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1610 - Knochen-Lady

1610 - Knochen-Lady

Titel: 1610 - Knochen-Lady
Autoren: Jason Dark
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bestimmte Leute bis zu ihrer Verhandlung verschwunden blieben. Die dicken Mauern sorgten für ein Gefühl der Sicherheit und der Abgeschlossenheit, und ich konnte mir nicht vorstellen, dass hier nur normale Verbrecher untergebracht waren.
    Als ich meinen Begleiter darauf ansprach, nickte er und gab auch eine Antwort.
    »Wir haben hier die besonderen Fälle.«
    »Auch Terroristen?«
    Er hob die Schultern. »Manchmal. In der Regel nur für eine kurze Übergangszeit.«
    »Und Sie halten de Soto für so gefährlich?«
    »Nicht ich, andere.«
    »Verstehe.«
    Weit brauchten wir nicht mehr zu gehen. An den Seiten wurde das Mauerwerk von starken Türen unterbrochen. Es gab auch einen Raum für die Wärter. Dessen Tür stand offen. Beim Hineinschauen entdeckte ich vier Monitore. Sie alle waren besetzt. Die Männer schauten kaum auf, als wir vorbeigingen.
    Es war die zweitletzte Tür, hinter der sich de Soto befand. Wir blieben stehen, und O’Connor fragte mich: »Wollen Sie, dass ich Sie begleite?«
    »Nein, das schaffe ich allein.«
    Er tat noch nichts, aber er schaute mich nachdenklich an. »Ich habe mir Ihren Ausweis angesehen…«
    »Was ist damit?«
    Sein Mund verzerrte sich zu einem Grinsen. »Ich will ja nichts sagen, Sir, aber Sie scheinen mit recht weiträumigen Kompetenzen ausgestattet zu sein.«
    »Das trifft zu.«
    »Dann ist dieser de Soto also sehr wichtig?«
    »Auch wenn Sie mich jetzt für einen Lügner halten, ich weiß es noch nicht. Es muss sich erst noch herausstellen.«
    »Schon gut.«
    »Dann öffnen Sie bitte.«
    Auch hier musste eine Codezahl eingegeben werden, um die Tür zu öffnen. Die Schlüssel waren out, wenn man sich in einem Hochsicherheitstrakt befand.
    O’Connor zog mir die Tür noch auf, und dann konnte ich eintreten. Die Pistole hatte ich nicht abgeben müssen. Wahrscheinlich lag es an meinen Kompetenzen.
    Ein Fenster gab es in der Zelle nicht. Frische Luft strömte trotzdem hinein. Unter der Decke sah ich so etwas wie ein Lamellengitter. Dort befand sich auch eine Lampe, die von einem Eisengitter geschützt wurde.
    Ich sah Rick de Soto zum ersten Mal. Er hockte auf seinem Bett und hatte die Füße auf den Boden gestemmt.
    Über die Einrichtung der Zelle machte ich mir keine Gedanken. Wie nebenbei sah ich noch das zweite Bett, das leer war.
    Einen Tisch, einen Stuhl und einen Schrank sah ich nicht. Auch keine Waschgelegenheit. Da wurden die Gefangenen wohl woanders hingeführt, und das immer unter Bewachung, denn das Auge einer Kamera war ebenfalls vorhanden.
    Die Tür war wieder zugefallen. Ich lehnte mich mit dem Rücken gegen sie.
    Bisher hatte Rick de Soto nicht einmal den Kopf gehoben. Das tat er auch jetzt nicht. Er saß nur da, schaute zu Boden und atmete leicht röchelnd.
    Das schwarze, klebrige Haar war ihm ins Gesicht gefallen. Es hing dort wie ein Vorhang, der nur wenige Lücken aufwies. Man hatte ihm die eigene Kleidung ausgezogen und sie mit der graublauen Gefängniskluft vertauscht, die aus Jacke und Hose bestand. Seine Füße steckten in weichen Tretern.
    »Rick de Soto?«, fragte ich.
    Er hob nur die Schultern.
    »Mein Name ist John Sinclair, und ich bin gekommen, um mich mit Ihnen zu unterhalten.«
    Damit schien ich den richtigen Ton getroffen zu haben, denn er hob langsam den Kopf. Jetzt sah ich sein Gesicht und musste daran denken, dass Bill Conolly bei seinem Anruf von einem stechenden Blick der dunklen Augen gesprochen hatte.
    Das traf bei de Soto zu. Seine Pupillen waren düster, und der Blick war tatsächlich stechend. Aber auch drohend, und ich wusste schon jetzt, dass ich Probleme haben würde, mit ihm ins Gespräch zu kommen.
    Augen sind wichtig. Nicht grundlos nennt man sie den Spiegel der Seele.
    Wenn das auch hier zutraf, dann hatte ich einen sehr düsteren Menschen vor mir.
    »Und?«, fragte er.
    Ich hob die Schultern. »Sie können sich denken, weshalb ich zu Ihnen gekommen bin.«
    »Klar, du bist neugierig.«
    »Das gebe ich gern zu.«
    Er lachte plötzlich und schlug auf seine Oberschenkel.
    »Ihr kommt nicht weiter, wie? Ihr seid überfragt. Ihr sucht jetzt nach Motiven für meine Aktion.«
    »Sehr richtig, Mr. de Soto.«
    »Und? Was denkst du?«
    Ich hob die Schultern. »Im Moment denke ich noch nichts. Aber das kann sich ändern.«
    »Durch mich, wie?«
    »Genau. Sonst wäre ich nicht hier.«
    In seinen Augen tanzte plötzlich ein düsteres Licht. Zumindest hatte ich den Eindruck. Außerdem glaubte ich daran, dass dieser Mensch genau wusste, was er tat.
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