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1668 - Die Türme von Canaxu

Titel: 1668 - Die Türme von Canaxu
Autoren: Unbekannt
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höchste Zeit, daß hier eine Mauer die gröbste Belastung auffing. Zu zwei Dritteln stand diese Mauer bereits.
    Sie war aus schlecht behauenen Ziegeln zusammengesetzt. Gefährlich scharfe Zacken ragten hervor, wobei manche so spitz wie Messer waren.
    Vor der Mauer knieten zwei Gestalten. Die eine war zwei Meter zwanzig groß, mit absolut schwarzer Haut und hellen Haaren, ausgemergelt und geschwächt. Die andere maß gerade einen halben Meter: eine Frau. Doch ihr Kopf hatte sich mit Wasser vollgesogen, ebenso wie der angeschwollene Körper.
    Der Fremde hatte es gesagt: Sie war gedunsen. Es handelte sich um eine Krankheit, die nach langem Siechtum zum Tod führte. Die Frau verlor ihre Fähigkeit zur Verdauung, war außerstande, wie vorher Informationen aus der Frucht zu ziehen. Etwas am Gehirn wurde angegriffen, so daß zum Schluß sogar die Denkfähigkeit nachließ. Gedunsene Frauen waren immer auf Hilfe angewiesen. Und in den Landen, draußen, gab es keine Hilfe. Wer zur Belastung wurde, der blieb zurück. Er wurde zur Nahrung für Pflanzen und Tiere. Nur wenn sie getragen wurden, waren Frauen auf Dauer lebensfähig. Hatten sie wie in diesem Fall ihren Wert verloren, fiel diese Hilfe weg.
    Es sei denn ... „Steh auf." forderte Niisu laut. „Ich will mit dir reden, Hapt!"
    Das Wort „reden" betonte er so hart, daß der Mann vor der Mauer unwillkürlich herumfuhr. „Wer..'.? - Niisu!"
    „Ja, ich bin es."
    Das flache Gesicht seines Gegenübers verzerrte sich zur Grimasse, und die Hände ließen augenblicklich das Hammerwerkzeug fallen. „Was ist hier los?" Die Frau trat mühsam ein paar Schritte vor und stellte sich zwischen die beiden; sie war trotz allem eine Frau, und sie spürte die unversöhnliche Feindschaft. „Ich will nicht, daß ihr aufeinander losgeht. Das ist freier Nomaden unwürdig."
    „Du hast recht", gestand Niisu, „und doch ist es in diesem Fall unvermeidlich. Hapt und ich, wir gehörten einst zum selben Stamm. Durch ein Unwetter wurde ich vom Stamm getrennt. Natürlich habe ich versucht nachzukommen. Als ich gerade dabei war, den Anschluß wiederzufinden, traf ich Hapt. Hapt war unterdessen verstoßen worden. Er hatte Nahrung gestohlen..."
    „Ist das wahr, mein Gefährte?"
    „Nein! Ich kenne diesen Kerl gar nicht!"
    Die Frau starrte aus aufgequollenen, verengten Augen ihren Läufer an. Daß Hapt ihre einzige Chance darstellte, daß sie ohne ihn so gut wie tot war, wußte sie genau. Allein hätte sie den Turm mit zu Ende bauen können. Aber dann? Wenn sich die Trepeccos in alle Winde zerstreuten? Wäre Hapt nicht gewesen, der nie eine Frau getragen oder einen Nachkommen gezeugt hatte, sie hätte für ihre letzten Lebensmonate keinen Mann gefunden. Nur er, der entartete Verlierer ... dessen Verdauung so schlecht war, daß er niemals über die Lande Bescheid wußte, durch die er lief. Dessen Leichtsinn oft Nachteile brachte. Aber auch Hapt war allein. Seit der Katastrophe im Urwald Zuun hatte er niemanden mehr.
    Drei Gefallene waren sie, alle miteinander, es gab keinen Ausweg: Hapt hatte sein Lebensrecht verloren; die Frau war gedunsen und hatte schon deshalb keine Chance; und er, Niisu, durfte keinen anderen Trepecco töten. Wenn er es dennoch tat, war seine Strafe klar. „Die Geschichte geht weiter", erzählte Niisu mit bitterer Stimme. „Hapt lauerte mir im Gebirge Rok auf. Er überwältigte mich, nahm mich gefangen und legte mir Fesseln an.
    Ohne Nahrung oder Wasser ließ er mich hilflos zurück - als Beute für die Voya-Rudel.
    Er selbst verschwand im Urwald Zuun. Nur durch Glück konnte ich überleben. Seitdem verfolgte ich ihn, und auch wenn kein Trepecco das Messer gegen einen anderen heben sollte: Dieser Mann muß sterben."
    Das Messer ... Sie hatten beide keine Waffen. Nur diese Frau stand zwischen ihnen, und ihr Messer war in diesem Raum das einzige.
    Hapt stieß einen tierischen Schrei aus.
    Mit einem einzigen Satz setzte er über die Frau hinweg, und seine erhobenen Fäuste trafen Niisu mitten vor die Brust. Zur Reaktion blieb keine Zeit; Niisu stürzte zu Boden und rollte zwei Meter weit. Hapt war ständig über ihm. Wie viele Schläge er auch einsteckte, Niisu spürte sie kaum. Dünne, sehnige Finger schlössen sich um seinen Hals.
    Niisu riß die Beine hoch, mit einem fürchterlichen Aufschrei wurde Hapt über ihn hinweggeschleudert. Er hatte nicht das Haus der Fremden und die blaue Ebene überlebt, um sich erwürgen zu lassen.
    Er war der Stärkere.
    Niisu hatte seine
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