Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1663 - Insel der Schatten

Titel: 1663 - Insel der Schatten
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
allein zu der Erkundung aufgebrochen war. Sein Schatten wäre natürlich einem Begleiter aufgefallen. Er hätte sich damit lächerlich gemacht. Und in tödliche Gefahr begeben.
    Er fuhr einen Arm aus und verfolgte, wie sein langer Schatten das auch tat. Er probierte es mit zwei Armen, und wieder ahmte der Schatten alles nach. Am unangenehmsten aber war, daß dieses scheußliche schwarze Ding an seinen Beinen klebte, als wäre es ein Teil von ihm. Er spürte förmlich, wie sich der Schatten an ihn klammerte.
    Natürlich kannte Klundan Schatten: Unter Dächern gab es immer welche, und sein schwerer Körper trug unter sich auch immer einen Schatten. Nur war der Schatten auf dieser Insel ganz anders: lang und groß und offenbar gefährlich.
    Er sprang in die Höhe und jubelte. Der Schatten hatte sich von ihm gelöst! Für einen Atemzug glaubte Klundan tatsächlich, er hätte sich von ihm befreien können. Aber als er wieder auf dem harten Boden landete, klebte das unheimliche Ding erneut an ihm.
    Verzweiflung befiel ihn. Er war verloren, denn für das Geschehen gab es nur eine Erklärung.
    Der Sturm hatte ihn an die Küste der „Insel der Schatten" getrieben. Und das bedeutete mehreres gleichzeitig.
    Zunächst einmal war damit der Beweis erbracht, daß es dieses geheimnisumwitterte Eiland tatsächlich gab. So manches Mal hatte Klundan heimlich an dem gezweifelt, was die Priester der Alten seines Stammes erzählt hatten. Aber nun war er überzeugt.
    Er zweifelte auch nicht an den anderen Aussagen der Priester. Die hatten immer wieder in ihren Predigten behauptet, daß die „Insel der Schatten" das Reich der Toten war.
    Klundan ahnte, daß er seinen Schatten nicht besiegen konnte. Und diesen Schatten schon gar nicht, denn in ihm mußten sich nach dem Glauben die Seelen aller seiner Ahnen vereinigt haben.
    Wahrscheinlich würden sie ihn daran hindern, die Insel wieder zu verlassen. Oder sie würden sich so an ihn klammern, daß er sie mitnehmen mußte.
    Dann war eine Rückkehr in die Heimat nach Klymannoch undenkbar. Oder auch die an einen anderen Ort von Owigorn. Er würde grenzenloses Unheil über alle Owigos bringen! Eine solche Sünde durfte er nicht auf sich laden. Eher würde er den Freitod suchen.
    Der Seefahrer sank auf den Boden und machte sich so klein wie möglich. Dabei lugte er verstohlen zu seinem Schatten. Immerhin, der war auch deutlich geschrumpft. Aber er hing nach wie vor an ihm.
    Schließlich faßte er sich ein Herz. Er fuhr zwei Arme aus und versuchte den Schatten mit ihnen zu packen und abzureißen. Aber die Enden seiner Arme kratzten nur über den steinharten Boden. Zu packen bekamen sie nichts.
    Die Verzweiflung wurde wieder größer.
    Er erhob sich und bewegte sich ganz langsam weiter. Dann raste er plötzlich los, hoffte, daß er dadurch den Schatten verlieren würde. Wieder wurde er enttäuscht. Als ob der Schatten es bereits gewußt hätte, bewegte er sich ebenso schnell mit ihm. „Verschwinde!" schrie er. Damit erreichte er auch nichts.
    Ein letzter Versuch: Er zog sein Messer aus dem Beutel und setzte es dicht über dem Boden an. Mit einem Ruck wollte er den Schatten abschneiden. Die Spitze des Messers kratzte über den Boden und hinterließ dort nicht einmal eine kleine Spur. Und der Schatten blieb, wo er war.
    An eine Rückkehr zur ZYNC war mit diesem Schatten überhaupt nicht zu denken. Klundan zweifelte nicht daran, daß Norfertus alle Geviertelten auf ihn hetzen würde. Auch würde er sich keine Gelegenheit entgehen lassen, um ihn umzubringen. Er war ja schon so gut wie tot!
    Im Totenreich konnte es keinen Lebenden geben. Und jeder Owigo wußte, selbst der dümmste im entferntesten Winkel der unterentwickelten Südkontinente, daß noch nie ein Owigo, der die „Insel der Schatten" betreten hatte, in diese normale Welt zurückgekehrt war.
    Er war verbannt und verteufelt. Der tödliche Frevel klebte unerbittlich an ihm.
    Niedergeschlagen setzte Klundan seinen Weg am Ufer entlang fort. In seiner Verzweiflung suchte er nach einer Lösung, obwohl ihm sein Verstand sagte, daß es keine geben konnte. Er hatte sich stets für stark und klug gehalten. Aber nun war er um eine entscheidende Erkenntnis reicher.
    Er konnte seinen Schatten nicht besiegen!
    Nicht auf Klymannoch. Und nicht hier im Totenreich.
    Nirgendwo!
     
    *
     
    Plötzlich standen seine Stummelfüße im Wasser. Er fuhr aus seinen trübsinnigen Gedanken hoch und drehte seinen Körper. Das Ufer machte hier einen scharfen Knick. Einen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher