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170 - Die Scharen der Nacht

170 - Die Scharen der Nacht

Titel: 170 - Die Scharen der Nacht
Autoren: Ronald M. Hahn
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wirkte sehr gemütlich. Suúna drückte auch ihn an sich. Schließlich schaute sie nach Aruula aus und winkte ihr. »Komm her… Hier ist das Gästehaus! Wir sind eingeladen, es zu nutzen, um uns von den Strapazen unserer Reise zu erholen.«
    Aruula tat wie ihr geheißen. Sie wurde ebenso herzlich begrüßt wie zuvor Suúna.
    Osura und ihr Gatte führten sie ins Haus, forderten sie auf, auf geflochtenen Matten Platz zu nehmen, und reichten ihnen Kalebassen mit einem erfrischenden Getränk.
    Suúna schien ihren Gastgebern zu erzählen, wie sie Aruula kennen gelernt hatte, denn sie deutete auf sie und machte Gebärden und Geräusche, die einen Kampf beschrieben. Osura und ihr Gatte machten »Oh!« und »Ah!« und musterten Aruula voller Mitleid.
    Schließlich deutete Suúna hinaus und sagte etwas.
    Osuras Gatte sprang auf und ging ins Freie. Er blieb eine Viertelstunde weg. Als er zurückkam, schleppte er die prallen Satteltaschen, in denen sich alles Wertvolle befand, was Suúna den toten Räubern abgenommen hatte.
    »Irgendwie muss ich den Menschen hier vergelten, dass sie uns verköstigen«, erläuterte Suúna, als sie später an einem Feuer saßen und Reis und gut gewürztes Fleisch aßen.
    Wie Aruula bald bemerkte, war Suúna in diesem Dorf wohl öfters zu Gast. Die Frauen winkten ihr zu, wenn sie an der offenen Tür vorbeikamen. Einige Männer kamen zu diesem Zweck erst herbei: Sie blieben im Türrahmen stehen, riefen Suúnas Namen und verbeugten sich.
    »Sie bedanken sich für den Machorka, den ich mitgebracht habe«, sagte Suúna.
    Dass ihre Retterin hier beliebt war, erleichterte Aruula, denn es sagte ihr, dass die junge Frau trotz ihrer martialischen Art kein schlechter Mensch war. Menschen, vor denen man sich fürchtete, behandelte man anders: man schlug den Blick nieder, um zu zeigen, dass man sich unterwarf. Die Menschen, die Suúna grüßten, freuten sich, sie zu sehen.
    »Du bist hier sehr beliebt«, sagte Aruula, als sie in der Kammer waren, die Osura ihnen zugewiesen hatte. »Bist du häufig hier?«
    »Oh, ja.« Suúna lachte. »Ich bin oft zwischen Kellqu-Tuah, Yangonn und diesem kleinen Dorf anzutreffen. Meine Wurzeln sind nicht fern von hier, aber von meinem Eiterhaus ist leider nicht viel übrig.« Sie seufzte. »Wenn ich komme, bringe ich den Leuten immer etwas mit. Zum Beispiel den Besitz von Schurken, die ihre mühsam erbauten Brücken zerstören und Frauen verschleppen…«
    »Woher weißt du eigentlich, womit diese Kerle ihr Brot verdient haben?« Aruula setzte sich in ihre Hängematte.
    Suúna schnallte ihre schweren Waffen ab, nahm den kleinen Rucksack vom Rücken und entledigte sich ihrer Stiefel. »Nun ja«, sagte sie ausweichend, »wer hin und wieder nach Yangonn kommt, kriegt auch mit, welches Gesindel sich in dieser Stadt rumtreibt…« Sie ließ sich mit einem Seufzer nach hinten fallen und war im Nu eingeschlafen.
    ***
    Der nächste Tag fand Aruula im klaren Wasser des namenlosen Flusses, an dem das Pfahlbaudorf lag. Sie befreite sich vom Staub der letzten Tage.
    In der kleinen Bucht an einer Biegung badeten auch andere Frauen. Kurz darauf sichtete Aruula Suúna. Sie lag mit geschlossenen Augen und nassem Haar am Ufer und ließ sich von der Sonne trocknen. Vor ihr schwammen silberne Fische im Wasser. Manche kamen so nahe ans Ufer, dass man sie mit bloßer Hand hätte fangen können.
    Einige Frauen aus dem Dorf hockten ein Stück weiter am Uferhang, wuschen Kleider und tratschten und lachten. Ihr fröhliches und entspanntes Geschnatter trug dazu bei, dass Aruula sich zum ersten Mal seit langer Zeit sicher und geborgen fühlte. Was hatte sie seit dem Beginn ihrer Wanderschaft nicht alles erlebt. Welche Abenteuer hatte sie bestanden, welche tückischen, räuberischen und skurrilen Menschen waren ihr in den Monden seit der Trennung von Maddrax begegnet.
    Sie hatte auch Freunde gefunden, an die sie sich gern erinnerte, wenn sie in einsamen Nächten unter den Sternen lag und sich fragte, ob Maddrax von irgendwo dort oben auf sie herab schaute. Werden wir uns je wieder sehen? Kann der brennende Fels dich wirklich zu mir zurückbringen, oder stimmt es, was Rulfan mir gesagt hat: dass du zwischen den Sternen gestorben bist?
    »Guten Morgen, Aruula…«
    Sie zuckte zusammen. Suúna hatte sie angesprochen, ohne die Augen zu öffnen.
    »Guten Morgen.« Aruula setzte sich neben sie auf den grasigen Hang und legte ihr im Fluss gewaschenes Zeug zum Trocknen hin.
    Wieder betrachtete sie Suúnas mit
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