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155 - Briana - Tochter Irlands - Langan, Ruth

155 - Briana - Tochter Irlands - Langan, Ruth

Titel: 155 - Briana - Tochter Irlands - Langan, Ruth
Autoren: Ruth Langan
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Zellentür. „Du musst aufwachen, Kind.“
    „Nein, noch nicht.“ Briana rollte sich noch mehr unter ihren Decken zusammen. Sie wollte noch ein Weilchen weiterträumen. In ihrem Traum war sie auf ihrem Lieblingsross über die grünen Wiesen und Weiden von Ballinarin galoppiert. Ihre Brüder sowie Innis waren bei ihr gewesen, und sie alle hatten sich gegenseitig geneckt und immer wieder aus lautem Halse gelacht. Sie war frei gewesen!
    Doch das alles hatte Briana verloren. Ihr Leben wurde schon seit drei Jahren von den starren Regeln des Klosters bestimmt. Jeder Tag begann bereits vor dem Morgengrauen mit Beten, gefolgt von einem aus fadem Haferschleim bestehenden Frühstück. Anschließend wurde bis Mittag auf den Feldern gearbeitet, dann das Angelus-Gebet gesprochen. Die Bewohnerinnen des Klosters nahmen sodann eine Mahlzeit aus Fleisch und Käse zu sich, bevor sie sich zum Ausruhen und Beten in ihre Zellen zurückzogen.
    Der Nachmittag verlief nach einem ähnlichen Muster. Schwere körperliche Arbeit draußen auf den Feldern. Zum Abendessen gab es Brot und Suppe, an das sich das Abendgebet anschloss. Sogar die Nachtstunden waren reglementiert. Um Mitternacht und drei Uhr in der Frühe wurden die Nonnen geweckt und zum allgemeinen Gebet in die kleine Kapelle gerufen.
    Aus Rücksicht auf die älteren Nonnen wurden diese mit Aufgaben innerhalb des Klosters betraut, wie zum Beispiel mit Putzarbeiten und Wäschewaschen. Die jüngeren Frauen, egal ob Nonnen, Novizinnen oder Besucherinnen, waren für die Feldarbeit und Betreuung der Schafherden verantwortlich.
    „Briana, du musst wirklich aufstehen.“ Die Stimme erklang jetzt dicht an ihrem Ohr. Und durch die leichte Berührung einer Hand an ihrer Schulter war Briana schlagartig wach. Körperliche Berührungen waren im Kloster nämlich nicht erlaubt. Es gab kein Händeschütteln, keine Umarmungen. Selbst das zufällige, unbeabsichtigte Streifen einer Schulter im Vorbeigehen verursachte den Beteiligten Unbehagen. Sie versteiften sich und drehten sich hastig von dem anderen fort.
    Briana öffnete die Augen und kniff sie sogleich wieder zusammen, als sie direkt in die helle Flamme einer Kerze sah. „Ich bin gerade erst eingeschlafen, Schwester. Es kann doch nicht schon wieder Zeit zum Beten sein.“
    „Ich wecke dich nicht zum Beten, Kind. Die Mutter Oberin erwartet dich im Refektorium.“
    „Im Speisesaal?“, vergewisserte sich Briana ungläubig. „Sie isst zu dieser Tageszeit?“
    „Nein, sie lässt ein Mahl auftischen für die Burschen, die gekommen sind, um dich nach Hause zu eskortieren.“
    Nach Hause! Briana lag wie erstarrt da. Sie brachte keinen Laut hervor, und sekundenlang war sie zu keinem zusammenhängenden Gedanken fähig. Aus ihrer ursprünglich auf ein Jahr befristeten Verbannung waren zwei Jahre geworden, dann drei. Uneinsichtig und temperamentvoll hatte sich Briana gegen die starren, oftmals ungerechten Regeln des Klosters aufgelehnt und es geschafft, jede einzelne von ihnen zu brechen.
    Mit jedem Regelverstoß war die Hoffnung, Ballinarin jemals wiederzusehen, weiter geschrumpft. Und nun, ohne jegliche Vorankündigung, wurde sie begnadigt. Doch obwohl Briana einen winzigen Hoffnungsschimmer sah, gestattete sie sich in diesem Augenblick noch keine Freude. Zu groß war ihre Angst, dass der Traum von Freiheit im letzten Moment doch wieder zerstört wurde. „Warum denn gerade jetzt?“, wollte sie misstrauisch wissen.
    „Ich weiß es nicht, Kind. Die Mutter Oberin wird dir alles erklären. Komm jetzt, zieh dich schnell an.“ Die alte Nonne war nun überzeugt davon, dass ihr junger Schützling nicht wieder einschlafen würde. So leise, wie sie gekommen war, huschte Schwester Immaculata hinaus.
    Briana streifte ihr Nachtgewand aus grobem Sackleinen ab und wusch sich schnell mit dem kalten Wasser aus der Waschschüssel. Dann zog sie ihre schmucklosen Kleider und Schuhe an, richtete ihre Lagerstatt ordentlich und sah sich abschließend prüfend in dem kargen Raum um. Er war so sauber und nackt wie an dem Tag ihrer Ankunft.
    Trotz der drei Jahre, die seither ins Land gegangen waren, gab es keinen einzigen persönlichen Hinweis auf Brianas Anwesenheit in dieser Zelle. Keinerlei Erinnerungsstücke an Ballinarin, das geliebte Zuhause. Auch fehlte jegliches Anzeichen für irgendeine Art von Behaglichkeit. Als Toilettentisch diente ein schmuckloser Holztisch, auf dem eine blecherne Kanne und Waschschüssel standen.
    Für das Fehlen eines Spiegels war Briana
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