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1601 - 10. Januar 1200

Titel: 1601 - 10. Januar 1200
Autoren: Unbekannt
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betätigte sich jetzt als Moderator einer Talk-Runde, bei der es darum ging, die Reaktion der Öffentlichkeit auf die soeben gehörte Ansprache zu ermitteln. „Du bist Gronk Valli aus Darwin, nicht wahr?" sagte der Moderator zu einem dunkelhaarigen, stämmig gebauten Mann mit Stiernacken. „Was hältst du von den Dingen, die Tifflor und Bull gesagt haben?"
    „Mir paßt es nicht, daß uns die wahre Ursache dieser katastrophalen Entwicklung verschwiegen wird", antwortete Gronk Valli in nörgelndem Tonfall. „Aha! Und was ist nach deiner Ansicht die wahre Ursache?"
    „Seit vielen Jahrhunderten beziehen wir unsere Energie, indem wir energetisch höher angesiedelte Paralleluniversen anbohren und Energie durch den Hyperraum in unsere Gravitraf-Speicher pumpen. Wie lange, meinst du, läßt es die Natur sich gefallen, daß man so mit ihr Schindluder treibt?"
    „Du meinst, wenn ich dich richtig verstehe", sagte der Moderator, „daß der gegenwärtige Zustand ein Racheakt der Natur ist? Rache dafür, daß wir unsere Energie aus anderen Universen beziehen?"
    „Auf ganz verdammt unnatürliche Art und Weise. Ja, das meine ich", bestätigte Gronk Valli aus Darwin.
    Julian Tifflor schaltete den Empfänger aus. Reginald Bull gab einen langgezogenen Seufzer von sich. „Das ist noch ein Aspekt, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen", sagte er grimmig. „Ich weiß, was du meinst", antwortete Tifflor. „Leicht wird's nicht sein. Es gibt ein altes Sprichwort, das besagt, dagegen kämpften Götter selbst vergebens."
     
    3.
     
    „Es ist die Chance des Jahrhunderts!" ereiferte sich Joshu Ionson. „Du hast gar keine andere Wahl. Entweder du ergreifst die Gelegenheit beim Schöpf, oder Acme Intertech schwimmt demnächst mit dem Bauch nach oben den Fluß hinunter."
    Seine Erregung galt dem Mann, auf dessen Arbeitstisch er sich mit beiden Armen gestützt hatte.
    Lep Wagner war ein eher asketischer Typ: hoch aufgeschossen, hager, mit eingefallenen Wangen und großen, intelligenten Augen. Er trug das schüttere, frühzeitig ergraute Haar kurz geschnitten und sorgfältig gescheitelt. Gekleidet war er nach konservativer Mode, langweilig, nicht gerade in die höchstwertigen Produkte der Textilindustrie, ohne jeglichen Sinn für Farbkoordination. Lep war der Eigentümer der Firma Acme Intertech und zugleich der technischwissenschaftliche Kopf des Unternehmens. Joshu Ionson, dem ersten Angestellten, den er vor fünfzehn Jahren an Bord genommen hatte, oblagen die Aufgaben der Organisation, des Einkaufs, des Vertriebs und des Marketing. Rein theoretisch hätten die beiden einander auf ideale Weise ergänzen müssen. Das Ideal wurde indes dadurch gestört, daß Lep Wagner Joshu Ionsons Unternehmungslust aus lauter Angst vor der eigenen Courage immer wieder bremste. „Was diese Stadt braucht, sind motorisierte Fortbewegungsmittel", fuhr Joshu in seiner Tirade fort. „Dort draußen auf dem Hof stehen drei Gleiter. In den Straßen ringsum liegen Tausende. Sie taugen alle nichts mehr, weil die Antigravmotoren versagen. Rüste sie auf konventionellen Betrieb um, und bau ein paar Räder dran! Ich bringe sie gegen gutes Geld unter die Leute, und in ein paar Monaten sind wir beide vielfache Millionäre!"
    Das Gespräch fand im Südflügel des dreiteiligen Gebäudetrakts statt, der den nach Westen hin offenen Fabrikhof in der Form eines eckigen Hufeisens umgab. Es war bitter kalt draußen.
    Irgendwo hatte Lep Wagner einen kleinen, elektrisch betriebenen Heizofen aufgetrieben, der in der Ecke munter vor sich hin brummte und wohltuende Wärme verbreitete. Boris Siankow hatte sich auf einem Stuhl im Hintergrund niedergelassen und bis jetzt kein Wort gesprochen. Jetzt aber spürte er, wie Lep, anstatt mit Begeisterung auf Joshus Idee einzugehen, Bedenken entwickelte. Er kannte solche Typen. Mit ihrer Penibilität neigten sie dazu, sich selbst auf dem Fuß zu stehen. „Der Mann hat recht, Wagner", sagte er, „und du weißt es. Hier winkt dir das Geschäft deines Lebens. Wenn du's dir entgehen läßt, bist du ein Dummkopf."
    Lep Wagner beugte sich nach vorne, sah Joshu Ionson fragend an und erkundigte sich mit halblauter Stimme: „Wer ist der Kerl?"
    „Ein Wissenschaftler, der üblicherweise im Forschungszentrum Titan arbeitet, sich im Augenblick der Katastrophe jedoch zufällig auf der Erde aufhielt", antwortete Joshu laut genug, daß Boris es hören konnte. „Ich fischte ihn auf, als er aus seinem abgestürzten Gleiter hervorkroch und halb
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