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1531 - Dschungeltod

1531 - Dschungeltod

Titel: 1531 - Dschungeltod
Autoren: Jason Dark
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nicht.
    Sie blickte hinein - und sah sich selbst!
    Der Schrei erstickte in ihrer Kehle.
    Es war ja nicht das erste Mal, dass sie sich sah. Aber in der letzten Zeit hatte sie darauf verzichtet. Und nun musste sie sehen, dass es sehr viel schlimmer geworden war.
    Ihr Gesicht mit dem leicht indianischen Einschlag hatte sich in der letzten Zeit stark verändert. Die Geschwüre waren mehr geworden. Sie verteilten sich vom Kopf bis zum Kinn. Aber sie hatten sich auch schon auf dem Körper und den Gliedmaßen ausgebreitet. An ihren Armen malten sie sich ab. Auf den Brüsten ebenso, und der Bauch und die Beine waren auch nicht verschont worden. Das wusste die Gezeichnete, nur dass ihr Gesicht schon so stark in Mitleidenschaft gezogen worden war, sah sie als schlimm an.
    Die dicken Pusteln schimmerten feucht. Sie blähten sich immer wieder auf, nachdem sie zerstört worden waren. Es roch nach Eiter, und eine bräunlichgelbe Flüssigkeit verteilte sich an den Rändern. Man konnte sie nur als eklig und widerwärtig bezeichnen.
    »Siehst du dich, Tabea?«
    Sie nickte.
    »Erkennst du, was ein Dämon mit dir gemacht hat? Ich und die anderen hier wollen nicht, dass du noch länger bei uns bleibst. In dir steckt das Böse, ein Teufel, und keiner von uns will angesteckt werden. Deshalb musst du weg!«
    Tabea nickte. Es fiel ihr schwer, einen normalen Satz zu sprechen.
    Schließlich schaffte sie es doch.
    »Wo sind meine Eltern?«
    »Weg«, erklärte Rita. »Sie sind verschwunden. Sie haben es nicht mehr ertragen, dich als Tochter zu haben. Sie sind über das große Wasser auf die Insel gefahren, wo Verwandte von euch leben. Dort sind sie aufgenommen worden. Dich haben sie hier bei uns gelassen, doch wir wollen dich auch nicht mehr, hörst du?«
    »Ja.«
    »Dann steh auf.«
    »Und wohin soll ich gehen?«
    »In den Dschungel. Lauf in den Dschungel und lass dich nie mehr hier blicken.«
    Tabea wusste, dass ihr keine andere Alternative blieb. Hätte sie sich geweigert, dann hätten die Bewohner zu anderen Mitteln gegriffen und sie getötet. Mit einer derartigen Schande wollte niemand leben.
    Außerdem fürchteten sich die Menschen vor der Ansteckung.
    Tabea schaute bewusst noch mal in den Spiegel, denn sie hatte den ziehenden Schmerz an der Stirn gespürt. Sie sah, dass sich ein Geschwür aufblähte und eine dünne Haut erhielt, die nicht lange halten würde.
    So war es auch.
    Sie platzte auf - und der ziehende Schmerz verging. Dafür blieb auf der Stirn eine nasse Stelle zurück. Einfach nur widerlich, denn auch der Gestank breitete sich aus.
    »Gehst du freiwillig?«
    »Ja.«
    »Gut, dann ziehe ich mich jetzt zurück.« Rita drehte sich um. Sie nickte den vor der Hütte wartenden Leuten einige Male zu und gesellte sich zu ihnen.
    Tabea Sanchez bewegte sich auf dem Bett. Sie warf die Decke zurück und stand auf. Bekleidet war sie mit einem Lendenschurz, ansonsten war sie nackt. Vor dem Bett standen die Sandalen aus Bast. Sie schlüpfte hinein und erhob sich.
    Draußen wichen die Leute zurück.
    Sie flüsterten miteinander, manche fluchten, einige Frauen beteten. Nicht wenige sahen die Aussätzige als eine Strafe des Himmels an, die über sie gekommen war.
    Tabea verließ die Hütte. Sie sah, wie die Menschen vor ihr zurückwichen. Das Flackerlicht der Fackeln machte sie zu Gestalten, die wie ängstliche Gespenster wirkten.
    »Geh, geh endlich!«, schrie eine Frau. »Geh zu deinen Dämonen! Lass uns hier in Ruhe!«
    Tabea nickte. Ihr war klar, dass sie keine andere Wahl hatte. Sie musste in den Dschungel, auch wenn es dort schwer war zu überleben. Eine andere Möglichkeit hatte sie nicht.
    Sie wandte sich nach links.
    »Schneller!«, brüllte jemand.
    Eine warf einen Sein, der ihren nackten Rücken traf. Andere Augen glotzten auf den fast nackten Körper und sahen die Geschwüre, wobei sie sich schüttelten.
    Es gab im Ort keine normale Straße. Der Untergrund bestand aus festgestampftem Lehm. Bei Regen war alles nur eine Schlammwüste.
    Es war wie im Mittelalter. Nur wurde Tabea nicht aus dem Ort geprügelt.
    Sie bewegte sich von allein. Sie bekam auch keine Schläge mit, aber sie lief trotzdem immer schneller, als wäre die dunkle Wand, die sich hinter dem Dorf aufbaute, ein Magnet, der sie anzog.
    Weg, nur weg!
    Und sie rannte hinein in den Dschungel. Die Stimmen der Leute verklangen. Nur einen Satz hörte sie noch, der hinter ihr her gellte.
    »Komm nie zurück! Nie mehr, sonst werden wir dir das Herz aus dem Leib
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