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1684 - So grausam ist die Angst

1684 - So grausam ist die Angst

Titel: 1684 - So grausam ist die Angst
Autoren: Jason Dark
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sich der Besucher.
    Es war kein Laut zu hören, aber zu spüren, denn über ihr Gesicht glitt ein kalter Schauer. Und deutlich hörte sie auch die Worte, die der Besucher zum Abschied sagte.
    »Wir sehen uns – wir sehen uns ganz bestimmt. Und ich freue mich auf dich, wo immer es sein wird …«
    Es hörte sich nach einem Abschied an. Zumindest hoffte Rosy Mason das. Und es war auch ein Abschied, denn sie schaute zu, wie sich ihr Besucher nach hinten auf die offene Tür zu bewegte, ohne sich zuvor umgedreht zu haben.
    Und dann war er plötzlich nicht mehr da. Aber er war nicht normal gegangen. Er hatte sich – praktisch auf der Schwelle stehend – einfach aufgelöst, wie ein Geist, der es vorzog, lieber in einer anderen Dimension zu sein.
    Rosy Mason hatte den Anfang erlebt und jetzt auch das Ende. Begreifen konnte sie es nicht, aber einen Vorteil hatte das Verschwinden dieser Gestalt. Sie war zurückgekehrt in die Realität. Sie konnte wieder normal durchatmen, auch denken, denn sie war hellwach.
    Jetzt spürte sie wieder die Funktionen ihres Körpers. Der Herzschlag war vorhanden, der kalte Schweiß auf der Haut und den Lippen. Als sie mit der Zunge darüber leckte, schmeckte sie das Salz.
    Ich lebe wieder!, dachte sie und schaffte es, sich in eine sitzende Stellung zu bringen.
    Die Tür stand auch jetzt noch offen. Der Spiegel war ebenfalls vorhanden, ebenso der Schrank. Im Flur brannte das Licht, und dann sprach Rosy einen Satz aus, der ihr praktisch auf der Seele brannte.
    »Ich glaube, ich werde verrückt …«
    ***
    Wenig später lauschte sie dem Tappen ihrer nackten Füße auf dem Fliesenboden der winzigen Küche zum Kühlschrank hin, dessen Tür sie öffnete.
    Die aus ihm wehende Kälte tat ihr gut. Für einen Moment wurde sie von ihr eingehüllt wie von einem Gewand. Sie schloss die Augen und ließ die Tür länger auf als gewöhnlich, bevor sie den Arm ausstreckte und nach einer Wasserflasche griff. Sie brauchte jetzt etwas Kaltes, auch um zu wissen, dass sie noch normal lebte. Sie wollte etwas spüren. Andere kniffen sich in den Arm, sie ging mit der Flasche in der Hand zurück in den Wohnraum und setzte sich auf einen Stuhl, den sie in die Nähe des Fensters geschoben hatte.
    Rosy drehte den Verschluss auf und trank aus der Flasche. Draußen war es etwas ruhiger geworden, aber nicht angenehmer. Nach wie vor stand die Luft. Sie sorgte dafür, dass die normalen Geräusche lauter zu hören waren.
    Das Wasser erfrischte. Aber es war nicht in der Lage, Rosy den normalen Zustand zurückzugeben. Die Erinnerung blieb. Sie würde auch nicht weichen und sie glaubte daran, dass es nicht ihre letzte Begegnung mit dieser Gestalt gewesen war.
    Wer oder was war sie?
    Gesprochen hatte sie wie ein Mensch. Ein Mittler zwischen den Lebenden und den Toten.
    Als sie jetzt daran dachte, überlief ihren Körper ein Schauer. So etwas hatte sie noch nie gehört. So etwas konnte es nicht geben. Aber sie musste sich damit abfinden, dass dies kein Traum gewesen war. Möglicherweise ein Wachtraum, aber damit konnte sich Rosy auch nicht anfreunden. Sie war ja wach gewesen, nur hatte sie es nicht geschafft, zu reagieren wie ein normaler Mensch.
    Was kann ich tun?
    Diese Frage brannte sich in ihr Gehirn. Gar nichts konnte sie tun. Das Leben ging für sie weiter. Sie würde in einigen Stunden auf dem Friedhof stehen und an Tamaras Beerdigung teilnehmen, vor der sie sich fürchtete.
    Sie fragte sich auch, was das Erscheinen der Gestalt mit dem Tod ihrer Freundin Tamara zu tun hatte. War es möglich, dass er sie kannte?
    Fragen über Fragen. Keine Antworten. Nur etwas war geblieben, und das war die Angst!
    Dieses tief sitzende Gefühl, das sie einfach nicht loswurde. Die Angst konnte so grausam sein. Sie konnte sogar die Seele eines Menschen auffressen, und sie dachte daran, dass sie möglicherweise in Zukunft ihr Begleiter werden würde.
    Rosy spielte mit dem Gedanken, nicht zur Beerdigung zu gehen, dann entschied sie sich wieder anders. Sie musste einfach hin. Tamara war ihre beste Freundin gewesen.
    Sie hatten vieles gemeinsam unternommen. Sie hatten ihre kleinen Affären gehabt, waren aber nie eine längere Bindung eingegangen, denn die Männer waren in ihren Augen alles Fehlschüsse gewesen.
    Diese Gedanken und Erinnerungen drängte Rosy Mason zur Seite. Sie überlegte, was sie wirklich von Tamara wusste. Vor allen Dingen von ihrer Familie.
    Sie waren allesamt sehr nett zu ihr gewesen. Die Gastfreundschaft ihres Landes hatten
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