Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
gespäht, ob man durch eine Spalte hineinsehen kann. Endlich kam ich an den betreffenden Laden, welcher ein kleines Astloch hat. Sie saßen mit dem Konakdschy zusammen und hatten einen Krug mit Raki vor sich stehen.“
    „Sprachen sie?“
    „Ja, aber nicht von eurer Angelegenheit.“
    „Ob sie wohl zu belauschen wären? Kann man sie verstehen, wenn man außen am Laden steht?“
    „Ich habe nur einzelne Worte richtig hören können. Um ihr Gespräch zu hören, müßte man in die Schlafstube steigen; der Laden steht auf.“
    Er beschrieb die Lage dieser Stube und ihr Inneres, und ich erkannte, daß es allzu gefährlich wäre, hineinzusteigen; zumal man annehmen mußte, daß der alte Mübarek sich darin befände.
    „Nein, wir wollen auf dieses Unternehmen verzichten“, sagte ich. „Nachher werde ich selbst einmal hinüberschleichen, um Kundschaft einzuholen.“
    Somit hielt ich diese Angelegenheit für erledigt. Im Laufe des weiteren Gesprächs stand Halef auf, um einmal hinauszugehen.
    „Ich will nicht hoffen, daß du dich hinüberschleichen willst“, rief ich ihm nach. „Das verbiete ich dir aufs strengste!“
    Er nickte nur und ging. Ich aber war nicht beruhigt und beauftragte Omar, ihm heimlich zu folgen. Dieser kehrte schnell zurück und meldete mir, daß der Hadschi nach dem Stall gegangen sei, jedenfalls um sich zu überzeugen, daß es den Pferden, besonders meinem Rappen, an nichts mangele. Damit gab ich mich zufrieden. Es verging eine Viertelstunde und noch eine, und da Halef noch nicht wieder da war, so erwachte meine Sorge von neuem. Als ich sie laut werden ließ, ging der Wirt, um nach ihm zu suchen; aber er kehrte unverrichteter Dinge zurück; er hatte ihn nirgends gefunden.
    „So habe ich ganz richtig geahnt: er hatte eine Dummheit gemacht und befindet sich höchstwahrscheinlich in Gefahr. Osco, Omar, nehmt eure Gewehre – wir müssen hinüber zu dem Konak, denn ich wette, daß er so verwegen gewesen ist, in das Schlafzimmer einzusteigen.“
    Ich nahm nur den Stutzen, welcher mehr als genügend war, die ganze Gesellschaft im Zaum zu halten. Draußen war es stockdunkel. Der Schäfer diente uns als Führer. Da ich meinen Fuß zu schonen hatte, gingen wir nur sehr langsam am Ufer hin, bis der Konak als dunkle Masse vor uns lag, etwa fünfzig Schritt von dem Fluß entfernt.
    Wir schlichen an der Vorderseite des Hauses hin, wo alle Fenster verschlossen waren, und bogen dann nach derjenigen Giebelseite ab, welche die Stallungen enthielt. Dort standen junge Fichten, die mit ihren untersten Ästen fast den Boden berührten. Zwischen ihnen und dem Haus war nur ein schmaler Raum zum Gehen frei.
    Von da aus führte uns der Schäfer nach der hinteren Seite des Gebäudes, an welcher entlang wir hinschlichen. Es war keine Spur von Halef zu bemerken; doch war ich der festen Überzeugung, daß er sich jetzt im Innern des Hauses befand, festgenommen von den Leuten, welche er hatte belauschen wollen.
    Da blieb unser Wirt stehen und deutete auf zwei Läden, welche, wie alle übrigen, von innen verriegelt waren.
    „Hier dieser erste Laden“, flüsterte er, „gehört zu der Stube, in welcher die Männer saßen; der zweite aber zur Schlafkammer.“
    „Sagtest du nicht, daß dieser zweite Laden offen gewesen sei?“
    „Ja, vorhin stand er auf.“
    „So ist er seitdem zugemacht worden. Das muß einen Grund haben. Und welcher Grund konnte es sonst sein, als daß die Halunken bemerkt haben, daß man sie belauscht?“
    Ich huschte an den ersten Laden und blickte durch das Astloch. Die Stube war durch eine Unschlittkerze, welche in einem Leuchter von Draht steckte, nur notdürftig erhellt; aber ich sah genug.
    An einem Tisch saßen Manach el Barscha und Barud el Amasat. Vorn am Eingang stand ein Mann von untersetzter, kräftiger Gestalt und rohen Gesichtszügen, jedenfalls der Wirt. An der Wand zu meiner rechten Hand lehnten die beiden Aladschy. Die Gewehre dieser Leute waren in der Ecke an hölzernen Haken aufgehängt. Die Blicke aller fünf richteten sich auf Halef, welcher auf dem Boden lag, an Händen und Füßen gebunden. Die Gesichter seiner Feinde weissagten nichts Gutes. Manach el Barscha schien das Verhör zu führen. Er befand sich jedenfalls in zorniger Erregung, denn er sprach so laut, daß ich jede Silbe verstehen konnte.
    „Siehst du etwas, Sihdi?“ fragte Omar.
    „Ja“, antwortete ich leise. „Der Hadschi liegt gebunden auf dem Boden und wird jetzt eben verhört. Kommt her! Sobald ich den Laden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher