenige, der als Nächster an der Reihe ist.«
    »Aha. Und wer war vor mir dran?«
    »Er wurde gefunden. Man warf ihn zurück in seine Welt. Auf dem Friedhof hat er gelegen.«
    Jetzt war mir klar, von wem gesprochen worden war. Von Simon Lecco, der einem uralten Geheimnis auf die Spur hatte kommen wollen und leider gescheitert war.
    »Er wollte den Tod überwinden«, sagte ich.
    »Ja, das hatte er vor.« Ein Lachen war zu hören. »Aber er hat es nicht geschafft. Man wollte ihn nicht. Man will in dieser Zone keine normalen Menschen.«
    »Mich dann auch nicht?«
    »Ja, das hast du gut erfasst. Dich auch nicht. Du bist ebenfalls ein Mensch.«
    »Und somit dem Tod geweiht.«
    »Ja, hier schon.«
    Die Antwort war mit einer Selbstverständlichkeit gegeben worden, die mich schockte und mir zugleich riet, dass ich mir Gedanken darüber machen sollte, wie ich wieder von hier wegkam. Unterstützer gab es nicht, nur einen Feind. Zudem wusste ich von Simon Lecco, dass er es nicht geschafft hatte.
    Den Weg sollte auch ich gehen. Hier den Tod finden und dann als Leiche zurück in meine normale Welt.
    Ich wollte mir von der Gegenseite einige Informationen holen, als ich nach vorn schaute und durch das Bild, das sich mir dort bot, abgelenkt wurde.
    Das war ein Wahnsinn.
    Hier schien sich eine Welt geöffnet zu haben. Vor mir sah ich die Veränderung. Das war mehr als eine riesige Leinwand, das war gigantisch, eine Welt für sich,
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