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1715 - Gewächs des Grauens

1715 - Gewächs des Grauens

Titel: 1715 - Gewächs des Grauens
Autoren: Jason Dark
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geblieben zu sein und dabei so schnell einen Platz gefunden zu haben, an dem ich nicht entdeckt werden konnte.
    Ich stand hinter einer der Säulen. Von hier aus lagen der Altar und auch das Triptychon genau in meiner Blickrichtung. Dass der Bischof nicht mehr lebte, bedeutete nicht, dass der Fall vorbei war. Letztendlich ging es nicht um ihn, sondern um diese Ikone, in der der Geist eines besonderen Menschen existierte. Eines Menschen, der angeblich den Himmel und auch die Hölle gesehen und sich dann für die Hölle entschieden hatte. Also war er gefährlich. Das hatte ich schon am eigenen Leib erlebt.
    Ich richtete mich auf keine lange Wartezeit ein, dachte aber auch an Jane Collins, die sich bisher nicht gemeldet hatte. Dass diese Kirche ein Ziel sein würde, war mir ebenfalls klar. Ich wusste nur nicht, von welcher Seite aus die Kirche betreten wurde, deshalb drehte ich mich ab und zu um, um zum normalen Eingang zu blicken. Dort im dunkleren Hintergrund tat sich nichts.
    Dafür an der anderen Seite. Von dort aus gelangte man in den Anbau, in dem der Bischof gewohnt hatte. Dann hörte ich Schrittgeräusche.
    Da kam jemand.
    Und es war nicht nur eine Person. Es mussten mehrere sein. Ich schob meinen Kopf hinter der Säule hervor, um mehr sehen zu können.
    Sekunden verstrichen, dann sah ich zum ersten Mal die Bewegungen, und jetzt war ich mir sicher, dass es sich um mehrere Personen handelte. Vier Männer sah ich, und der Bärtige von der Auktion befand sich unter ihnen.
    Er schien so etwas wie der Chef zu sein, denn er trug die Ikone, um die sich alles drehte. Angeführt wurde die kleine Gruppe von dem älteren weißhaarigen Mann, der dem Bärtigen zeigte, wohin er gehen sollte. Um ihn machte ich mir keine Gedanken, denn die anderen Typen waren wichtiger.
    Der Bärtige zeigte sich zufrieden. Er schickte den Weißhaarigen weg, der den Weg nahm, den die Gruppe auch gekommen war.
    Ich wusste, dass ich mir den perfekten Platz ausgesucht hatte. Ich sah sie, sie sahen mich nicht, und ich war in der Lage, alles beobachten zu können.
    Die beiden Begleiter des Bärtigen kamen mir vor wie Leibwächter. Sie sprachen jetzt mit ihrem Chef Russisch. Zum Glück verstand ich ein wenig. Ich erfuhr, dass der Bärtige Gogol hieß. Er wies seine Leibwächter an, die Augen offen zu halten, was sie auch taten, denn sie bauten sich an beiden Seiten des Altars auf.
    Ich hütete mich davor, auch nur laut zu atmen. Ich wollte sehen, was hier laufen würde. Für mich war es so etwas wie ein Finale.
    Dann passierte tatsächlich etwas. Dieser Gogol hatte einen Plan. Zunächst trat er näher an das Triptychon heran, sprach irgendwas und hielt die Ikone mit beiden Händen fest.
    Einige Sekunden lang geschah nichts, dann hatte der Mann die richtige Stelle gefunden. Er ging noch ein kleines Stück vor und stellte die Ikone in die Mitte des Triptychons, als sollte sie eine besondere Gabe dafür sein.
    Dann trat er einen Schritt zur Seite, was mir natürlich passte, denn jetzt war mein Blick auf das Geschehen frei. Er wurde sogar noch besser, als Gogol eine Taschenlampe hervorholte und den Strahl auf die Ikone richtete.
    Selbst aus meiner Entfernung sah ich jetzt alles deutlich. Ich erkannte den Unterschied zwischen dem Triptychon und der Ikone und war gespannt, was folgen würde.
    Zuerst tat sich nichts. Aber es musste etwas passieren, sonst hätte Gogol die Ikone vor das Triptychon gestellt. Noch musste ich warten, und nach wie vor blieb die Ikone im hellen Licht der Taschenlampe.
    Dann passierte es. Für mich war es nicht mal überraschend, denn ich hatte die Veränderung ja bereits erlebt. Das Gesicht, das so fein geschnitten war und einem Betrachter Vertrauen einflößte, fing an, sich zu verändern. Für mich sah es so aus, als würden die Farben ineinanderlaufen. Ich konzentrierte mich nur auf das Gesicht, wo die Haut in Bewegung geraten war. Unsichtbare Hände schienen damit beschäftigt zu sein, sie abzupellen. Aber sie hing nicht in Fetzen herab, sondern verschwand einfach.
    Dafür trat etwas anderes ein. Es war der eklige Gestank nach Verwesung, der sich in der gesamten Kirche ausbreitete, denn auch ich roch ihn. Die drei Männer mussten ihn intensiver wahrnehmen, beschwerten sich aber nicht.
    Dafür jubelte Gogol. Seine Stimme war noch leise, überschlug sich aber fast.
    »Das ist er. Das ist der echte Isidor. Das ist der, der auch in die Hölle geschaut hat. Der Satan selbst hat ihm dieses Gesicht gegeben. Er hat mit dem Tod gespielt
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