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1668 - Wolfsnacht

1668 - Wolfsnacht

Titel: 1668 - Wolfsnacht
Autoren: Jason Dark
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gestoßen. Mit dem Notarztwagen war sie in eine Klinik geschafft worden, aber es stand nicht fest, ob sie überleben würde.
    Jedenfalls sah ich es als einen kleinen Vorteil an, dass sie den Rest der Nacht und auch den folgenden Tag überstand, ohne dass sich ihr Zustand verändert hatte. Das hatte ich bei meinen beiden Anrufen in der Klinik erfahren.
    Ich wusste auch, dass Jane auf der Intensivstation lag. Ich war letzte Nacht schon im Krankenhaus gewesen und hatte mit der Ärztin gesprochen, die sie behandelte, aber man hatte mich nicht zu Jane gelassen. Doch jetzt hatte ich die Erlaubnis bekommen, sie zu besuchen.
    Mit trüben Gedanken behaftet, verließ ich den Rover. Ich hatte das Gefühl, eine Last zu tragen, die meine Bewegungen langsamer werden ließ. Vom Parkplatz aus musste ich einen mit Kies bestreuten Weg gehen, der auf den Eingang zuführte. Obwohl es noch nicht dunkel war, schimmerte dort Licht.
    Eine breite Glastür teilte sich in der Mitte, als ich den Kontakt berührte. Der Weg ins Krankenhaus war frei, und ich ging sofort zur Anmeldung. Zwei Mitarbeiter sorgten dort für einen reibungslosen Ablauf. Eine Frau mittleren Alters schob ihre Brille in die Höhe und schaute mich fragend an. Ich trug meinen Wunsch vor und erklärte auch, dass die Patientin auf der Intensivstation lag.
    »Sind Sie dort angemeldet?«
    »Ja.« Dann sagte ich meinen Namen.
    Die Frau telefonierte und ich nutzte die Zeit, um mich umzuschauen. In der Halle war es nicht leer. Stühle und gepolsterte Sitzbänke verteilten sich auf den hellen Fliesen des Fußbodens. Nicht wenige Bänke waren besetzt. Dort saßen die Besucher mit den Patienten zusammen, die ihre Zimmer verlassen konnten.
    »Mr Sinclair?«
    Ich drehte mich wieder um.
    »Sie können in die zweite Etage fahren. Dort finden Sie die Abteilung.«
    »Danke.«
    Treppe oder Lift? Ich nahm die Treppe und ging die Stufen im normalen Tempo hoch. Auch jetzt drehten sich meine Gedanken wieder um Jane. Ein Geschenk hatte ich nicht mitgebracht. Sie würde davon sowieso nichts mitbekommen. Natürlich hatten auch andere Menschen Jane besuchen wollen. Suko, Shao, die Conollys und Glenda Perkins, aber dagegen hatten die Ärzte Einspruch erhoben, und nur ich hatte die Erlaubnis erhalten.
    Ich dachte auch darüber nach, wie ich Jane vorfinden würde. Man hatte mir bei meinen Anrufen gesagt, dass sie in ein künstliches Koma versetzt worden war, ich würde also nicht mit ihr kommunizieren können, aber darauf kam es mir nicht an. Ich wollte sie einfach nur sehen. Und ich wollte eine lebende Person sehen und keine Tote. Die zweite Etage hatte ich schnell erreicht. Hier empfing mich eine Stille, die ich schon als störend empfand. Als hätte der Tod bereits seine Schwingen ausgebreitet. So einfach ließ sich die Abteilung nicht betreten. Ich musste mich anmelden. Man wusste hier Bescheid, und so wurde ich in eine kleine Kammer geführt, in der die Kittel hingen, die die Besucher aus Gründen der Sauberkeit überstreifen mussten. Sogar eine Haube erhielt ich, nur einen Mundschutz brauchte ich nicht.
    »Sie sind allein gekommen, Mr Sinclair?«
    »Ja, das bin ich. Warum fragen Sie?«
    »Ach, nur so.«
    »Können wir jetzt?«
    »Sicher.«
    Ich ging hinter der Schwester her, und mein Herz klopfte schneller. In meinem Hals saß ein Kloß, den ich auch durch mehrmaliges Schlucken nicht weg bekam. Wie würde Jane aussehen? Zuletzt hatte ich sie im Foyer des Theaters gesehen. Da hatte sie auf dem Rücken gelegen, und ich hatte auf all das Blut gestarrt, das aus der Wunde geflossen war. Jetzt konnte ich nur hoffen, dass dieser Blutverlust ausgeglichen worden war.
    In dieser Abteilung gab es mehrere Räume. Die Schwester führte mich auf eine Tür zu und blieb davor stehen. Sie musste noch eine Erklärung abgeben. »Es ist das Zimmer, in dem Miss Collins allein liegt. Wir haben es für besser gehalten.«
    »Das ist gut«, sagte ich. »Und noch eine Frage. Können Sie mir sagen, wie es ihr geht?«
    »Das weiß ich nicht.«
    Ich war irritiert. »Wieso?«
    »Man kann sie ja nicht fragen, weil sie im künstlichen Koma liegt. Aber die Instrumente zeigen, dass man bei ihren Körperfunktionen von einer gewissen Normalität ausgehen kann.«
    Das sorgte bei mir für eine gewisse Hoffnung. »Ist sie dann über den Berg?«
    »Das kann man nicht so sagen. Sie kämpft, und sie trägt in ihrem Innern etwas Besonderes. Ein künstliches Herz.«
    »Ja«, sagte ich.
    »Das war neu für uns und…«
    »Nehmen Sie es so
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