Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1516 - Totenlichter

1516 - Totenlichter

Titel: 1516 - Totenlichter
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
kurzen Weg zu nehmen, um so schnell wie möglich wieder zu den Rädern zu gelangen.
    »Komm, wir hauen ab.« Florian Thamm machte den Vorschlag. Er drehte sich dabei um, hob auch den rechten Arm an, dessen Hand noch immer die brennende Lampe hielt, und so wanderte der Strahl weiter und in eine bestimmte Richtung.
    Eigentlich hätte er über die Wiese hinweg ins Leere stoßen müssen, um von der Dunkelheit aufgesaugt zu werden.
    Das passierte nicht.
    Er traf ein Ziel.
    Es war eine unheimliche Gestalt!
    Florian schrie leise auf. Er ging zurück. Die Taschenlampe in seiner Hand schwankte von oben nach unten, und dann presste er die freie Hand vor seine Lippen.
    »He, was ist los?«
    Florian musste erst seinen Mund frei bekommen, bevor er reden konnte.
    »Da steht - stand einer.«
    »Was?«
    »Ja.«
    »Wo denn?«
    »Leuchte mal hin.«
    Auch Moritz hob die Lampe an. Er hatte nichts gesehen, aber die Furcht presste seinen Brustkorb zusammen wie eine Klammer, sodass er kaum richtig Luft holen konnte.
    »Leer«, flüsterte Florian, der auch hinleuchtete. »Verdammt, da ist niemand mehr.«
    »Vielleicht war da auch keiner.«
    Florian trat mit dem Fuß auf. »Doch, Igel, ich habe ihn gesehen. Deutlich sogar.«
    »Das kann nicht sein.«
    »Wenn ich es dir sage. Ich bin doch nicht blöd. Und gucken kann ich auch.«
    »Du hast zu viel Angst gehabt.«
    »Ja, das auch. Aber ich habe ihn gesehen.«
    »Wie sah er denn aus?«
    Beide hatten scharf geflüstert, und so gab auch Florian seine Antwort. »Wie ein Mönch, glaube ich.«
    »Was?«
    »Ja. Er trug einen Umhang oder eine Kutte. Vom Kopf bis zum Boden. Ehrlich!«
    »Das war irgendein Baumschatten.«
    »Wachsen denn da Bäume?«
    Moritz hob die Schultern. »Eigentlich nicht. Aber egal, was ist. Wir müssen weg.«
    »Gut.«
    »Aber lass mich noch mal leuchten.«
    »Okay.«
    Moritz drehte nicht nur seinen Arm, sondern auch sich selbst. Der weißgelbe Lichtarm zerschnitt die Dunkelheit in einem Halbkreis, aber er traf kein Ziel.
    »Siehst du, da ist niemand.«
    »Und ich habe ihn doch gesehen«, behauptete Florian.
    »Was ein Fehler war.«
    Beide Jungen standen so starr, als wären sie auf dem Fleck festgenagelt worden.
    Die Stimme war aus der Dunkelheit an ihre Ohren gedrungen, sie hatte düster geklungen, und beide hatten die Worte deutlich gehört. Sie hielten ihre Lampen fest und wussten nicht, in welche Richtung sie leuchten sollten.
    Das war Sekunden später nicht mehr wichtig, denn in der Dunkelheit bewegte sich ein Schatten. Zuerst noch recht nahe am Boden, dann aber richtete er sich auf, und plötzlich sah auch Moritz Müller die unheimliche Gestalt im Licht.
    Ja. Florian hatte sich nicht vertan. Wie aus dem Boden gestiegen sahen sie den Vermummten vor sich. Eine Gestalt in einer bodenlangen Kutte, die zudem eine Kapuze hatte. Sie war so weit vor das Gesicht gezogen, dass es von den Schatten geschluckt wurde.
    Schlagartig war für die beiden Jungen alles anders geworden. Sie kamen sich vor, als hätte man ihre Welt vertauscht. Als wären sie hineingezogen worden in eine andere Szenerie, die ihnen sonst nur aus dem Kino und dem Fernsehen bekannt war.
    Der Unheimliche stand da, ohne etwas zu sagen. Er war das Grauen, er war ein Killer, und es gab plötzlich zwei Zeugen, die er nicht akzeptieren konnte.
    Er sagte nichts. Er stand nur auf dem Fleck. Seine Augen waren nicht zu sehen. Das gesamte Gesicht lag eingehüllt in einer tiefen Schwärze, in die kein einziger Lichtstrahl fuhr.
    Die Jungen schwiegen. Sie wussten, in welch einer Gefahr sie steckten, aber sie schafften es nicht, sich umzudrehen, um die Flucht anzutreten.
    Das hier war kein Abenteuer-Spiel mehr, kein Spaß der Pfadfinder, hier herrschten das Grauen und die Gefahr für Leib und Seele vor.
    Was konnten sie tun?
    Florian fasste sich als Erster ein Herz. »Wir hauen jetzt ab. Drehen uns um und weg!« Seine leise Stimme wurde nur von Moritz verstanden, und der nickte.
    »Los!«, zischte Florian. Er sagte es genau in dem Augenblick, als sich auch der Unheimliche bewegte. Der Schatten ging nach vorn. Er würde über den Toten hinweggehen müssen, aber die beiden Jungen hatten sich bereits umgedreht. Sie rannten auf den nahen Hang zu, und dann gab es nur noch einen Einpeitscher in ihnen.
    Die Panik trieb sie voran. Sie war wie eine unsichtbare Peitsche, die gegen ihre Rücken drosch. Sie sprachen nichts mehr, sie keuchten nur und duckten sich, von der Angst getrieben. Der Hang war kein Problem für sie - öder er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher