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1784 - Rückzug oder Tod

Titel: 1784 - Rückzug oder Tod
Autoren: Unbekannt
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von zu Hause.
    Rings um ihn wimmelte es von zuckenden Leibern. Zu Dutzenden schoben sie sich übereinander, drängten und stießen, und ihre Chitinpanzer rieben knirschend aneinander.
    Eleaina! Sie zerrten und mühten sich ab, ihn auf die Seite zu wälzen, aber Sievens stemmte sich instinktiv gegen die wilde Flut.
    Seine Gedanken überschlugen sich. Er hatte nicht gewußt, daß die sechsgliedrigen Insekten mit den dreigeteilten Körpern auch unter der Oberfläche von Zonder-Myry lebten. Bisher war er ihnen nur in den Wüsten jenseits der Kantinen begegnet, wo ihre Sandburgen bis zu zwanzig Meter hoch aufragten und den Wanderdünen trotzten. Nie hatten ihn Eleaina angegriffen, doch jetzt hingen sie wie Kletten an ihm und drückten ihn allein schon durch ihr Gewicht zu Boden.
    Das erschreckende Bild von Ameisen, die sich windende fette Raupen als Nahrungsvorrat in ihren Bau schleppten, erschien vor Sievens' innerem Auge. Eine gräßliche Vorstellung. Doch wovon lebten die Tiere zwei Kilometer tief unter der Oberfläche von Zonder-Myry wirklich?
    Fühler tasteten über sein Gesicht, Kieferzangen schnappten zu.
    Immer mehr Tiere wurden es, die wie eine lebende schwarze Flut über ihn hinwegschwappten.
    Walter Sievens schrie sich die Seele aus dem Leib, aber seine Gegenwehr schien die Eleaina nur noch anzuspornen.
    Hoch über sich sah er die pulsierenden Leitungsstränge. Ein fahles Leuchten strahlte von ihnen aus - hell genug, den Bau der Tiere erkennen zu lassen, der wie ein gigantischer Wall aufragte und sich sogar wulstartig um die Rohre schloß. Eleaina hingen dort oben inmitten der fremdartigen Technik und schlugen ihre Zangen in das unbekannte Material. Wie Blattschneiderameisen stürzten die Tiere sich gierig auf das zähflüssige Metall und schleppten zerlegte Tropfen in ihren Bau.
    Siedendheiß durchlief es den Terraner. Hier und nirgendwo sonst mußte er mit den dringend nötigen Reparaturen ansetzen.
    Doch der Triumph seiner Erkenntnis hatte einen verdammt schalen Beigeschmack.
    Die Tiere zerrten ihn unaufhaltsam weiter. Längst hatte er sich die Fäuste an den harten Panzern aufgeschürft, und seine Wunden schienen die Ameisenartigen erst recht in Raserei zu versetzen.
    Sie waren größer als die Eleaina an der Oberfläche, maßen gut einen halben Meter.
    Mit der Schulter stieß er gegen etwas Hartes, Kantiges. Die Tiere zerrten ihn darüber hinweg, aber gleich darauf spürte er kühles Metall zwischen den suchenden Fingern. Ein Werkzeug, das irgendwie hierher gelangt war. Sievens Finger verkrampften sich um die schwere Stange.
    Offenbar handelte es sich um eine spezielle Meßsonde, jedenfalls ließen die Ausbuchtungen keine andere Deutung zu. Galaktische Technik war das nicht.
    Sievens schwang die armlange Stange wie eine Keule. Der harte Ruck, als die provisorische Waffe aufprallte, kugelte ihm fast die Schulter aus, doch das knirschende Geräusch berstender Chitinpanzer ließ ihn den Schmerz vergessen.
    Wieder schlug er zu. Mit beiden Händen die Stange umklammert, schaffte er es, sich auf den Knien hochzustemmen. Ein halbes Dutzend Eleaina fiel seinen kräftigen Hieben zum Opfer, dann verbissen die Tiere sich in seinen Armen.
    Die Kieferzangen fügten ihm blutige Wunden zu. Erst als die Waffe zu Boden polterte, beruhigten sich die Tiere wieder.
    „Du wirst mit deiner verfluchten Hamamesch-Ware umkommen, Walter!"
    In Gedanken hörte er Helenas vorwurfsvolle Stimme. Sie würde nie erfahren, was geschehen war. Aber das war besser so, schließlich war sie schuld an allem.
    „Geh doch zu deinen Hamamesch! Werd' glücklich mit ihnen!"
    Wie Hohn hallten ihre Worte in ihm nach. Erst heute, nach beinahe schon drei Jahren, begann er Helenas Aufregung zu verstehen. Trotzdem: Falls er noch einmal die Chance hätte, neu zu beginnen, er würde nicht anders handeln, als er damals gehandelt hatte. Gomasch Endredde brauchte ihn - ihn und alle anderen Galaktiker. Wenn er es nicht schaffte, die nötigen Reparaturen vorzunehmen, würde nach ihm bestimmt einer kommen, der erfolgreicher war.
    Sievens fühlte weder Verbitterung noch Haß, nur unendliches Bedauern über sein eigenes Versagen.
    Verzweifelt blickte er zu den Rohrleitungen hinauf, die von den mutierten Eleaina zerfressen wurden.
    Ein jäher Blitz zuckte durch die Düsternis, begleitet von durchdringendem Fauchen.
    Das irrlichternde Leuchten war nahe neben ihm. Sievens spürte sengende Hitze und roch den Gestank verkohlenden Chitins. Krampfhaft unterdrückte er
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