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1592 - Der Tiermensch

1592 - Der Tiermensch

Titel: 1592 - Der Tiermensch
Autoren: Jason Dark
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Verwandlung war bereits weit fortgeschritten, und er näherte sich immer mehr dem Zustand eines Werwolfs. Das war an seinem Mund zu erkennen. Er verdiente den Namen nicht mehr, denn das Kinn hatte sich vorgeschoben und ähnelte immer mehr einer Tierschnauze, die bestimmt mit einem grässlichen Gebiss bestückt war.
    Ich vernahm sein leises Knurren, das so etwas wie ein Startsignal war, denn jetzt drückte er sich langsam in die Höhe und starrte uns an.
    Es war ein kalter und zugleich böser Blick. Obwohl der aufgerissene Mund von diesem Fell umgeben war, sahen wir das Schimmern des gelblichen Gebisses. Das waren keine normalen Zähne mehr.
    Maxine Wells fasste flüsternd zusammen, was ich ebenfalls dachte.
    »John, das ist kein Mensch mehr. Da bin ich mir sicher. Das ist ein Geschöpf…«
    Ein Knurren unterbrach Sie.
    Noah war auf Angriff programmiert. Das Fremde in ihm hatte ihn übernommen und das Menschliche verdrängt.
    Die Entfernung zu uns war für einen Angriff günstig. Wenn er sich abstieß, würde er uns mit einem Satz erreichen und packen können, und das geschah auch.
    Doch der Tiermensch bekam Probleme. Das lag nicht an ihm. Der Boden war einfach nicht fest genug. Unter seinem Gewicht gab der Laubteppich nach, und so verkürzte sich sein Sprung. Sein Angriff sah sogar etwas lächerlich aus.
    Ich bekam Zeit, um meine Pistole zu ziehen. Neben mir glitt Maxine zur Seite, und als sich der Tiermensch wieder erhob, schoss ich.
    Die geweihte Silberkugel schmetterte mitten in das Gesicht der Kreatur.
    Plötzlich war es mit der Stille im Wald vorbei. Wir hörten ein schrecklich klingendes Heulen.
    Wir sahen Noah Lynch schwanken. Er hielt sich für die Dauer von ein, zwei Sekunden noch im Gleichgewicht, dann verließ ihn die Kraft, und er kippte nach hinten, schlug in das Laub und schleuderte zahlreiche Blätter in die Luft, die dann wieder auf ihn zurücksanken, als wollten sie ein Grab bedecken.
    Rücklings blieb er im Laub liegen. Und das war tatsächlich zu einem Grab geworden, denn an seinem Körper gab es keine Bewegung mehr, nicht mal ein letztes Zucken.
    Es gab Noah Lynch nicht mehr. Nicht als Mensch und auch nicht als Tier.
    Ich musste zugeben, dass ich mich in meiner Haut ziemlich unwohl fühlte. Ich war mir noch immer nicht sicher, ob ich nun einen Menschen oder eine Bestie getötet hatte.
    Die Antwort erhielt ich Sekunden später, denn mit dem Toten passierte etwas. Er begann sich wieder zu verwandeln. Aber er wurde nicht noch weiter zu einem Wolf oder einem anderen Tier, er wurde wieder zu einem normalen Menschen.
    Aus der Schnauze wurde wieder ein Mund. Das Fell verschwand, es wurde grau und rieselte einfach herab.
    Zurück blieb ein Mann, dessen Gesicht genau dort zerstört war, wo meine Kugel getroffen hatte.
    Maxine Wells stand neben mir und presste eine Hand gegen ihren Mund, als wollte sie jeden Kommentar unterdrücken. Sie schüttelte einige Male den Kopf, dann fasste sie mich an und benutzte mich als Stütze.
    »Manchmal kann das Leben so grausam sein, John.«
    »Ja. Aber es ging nicht anders. Er war schon mehr Wolf als Mensch und hätte uns getötet.«
    »Ich mache dir auch keinen Vorwurf. Ich muss nur daran denken, dass es mich wieder mal getroffen hat. Seit wir uns kennen, habe ich das Gefühl, als hätte jemand in meinem normalen Leben einen Vorhang zur Seite gezogen, um mir das zu zeigen, was sich dahinter verbirgt und was ich sonst niemals zu sehen bekommen hätte.«
    »Auch damit kann man leben Max.«
    »Klar. Du bist das beste Beispiel.« Sie drehte den Kopf zur Seite, und es war zu sehen, dass sie zusammenzuckte.
    »Was hast du, Max?«
    »Mein Gott, John, wir haben Carlotta vergessen. Noah haben wir gefunden, aber wo steckt sie?«
    Plötzlich wurde mir eiskalt. Ein Schauer rann vom Nacken her über meinen Rücken. Ich musste Maxine zustimmen. In den letzten Minuten hatte auch ich nicht mehr an das Vogelmädchen gedacht.
    »Wo könnte sie denn sein?«, hauchte Maxine.
    Ich hob die Schultern. »Sorry, ich habe keine Ahnung. Der Wald ist recht dicht und…«
    Maxine schüttelte den Kopf. »Nein, nicht. Ich will hoffen, dass es ihr gelungen ist, den Wald zu verlassen und…«
    Das war nicht der Fall, denn wir hörten es wenige Sekunden später. Da drang der Schrei einer hellen Stimme an unsre Ohren, und den konnte nur Carlotta abgegeben haben…
    ***
    Das Vogelmädchen kam nicht einmal mehr dazu, über Morgana Laytons Worte nachzudenken, denn kurz danach traf sie der harte Schlag ins
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