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1518 - Sukos Albtraum

1518 - Sukos Albtraum

Titel: 1518 - Sukos Albtraum
Autoren: Jason Dark
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einen Schrank auf, griff hinein und holte etwas hervor.
    Für Shao stand fest, dass sie einen wichtigen Punkt auf dem Weg zu Suko erreicht hatte. Plötzlich spürte sie die Spannung in sich. Ihr Herz klopfte schneller, und es dauerte ihr beinahe schon zu lange, bis sich Hang aus dem Dunkel löste und zurückkehrte.
    Er nahm wieder Platz.
    In seiner rechten Hand hielt er etwas, das er jetzt auf seine Werkbank stellte. Es war eine Figur, die sofort vom Schein der Lampen erfasst wurde.
    »Ist er das?«, flüsterte Shao.
    Hang nickte. »Ja, das ist er. Das ist AiWei…«
    ***
    In den folgenden Sekunden rieselte etwas Kaltes über den Rücken der Chinesin. Sie spürte auch den Schweiß auf ihren Handflächen und merkte, dass ihr Herz schneller schlug als gewöhnlich. Sie konnte den Blick nicht von der Figur nehmen, denn sie war in ihrer Hässlichkeit beinahe schon wieder schön.
    Sie war so groß wie ein halber Arm. Der Künstler hatte sie aus einem hellen Holz geschnitzt und sie lackiert, sodass sie im Licht der Lampen einen kalten Glanz abgab, an dem sich bestimmt niemand erfreuen konnte.
    Auf dem Körper saß ein überaus hässlicher Schädel. Es war kein Totenkopf, auch wenn er in der unteren Hälfte fast so wirkte.
    Im oberen Teil war die Haut noch vorhanden. Hang hatte sie perfekt nachgebildet. Ein glatter Schädel auf der Oberseite, aber dort, wo sich Stirn und Gesicht befanden, zeigten sich zahlreiche Falten. Die Nase war nur halb zu sehen. Eine Andeutung mit zwei großen Löchern.
    Darunter wurde der Blick von einem Oberkiefer ohne Lippen angezogen, aus dem gelbe Zähne ragten. Einen Unterkiefer gab es nicht.
    Blieben die Augen!
    Zwei schräge Öffnungen, in denen sich Licht widerspiegelte. Aber das schien nur so beim ersten Hinschauen, denn tatsächlich war es der gelbe Lack in den schrägen Öffnungen, der glänzte.
    Shao ließ ihren Blick über den Körper gleiten, der völlig normal aussah.
    Sie erkannte, dass es sich um einen Mann handelte, der auf zwei großen Füßen stand, die wiederum Kontakt mit einer runden Plattform hatten, damit die Figur stehen konnte.
    Shao schaute die Figur sehr intensiv an, als wollte sie herausfinden, ob in ihr auch eine Seele steckte. Auf sie hätten höchstens die hellen Augen hinweisen können.
    Hang sprach sie mit leiser Stimme an.
    »Du siehst Ai Wei zum ersten Mal - oder?«
    »Ja.«
    »Dann hat Suko ihn dir nicht beschrieben?«
    Sie nickte. »Er hat ihn mir genauso beschrieben, wie ich ihn hier in deiner Schnitzerei vor mir sehe.«
    »Ja, Suko weiß, welch eine Bestie Ai Wei ist.«
    »Aber etwas fehlt noch«, sagte Shao, die ihren Blick einfach nicht von der Figur abwenden konnte.
    »Was meinst du?«
    »Die Sense und die Maske.«
    Hang hob seine mageren Schultern. »Bei der Sense gebe ich dir recht. Aber nicht, was die Maske angeht. Man geht davon aus, dass sein Gesicht bereits eine Maske ist. So kennt man ihn. Was sich darunter verbirgt, wissen wohl nur wenige.«
    »Ja, das habe ich begriffen, Hang. Und warum hast du ihn geschnitzt und die Figur in deinen Schrank gestellt?«
    »Das will ich dir sagen. Es gibt so viele unterschiedliche Wesen und Gestalten in unserer Mythologie. Mein Leben würde nicht ausreichen, um sie alle zu modellieren. Die wichtigsten habe ich mir vorgenommen, und dazu gehört nun mal auch Ai Wei.«
    Shao nickte. »Aber warum hast du die Sense vergessen? Angeblich tritt er immer mit der Sense auf.«
    Hang winkte ab. »Er reichte mir auch so. Aber rechne damit, dass er seine Mordwaffe bei sich trägt.«
    Shao verzog den Mund. »Ja«, gab sie zu, »damit muss man wohl rechnen. Danke, ich weiß jetzt mehr.«
    »Ich möchte gern von dir wissen, wie es weitergehen soll. Hast du einen Plan gefasst?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Also keinen.«
    »So ist es.« Sie warf einen Blick in Hangs Glitzeraugen. »Es sei denn, du könntest mir auch bei dem nächsten Schritt behilflich sein. Wäre das möglich?«
    »Bitte, sag es etwas genauer.« Shao sammelte ihre Gedanken. »Ich muss wissen, wo ich ihn finden kann. Nichts anderes interessiert mich im Moment. Denn wo er ist, da finde ich auch Suko.«
    »Ja, so wird es wohl sein.«
    »Und jetzt meine Frage an dich, Hang. Hast du vielleicht eine Idee, die mich weiterbringt?«
    Hang sagte nichts. Er nahm stattdessen die Figur in beide Hände und schaute sie an. Shao hatte den Eindruck, als wollte der alte Chinese sie hypnotisieren, und als er sie schließlich sinken ließ, da keimte in Shao eine wilde Hoffnung auf, die
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