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1539 - Im Wald der Wölfe

1539 - Im Wald der Wölfe

Titel: 1539 - Im Wald der Wölfe
Autoren: Jason Dark
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anderen etwas Besonderes ist, das ist bei mir eben normal. So, das musste mal gesagt werden.« Sie nickte mir zu und stemmte die Hände in die Hüften, die dort den Stoff des mattgelben Rollis berührten, den sie zum schwarzen Cordrock trug.
    Ich holte mir meine Tasse und schenkte die braune Flüssigkeit ein. Es war eben das morgendliche Ritual, auf das ich mich immer freute, wenn ich unser Büro betrat, das bei einem Wetter wie diesem sogar eine gemütliche Enklave sein konnte.
    »Liegt schon was an?«, fragte ich.
    Glenda schüttelte den Kopf. »Nur die Ohren, John, ansonsten kannst du dich an deinen Schreibtisch setzen und einen perfekten Büroschlaf halten.«
    Ich drehte mich um und achtete darauf, keinen Kaffee zu verschütten.
    »Aber nur bis zum Mittag, denn da sollten wir zu Luigi gehen und etwas essen.«
    »Endlich mal eine gute Idee«, lobte Glenda. »Ich werde gleich einen Tisch bestellen.«
    »Tu das.«
    Ob Sir James Powell, unser Chef, geklopft hatte oder nicht, wir wussten es nicht. Jedenfalls stand er plötzlich im Vorzimmer, rückte seine Brille zurecht, wünschte einen guten Morgen und schwenkte eine mit Blättern gefüllte Klarsichtfolie. Dass er dabei lächelte, gefiel mir ganz und gar nicht, denn dieses Lächeln deutete sicher auf etwas Bestimmtes hin.
    Zumindest darauf, dass wir uns einen Besuch bei Luigi abschminken konnten.
    Wir erwiderten seinen Gruß, und er fügte hinzu, dass es schön wäre, uns alle an diesem Morgen versammelt zu sehen.
    »So ist das nun mal bei verantwortungsbewussten Mitarbeitern«, erwiderte ich.
    »Dann können wir ja gleich zur Sache kommen.« Er deutete auf unsere Bürotür. »Bitte, gehen Sie vor.«
    Das taten Suko und ich und nahmen auf unseren Stühlen Platz.
    Sir James setzte sich auf einen Besucherstuhl.
    »So«, sagte er, »da ich weiß, dass Sie von Büroarbeit nicht eben angetan sind, werden Sie das Vergnügen haben, einen kleinen Ausflug machen zu dürfen. Und zwar nach Hazelwood.«
    »Wo ist das denn?«, fragte ich.
    »Südlich von London. Das ist im Moment aber nicht von Bedeutung. Wichtiger ist, was sich dort getan hat. Ein junger Kollege von Ihnen, ein gewisser Ted Franklin, hat uns per Mail Fotos zukommen lassen, die sicherlich nicht getürkt sind. Man hat sie an mich weitergeleitet, denn man weiß schließlich, wer sich um gewisse Dinge zu kümmern hat.«
    »Worum geht es denn?«, wollte Suko wissen.
    Sir James runzelte die Stirn. Mit spitzen Fingern zog er die beiden ausgedruckten Aufnahmen aus der Plastikhülle. »Am besten ist es, wenn Sie sich die Fotos selbst anschauen. Die beiden Bilder sind praktisch identisch.« Er reichte Suko eine Aufnahme und gab mir auch eine. Einen Kommentar behielt er für sich.
    Ich schaute mir das Foto an. Es zeigte das Innere einer besetzten Zelle.
    Allerdings war sie nicht mit einem normalen Menschen besetzt, denn das Wesen, das dort auf dem Boden hockte, war eine Mutation. Halb Mensch und halb Wolf.
    Das Gesicht hatte bereits alles Menschliche verloren, und wer auf das Gebiss schaute und etwas sensibel war, der konnte schon einen Schauer bekommen.
    Ich legte die Aufnahme zurück auf den Schreibtisch. »Wenn mich nicht alles täuscht, handelt es sich dabei um einen Werwolf, der noch im Entstehen ist.«
    »Das denke ich auch.«
    »Wurde die Aufnahme tatsächlich in einer Zelle geschossen?«, fragte Suko, »oder sieht es nur so aus?«
    »Die Kreatur befand sich in einer Zelle.«
    »Wie kam es dazu?«
    Sir James griff nach einem Blatt Papier, das der Beamte mit den beiden Aufnahmen geschickt hatte. Er las den Text nicht wörtlich vor und gab uns nur einen Überblick über das, was auf dem Blatt stand.
    Demnach hatte sich ein Betrunkener, der zur Ausnüchterung in eine Zelle gesteckt worden war, in der Nacht in einen Werwolf verwandelt.
    Zwar nicht völlig, doch das, was wir gesehen hatten, reichte schon aus, um uns zu alarmieren.
    »Gibt es weitere Informationen?«, erkundigte ich mich.
    »Nein. Es ist in der vergangenen Nacht passiert. Dass Konstabler Franklin so rasch reagiert hat, rechne ich ihm hoch an, und ich denke, dass er genau das Richtige getan hat, denn ich gehe nicht davon aus, dass diese Fotos getürkt sind.«
    Ich hob die Augenbrauen, als ich sprach. »Dann haben wir es also mit einem Werwolf zu tun?«
    »Hoffentlich nur mit einem. Ich habe Ihnen ja auch gesagt, dass der Mann Brett Mahony heißt und dass er noch in der Nacht wieder zu einem Menschen geworden ist, und das zudem recht schnell. Es kann also
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