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170 - Logbuch der Hölle

170 - Logbuch der Hölle

Titel: 170 - Logbuch der Hölle
Autoren: Dämonenkiller
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d'Alessandro hatte sich neben Parker geschoben. Auch er spähte hinunter.
    Zu sehen war die Leiter, über die Schwimmer das Boot leicht betreten konnten. Herumtreibendes Gut hatte sich in dem Metall verfangen, und irgendwie war auch der Sarg hineingeraten. Bei jeder zweiten Welle wurde der Kasten hart gegen die Bordwand der ESTRELLA DEL SUR gestoßen, und jedesmal war der hallende, unheilverkündende Ton zu hören.
    Es war ein einfacher Sarg, nicht mehr als eine roh zusammengezimmerte Bretterkiste, aber offenbar so gut abgedichtet, daß sie sich über Wasser hatte halten können.
    Jaime d'Alessandro schluckte heftig.
    „Der Sturm", stieß er hervor. „Er muß den Friedhof einer Küstensiedlung verwüstet und den Sarg ins freie Meer gespült haben. Und dann ist er zufällig…"
    D'Alessandro verstummte. An so viele Zufälle zu glauben, fiel ihm offenbar schwer.
    Parker warf einen Blick auf die anderen.
    Paco stand da mit windzerzausten Haaren, hoch aufgerichtet und starr nach vorn blickend, wie eine Gestalt aus einer, Rachedrama Lorca's. Unga sah ebenfalls wie versteinert aus, wirkte aber ruhig. Mondejo zwirbelte aufgeregt seinen Bart. Linnero lächelte dünn. Die beiden Frauen zitterten, ebenso wie der Unterkiefer von Pedro, der es wohl sehr schwer hatte, jetzt die gewohnte männliche Überlegenheit zu demonstrieren.
    Und bei jedem Zusammenprall zwischen dem Sarg und dem Schiff zuckten die Menschen zusammen. Das Grauen hatte nach der Besatzung der ESTRELLA DEL SUR gegriffen.
    „Was nun?" stieß Jaime d'Alessandro hervor.
    „Das liegt nicht mehr in unserer Hand", antwortete Paco mit unerschütterlicher Ruhe.
    „Sorgt dafür, daß die Kiste weitertreibt", rief Pedro. „Was haben wir damit zu schaffen." Linnero würgte.
    „Die geweihte Erde des Friedhofs hat ihn ausgespien", murmelte er. „Niemals dürfen wir…"
    Es war gespenstisch. Bei jedem dritten oder vierten Wort prallte der Sarg auf den Rumpf des Bootes. Der Strahl von Parkers Taschenlampe irrte, dem Schaukeln des Bootes folgend, über die Szenerie, die auch vom wechselnden Licht des wolkenverhangenen Mondes immer wieder anders beleuchtet wurde.
    Jaime d'Alessandro nahm sich zusammen.
    „Wir werden den Sarg an Bord nehmen", bestimmte er. Seine Stimme klang bei weitem nicht so fest und sicher, wie er sich das wohl gern gewünscht hätte. „Und dann werden wir ihn morgen nach altem Brauch der See übergeben. Das sind wir einem Christenmenschen schuldig."
    „Wenn die Erde ihn nicht haben will, warum dann das Meer", stieß Paco hervor.
    Jaime sah Jeff Parker an.
    „Kommen Sie, wir hieven ihn an Bord. Pedro, faß mit an."
    Der junge Mann zögerte auffällig.
    „Was ist? Du bist doch Arzt, da mußt du doch mit Leichen vertraut sein?" stieß Jaime d'Alessandro scharf hervor. Eric Chalmers schob sich nach vorn.
    „Ich helfe euch", sagte er. „Ich lasse mich nicht von irgendwelchem Spuk um den Verstand bringen."
    In diesem gespenstischen Augenblick konnte es wohl kein deplazierteres Geräusch geben als das Knatschen, mit der er den unvermeidlichen Kaugummi von einer Backe in die andere wälzte.
    Parker gab die Lampe an d'Alessandro weiter und begann die Leiter hinunterzusteigen. Jaime leuchtete, während Chalmers hinzukam und seine Arme ausstreckte.
    Unwillkürlich fühlte sich Parker an
Moby Dick
erinnert, an die Szene, die er niemals vergessen hatte - den einzigen Überlebenden des Kampfes mit dem weißen Wal, der sich auf einem Sarg treibend gerettet hatte.
    Das Holz war feucht und seifig glatt. Handgriffe gab es an diesem Sarg nicht. Schließlich bekam Parker das Holz zu fassen. Das Wasser schwappte um seine Beine, als er mit aller Kraft den Sarg in die Höhe stemmte.
    Chalmers packte zu. Schwungvoll zerrte er den Kasten in die Höhe und stellte ihn dann auf dem Achterdeck ab. Eilig kletterte Parker an der Leiter wieder an Deck; die Kälte des Wassers brannte in seinen Gliedern.
    Die anderen hatten sich vor dem Niedergang zusammengefunden, eng aneinandergedrückt, als suchten sie dort Schutz vor namenlosem Unheil.
    „Das wäre geschafft", stieß Chalmers hervor, über sein breites Jungengesicht flog ein zufriedenes Grinsen. „Jetzt brauchen wir das Ding nur festzuzurren, und morgen…"
    „Tote an Bord bringen Unglück", stieß Linnero hervor.
    Chalmers wandte sich um.
    „Tote an Bord sind ein Unglück", hielt er Linnero entgegen. „Und dieser arme Bursche…"
    Er hielt inne.
    Parkers Atem stockte.
    Was war das für ein Geräusch gewesen? Eine
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