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1620 - Vorleser des Teufels

1620 - Vorleser des Teufels

Titel: 1620 - Vorleser des Teufels
Autoren: Jason Dark
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der in unserer Nähe stand, hielt Verbindung mit Sergeant Burke.
    Er sprach mit ihm über ein Funkhandy.
    Der Fluss blieb weiterhin ruhig. Rechts und links des Bootes liefen die schaumigen Wellen auseinander. Hin und wieder tanzten Lichtreflexe über die Kämme.
    Die Themse floss aus einer langen Linkskurve auf uns zu. Die Lichter an der linken Seite zogen sich zurück. Ich wusste, dass es in diesem Gebiet noch einen großen Friedhof gab, den Old Barnes Cemetery. Als letzten hellen Gruß sahen wir die beiden Bauten des Putney Hospitals, danach gab es nur noch einzelne schwache Lichter.
    Sergeant Burke hatte das Ruder in andere Hände gegeben. Er kam zu uns und nickte.
    »Was ist?«, fragte ich.
    »Wir haben es bald geschafft.«
    »Sie meinen den toten Arm?«
    »Genau.«
    »Was wissen Sie darüber, Mr. Burke?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Nicht viel: Wir suchen ihn hin und wieder auf unseren Kontrollfahrten ab. Besondere Vorgänge hat es nie gegeben. Es gibt eine Anlegestelle für privat gecharterte Boote. Wer immer sich dort aufhält und einsteigt, damit haben wir nie Probleme bekommen.«
    »Und jede Fahrt wird angemeldet?«
    Burke grinste schief. »Sollte man meinen. Aber Sie wissen ja, wie das ist: Wo kein Kläger ist, da ist auch kein Richter. Und wir können nicht überall sein.«
    »Stimmt.«
    Auf der rechten Seite des Flusses sah es anders aus. Da lebte die Stadt noch. Es gab sogar Werften, die allerdings am Abend nicht mehr in Betrieb waren. Es stellte sich die Frage, ob dort überhaupt noch gearbeitet wurde.
    Die Anzahl der Schiffe, die sich jetzt noch durch das Wasser schoben, verringerte sich immer mehr. Unsere Sicht war trotz der angebrochenen Dunkelheit gut, und so entdeckten wir weiter vor uns ein Boot, dessen Deck von zahlreichen Lampen recht hell erleuchtet war.
    Sergeant Burke runzelte die Stirn. Ich wollte ihn nicht fragen und nicht ablenken, denn ich sah, dass er sein Glas hob und es vor seine Augen nahm.
    Es war ein Nachtsichtgerät, das er schnell wieder senkte und uns sein Gesicht zudrehte.
    »Ich denke, wir haben sie!«
    »Sind Sie sicher?«, fragte Suko.
    »Ich denke schon. Das Boot ist kein normaler Lastkahn, auch kein Containerschiff. Das sieht mir mehr nach einem kleinen Ausflugsdampfer aus.« Er übergab Suko das Glas. »Sehen Sie selbst.«
    Mein Freund konzentrierte sich und reichte mir zufrieden das Glas rüber, damit ich mir ebenfalls ein Bild machen konnte.
    Ja, da schimmerten die Lichter. Wie ich sah, war das Deck leer.
    Niemand bewegte sich im grünen Schimmer des Nachtsichtgeräts. Es musste sich alles unter Deck abspielen. Dort war es auch hell. Denn rechts und links der Bordwände fiel ein heller Streifen auf die Wasserfläche.
    »Was meinen Sie, Mr. Sinclair?«
    Ich war zwar nicht hundertprozentig überzeugt, aber darum ging es jetzt nicht. Ich musste schon auf unser Glück vertrauen und ging davon aus, dass eine Reise auf dem Wasser für die Passagiere interessanter war, als nur am Ufer zu liegen.
    Leider hatte keiner von uns erkennen können, wie groß die Anzahl der Besatzung war. Wir konnten nicht davon ausgehen, dass Karu alles übernommen hatte.
    »Und?«
    Suko und ich waren gefragt. Wir nickten gleichzeitig, und Sergeant Burke fügte hinzu: »Okay, sehen wir uns das Boot mal näher an…«
    ***
    Der Raum unter Deck war groß genug, um die Frauen fassen zu können.
    Sie saßen auf Stühlen, und ihre Gesichter waren ausschließlich in eine Richtung gedreht.
    Sie schauten nach vorn, wo der Meister Platz genommen hatte. Durch das Podium saß er erhöht. Er war der Einzige, der vom Licht umhüllt wurde, das von der Decke auf ihn niederfiel und dafür sorgte, dass er lesen konnte.
    Seine Zuhörer saßen zwar nicht in der tiefen Dunkelheit, aber sie erreichte nur ein schwacher Schein, was ihnen nichts ausmachte, denn die Frauen waren nur an dem interessiert, was der Hüne auf dem Podium tat. Er trug nach wie vor seine dunkle Kleidung. Nur seinen Mantel hatte er abgestreift.
    Die Helligkeit fing sich auch in seinen Augen, deren Blicke er hin und wieder über die Frauen streifen ließ, wenn er beim Lesen eine Kunstpause einlegte.
    Es war ihm gelungen, die Zuhörerinnen schon nach kurzer Zeit in seinen Bann zu schlagen. Die Frauen konnten sich dem Klang seiner Stimme einfach nicht entziehen. Da war es ihnen egal, was er vorlas, sie wollten sich ihm nur hingeben.
    Er zog alle Register. Mal war seine Stimme weich und flüsternd, dann hob er sie wieder an, denn es gab Worte, die er
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