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1784 - Rückzug oder Tod

Titel: 1784 - Rückzug oder Tod
Autoren: Unbekannt
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geschaffen. Nur Icho Tolot hatte die Matrix einwandfrei erkennen und deuten können, vor allem waren ihm die im Sekundenrhythmus oszillierenden Punkte aufgefallen, die nichts anderes als eine Standortwiedergabe aller Phasenspringer bedeutet hatten.
    Von dem Moment an war klar gewesen, daß der Oszillationsprozeß möglicherweise von NETWORK aus gesteuert wurde.
    Bis zum 18. November hatten wir benötigt, um den Sturm auf die Äquatorialstation einzuläuten, aber erst kurz vor dem Ende einer Phase war es gelungen, einen der beiden Stromkreise in NETWORK abzuschalten. Die Matrizes in den beiden Hallen sind seitdem kaum noch zu sehen, es gibt keine Phasensprünge mehr. Tolot sagt, daß die oszillierenden Punkte in den Hologrammen erloschen sind.
    Seither ist nichts geschehen.
    Unschlüssig fuhr ich mir mit der Hand durchs Haar. Gleichzeitig erkannte ich die Reaktion als Anzeichen meiner Verwirrung.
    Gar nichts hat sich getan, bekräftigte der Logiksektor seine Behauptung.
    Das war die schamloseste Untertreibung seit langem. Selbst für einen potentiell unsterblichen Arkoniden besitzt der Tod seine Schrecken. Obwohl Zellverfall, Krankheiten und Gifte mir nichts anhaben können, bleibt die Gefahr eines gewaltsamen Endes. Ein gut gezielter Strahlschuß genügt, um mehr als zehntausend Jahre einfach auszuradieren, auch die Klinge eines einfachen Vibratormessers kann hochfliegende Träume jäh beenden. Oder, wie gehabt, der Absturz mit einem provisorischen Gleiter während eines der Planetenbeben.
    Furcht vor dem Tod? Nein, die habe ich nicht. Dann müßte ich mich auf einer unbewohnten Welt einer noch unbekannten Galaxis hinter Paratronschirmen verkriechen und stündlich bangen, daß die Sonne nicht zur Nova wird. Unsterblichkeit ist keine Gnade, sie wird eher zur Last. Ich habe oft darüber nachgedacht - schon damals, als ich hin und wieder in die Geschichte des bedeutungslosen Planeten Larsaf III eingegriffen habe, heute besser bekannt unter dem Namen Terra.
    Wir potentiell Unsterblichen haben und hatten zu allen Zeiten Neider, die uns zu unrecht als Privilegierte ansehen und uns deswegen hassen, ohne uns je persönlich begegnet zu sein, die uns verfluchen, sooft sie in einen Spiegel blicken und mit jedem Jahr neue Falten an sich entdecken. Aber niemand denkt daran, daß unser Leben vor allem Mühsal ist. Wir tragen eine Unruhe in uns, die anderen fremd ist. Was ist beneidenswert daran, mitansehen zu müssen, wie gute Freunde jeden Tag älter werden, während man selbst unverändert jugendliche Frische behält? Oft haben wir schon erlebt, daß Freundschaft nach anfänglicher Euphorie in Haß umschlug, weil Neid irgendwann Haß gebiert.
    So ist es.
    Verwirrung. Und das unbestimmte Empfinden, daß ich zuwenig tat, um wirklich zufrieden sein zu dürfen.
    Manche Menschen schlagen die Zeit tot, bis sie sich eines Tages revanchiert.
    Ich stutzte. Mir war klar, daß der Extrasinn auf Dinge anspielte, die sich momentan meinem Zugriff entzogen. Das Gefühl nagender Zweifel wuchs.
    Mit der Desaktivierung eines Energiekreislaufs von NETWORK hatten wir eindeutig einen unerlaubten Akt begangen und damit eine Todesschaltung ausgelöst. Unsere Schutzschirme hatten die lähmende, das Nervensystem angreifende Strahlung nicht abwehren können. Wenn es hoch kam, hätten wir alle nur noch wenige Minuten zu leben gehabt, als es Icho Tolot mit Hilfe der Androgyn-Roboter gelungen war, die autarke Energiequelle der Todesstrahlung zu orten und unschädlich zu machen.
    Seitdem waren wir in NETWORK unbehelligt geblieben.
    Bist du wirklich davon überzeugt, Arkonidenhäuptling?
    Natürlich bin ich das. Ich weiß doch...
    Wußte ich wirklich?
    Obwohl es nicht meine Art war, die Dinge auszusitzen, tat ich momentan nichts anderes. Und Tek, Dao-Lin-H'ay und einige Mitglieder des Kommandos Gonozal, die sich in meiner Nähe aufhielten, reagierten ähnlich. Das traf vermutlich auch auf alle anderen zu, die in den Tiefen der Station vermeintlichen Forschungen nachgingen. Wir warteten ohne wirkliche Initiative.
    Mit einer unwilligen Handbewegung fuhr ich mir durchs Gesicht. Mir war, als zerreiße ein unsichtbarer Schleier, der mich daran gehindert hatte, klare Gedanken zu fassen. Zweifellos eine Folge der Todesstrahlung. In einem Zustand der Lethargie wären wir willfähige Opfer angreifender Operas gewesen. Daß es hier bisher nicht von den zapfenförmigen Kampfmaschinen wimmelte, war keineswegs unser Verdienst, sondern wahrscheinlich eine gnädige Fügung
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