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1655 - Die »Heiligen« von London

1655 - Die »Heiligen« von London

Titel: 1655 - Die »Heiligen« von London
Autoren: Jason Dark
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gemeint. So etwas hört man einfach heraus, wenn man eine gewisse Routine besitzt. Den Verlauf des Abends hatte ich mir anders vorgestellt. Mein frugales Mahl war noch zur Hälfte vorhanden. Ich ließ es liegen, denn der Appetit war mir vergangen. Auch die Bierflasche trank ich nicht leer.
    Ich glaubte nicht daran, dass sich jemand einen Scherz erlaubt hatte. Hinter diesem Anruf steckte mehr.
    Für mich war der Mann ein Psychopath, den ich auf keinen Fall unterschätzen durfte. Und er war nicht allein, was die Lage nicht eben verbesserte…
    ***
    Ich hatte den Ort gefunden, war durch die schwarze Eisentür gegangen, in einen kleinen Flur gelangt und stand jetzt vor einer nächsten Tür, hinter der die Treppe hinunter in den Keller führte, aus dem mir dieser widerliche Gestank entgegen quoll. Ich hatte es geschafft, meine Gedanken von der Vergangenheit zu lösen und konzentrierte mich auf das, was vor mir lag. Es machte mir keinen Spaß, aber dieser eklig riechende Hinweis war auch der Beweis für mich, dass sich der Anrufer keinen Scherz erlaubt hatte.
    Ein Heiliger, der diesen Begriff pervertiert hatte. Das stand für mich schon jetzt fest. Aber darüber wollte ich vorerst nicht weiter nachdenken. Die Tür War noch immer nicht ganz zugefallen. Ich fasste sie am Rand an und zog sie auf. Mein Blick fiel in die Dunkelheit. Ich sah auch den Ansatz einer Treppe, aber das war auch schon alles.
    Der Anrufer hatte von Licht gesprochen. Einen Schalter fand ich nicht in der Nähe, so sorgfältig ich die Wand auch abtastete.
    Im Dunkeln wollte ich die Stufen nicht nach unten gehen, deshalb nahm ich meine Leuchte zu Hilfe. Auch bemühte ich mich, nur so schwach wie möglich zu atmen. Ein Taschentuch wollte ich mir nicht vor den Mund halten.
    Es gab eine Treppe und auch ein Geländer.
    Im Licht meiner Lampe schimmerten die Stufen irgendwie fettig. Das lag an dem dunklen Schmier, der sich im Laufe der Zeit darauf gelegt hatte. So sahen die Trittstellen schon leicht ölig aus, was mich zu äußerster Vorsicht ermahnte. Selten war ich so konzentriert eine Treppe hinab gegangen. Jetzt war sogar der Geruch nebensächlich geworden, ich wollte nur die Stufen unbeschadet hinter mich bringen. Das schaffte ich auch, hob jetzt die Lampe an - und wunderte mich, dass ich vor keiner weiteren Tür mehr stand, denn die Treppe führte direkt in einen Kellerraum hinein. Und da nahm ich den Gestank in seiner vollen Ekligkeit wahr. Ich sah den Grund noch nicht, denn der Strahl meiner Lampe schnitt ins Leere, aber der widerliche Geruch traf mich voll von allen Seiten, und ich hatte das Gefühl, dicht vor dem Übergeben zu stehen.
    Ich ließ den Lichtbalken zuerst nach links wandern, ohne etwas zu entdecken. Er glitt über eine feuchte Mauer und einige Rohre, die dicht unter der Decke entlang liefen. Keine Kisten, keine anderen Hinterlassenschaften, die auf den ekligen Gestank hingewiesen hätten, einfach nur diese Leere.
    Aber der Geruch war nicht verschwunden. Ich konnten ihn jetzt besser einschätzen. Blut und Exkremente. Also die Ausscheidungen eines Menschen. Mein Gott! Plötzlich schlug mein Herz schneller, und ich drehte mich langsam nach rechts.
    Das Licht wanderte in Hüfthöhe mit und erfasste einen Gegenstand. Es war ein Metalltisch, auf dessen Platte die Kleidungsstücke eines Mannes lagen. Für einen Moment hielt ich inne und atmete schnaufend durch die Nase. Ich traute mich kaum, den Strahl weiterwandern zu lassen. An das Licht, das es hier unten angeblich geben sollte, dachte ich nicht mehr, nur mein Herz pumpte jetzt. Der Strahl glitt über den Tisch hinweg auf die andere Wand zu. Wieder fielen mir die Rohre auf, die dicht unter der Decke entlang liefen, und ich drehte mich weiter, wobei Sekunden später meine Hand nicht mehr ruhig blieb.
    Sie zuckte hoch, auch wieder nieder, aber sie hatte ein Ziel getroffen, das ich nur scheibchenweise sah.
    Nackte Haut, dann ein verzerrtes Gesicht. Das viele Blut, das über den Körper gelaufen war wie ein Anstrich und unterhalb der Füße eine Lache hatte bilden können, wo es sich mit den Exkrementen des Mannes vermischte und diesen abnormen Gestank abgab.
    Nur unter großer Mühe riss ich mich zusammen und hob dann den rechten Arm ein wenig an. Dabei korrigierte ich noch die Richtung, und genau in dieser Sekunde traf mich das Grauen mit all seiner Wucht.
    Der Leblose hing in einer Drahtschlinge, die seine Kehle umwickelt hatte. Befestigt worden war die Schlinge um ein Rohr, das über seinem
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