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1739 - Der Tabubrecher

Titel: 1739 - Der Tabubrecher
Autoren: Unbekannt
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das, was geschehen war, und richtete sich auf.
    Staunend betrachtete er seine Hände, seine Beine. Er war ein ganzes Stück gewachsen, und seine Haut war jetzt dunkel und fühlte sich sehr zart und geschmeidig an, als sei er gerade eben erst geboren worden. Er sah auch keineswegs abgemagert aus, sondern gesund und kräftig.
    „Guten Tag, Pi-Poul", erklang Ting-Garons heitere Stimme. „Nun, staunst du über dein hübsches Äußeres? Du hast soeben die zweite Reife hinter dich gebracht. Du bist nun ein erwachsener Mann. In den letzten Wochen bist du ein zweites Mal in ein Urstadium zurückgefallen, du hast wie die Urahnen im Wasser gelebt, dich von den Pflanzen ernährt und bist gewachsen. Von nun an wirst du kein Fleisch mehr essen, denn du bist jetzt ein reifer Raunach. Du hast alle Vorstufen überwunden und dich prachtvoll entwickelt. Nun wird es Zeit, daß du dein erworbenes Wissen anwendest. Komm mit, Pi-Poul, zur sechsten Kammer!"
    Pi-Poul war so verwirrt, daß er überhaupt kein Wort herausbrachte, sondern nur aufstand und zur sechsten Kammer ging.
    „Die ganzen Jahre über hast du das Gebot respektiert, diese verschlossene Tür niemals zu erwähnen oder zu versuchen, sie zu öffnen. Du hast dich damit würdig erwiesen, irgendwann Thean zu werden. Gebote und Tabus sind die obersten und heiligsten Prinzipien der Gerechtigkeit.
    Auf sie ist unsere Völkerallianz aufgebaut, und auch deine Aufgabe - als Wächter über die Tabus, daß sie niemals zerstört werden." Er hob die Hand.
    „Nun geh hinein, Pi-Poul!" sagte Ting-Garong dann. „Die Tür steht dir jetzt offen."
    Pi-Poul drückte vorsichtig gegen die Tür, die leicht nachgab und sich öffnete. Die Kammer war sehr klein, und es befand sich nur ein Kleiderständer darin, an dem das aufwendige, schwarze Gewand und der Helm eines Raunach, der im Dienst der Damurial stand, hing.
    Pi-Poul berührte die Kleidung ehrfürchtig, bevor er sie anprobierte; sie paßte perfekt, ebenso die Schnabelstiefel. In einer Tasche des Gewandes bemerkte er einen Gegenstand, den er hervorzog.
    Es war eine hübsch verzierte kleine Kette. Eine Richtschnur, wie sie auch Theans benutzten.
    „Dies ist mein Abschiedsgeschenk an dich, mein Schüler", erklang Ting-Garons Stimme von draußen. „Nimm sie mit dir und nutze sie oder auch nicht. Doch solltest du einmal nicht mehr weiterwissen, so nimm sie und erinnere dich an meine Lehren. Und nun - leb wohl! Deine Lehrzeit ist beendet."
    Mit einem leisen Klicken schloß sich die Tür hinter Pi-Poul, und er stand im Dunkel. Aber nur für einen kurzen Moment.
    Dann fuhr die Wand gegenüber hoch und öffnete sich der Welt draußen. Warmer Wind und strahlender Sonnenschein drangen herein; Pi-Poul hob blinzelnd die Hand an die Augen und schwankte leicht im Wind.
    Direkt vor der Schleuse stand ein Gleiter, der sich öffnete und einen Verbindungssteg ausfuhr.
    Ohne zu zögern verließ Pi-Poul den Turm der Gerechtigkeit und stieg in den Gleiter.
     
    3.
     
    CIMARRON, 14. Januar 1218 NGZ Reginald Bull übernahm gerade die Wache in der Zentrale, als Gucky materialisierte.
    „So allein, Dicker?"
    „Jetzt nicht mehr, Karottensüchtling."
    Der Ilt lümmelte sich in einen Sessel, seine Augen waren nur halb geöffnet. Er schien durch die Langeweile bereits so träge geworden zu sein, daß er nicht einmal mehr auf die Bezeichnung Karottensüchtling reagieren konnte.
    „Philip hockt auf der BASIS und mimt den unzugänglichen Einsiedler.
    Tek und Dao sind irgendwo in Wolkenkuckucksheim. Mike spielt schon seit drei Stunden Poker. Gegen den Syntron - er hat ihn entsprechend eingewiesen. Es macht ihm diebischen Spaß, so zu schummeln, daß er andauernd verliert. Atlan wandert grübelnd auf und ab, über seiner weisen Arkonidenstirn stehen so viele Wolken, daß ich Regen befürchten muß.
    Bitte, tu mir den Gefallen, und mach irgendwas."
    „Ich habe Dienst, Kleiner." Bull deutete auf den Panoramaschirm. „Es ist zwar nicht sehr spannend, aber je länger wir hier sind, um so vorsichtiger müssen wir sein."
    Gucky setzte sich. „Du findest es unerträglich, ja?" fragte er ernst.
    „Nicht unerträglich." Bull rieb sich den Stiernacken. „Aber es braut sich immer mehr Unheil über uns zusammen, während wir hier tatenlos herumsitzen. Wir können Perry nicht helfen. Möglicherweise war der ganze Zeitaufwand umsonst. Du weißt, daß ich es gewohnt bin, immer zu handeln."
    „Immer mittendrin", nickte der Mausbiber. Er rückte ein wenig näher zu seinem
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