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1511 - Der letzte Engel

1511 - Der letzte Engel

Titel: 1511 - Der letzte Engel
Autoren: Jason Dark
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Ich saß da und bewegte mich nicht, doch hinter meiner Stirn wirbelten die Gedanken. Ich glaubte, eine kalte Klaue um mein Herz zu spüren, die immer mehr zudrückte.
    Allein der Name machte mir Angst.
    Trotzdem konnte ich nichts damit anfangen. Ich hatte den Namen noch nie gehört und hob deshalb die Schultern.
    »Ich habe mir gedacht, dass du ihn nicht kennst. Er gehört auch nicht zu euch, John.«
    »Aber er hat sich einen menschlichen Namen gegeben.«
    »Das hat er.«
    »Warum?«
    »Weil er zwischen den Menschen nicht auffallen will. Wenn er kommt, hinterlässt er Tote. Man kann ihn nicht bremsen, wenn er seine Ausflüge macht, um das Grauen zu verbreiten. Ich weiß, dass er etwas Großes vorhat, etwas ganz Großes, so etwas wie einen Abschluss. Er ist in einen menschlichen Körper gepresst worden, ebenso wie ich. Mich hat man körperlich zu einer Frau gemacht und mir Flügel gegeben. Innerlich bin ich anders…«
    »Und Blake?«
    »Ist ein Mann.«
    »Und er ist innerlich anders, denke ich.«
    »Ja.«
    »Kannst du noch etwas sagen?«
    »Wir sind Feinde, und ich will nicht, dass er in dieser Nacht viele Menschen tötet. Wenn es mir gelingt, ihn zu vernichten, werde ich wieder in das Licht gelangen, dann brauche ich mich auch nicht mehr der letzte Engel zu nennen. Wenn nicht, bin ich auf ewig verflucht und in dieser Gestalt eingeschlossen.«
    »Das hört sich nicht gut an.«
    »Stimmt. Aber das Wort gut ist aus meinem Gedächtnis entfernt worden, so leid es mir tut. Ich möchte, dass du mir hilfst, diesen Blake zu finden, John. Ich habe dich vor dem Hexenbrunnen bewahrt, du bist mir etwas schuldig. Ich weiß jetzt, dass Blake sich hier in der Stadt aufhält und in dieser Nacht für viele, viele Tote sorgen will. Menschen, die auf einmal sterben, und das durch ihn.«
    X-Ray hatte mir einiges gesagt, nur hatte er es für mich nicht leichter gemacht. London war eine verdammt große Stadt. In einer lauen Vorsommernacht wie dieser hielten sich viele Leute im Freien auf: Es gab Versammlungen, es gab Events, die Discos waren voll, und da machte so mancher die Nacht zum Tag.
    Zudem war es die Nacht vor dem Ersten Mai. Das fiel mir erst jetzt ein.
    Früher hatte man diese dunklen Stunden als die Walpurgisnacht bezeichnet. Da hatte der Teufel Ausgang bekommen, da tanzten die Hexen, und ich fragte mich, ob Blakes Erscheinen damit etwas zu tun hatte.
    »Dir fällt nichts ein, John?«
    »Im Moment nicht.«
    »Mir auch nicht.«
    »Spürst du denn was?« Ich hatte die Frage bewusst gestellt, weil ich davon ausging, dass es möglicherweise eine Verbindung zwischen den beiden Gestalten gab.
    »Nein, ich spüre wirklich nichts. Ich tappe im Dunkeln. Ich weiß nur, dass er da ist, doch er lässt mich nicht an sich herankommen.«
    »Das ist schlecht.«
    »Und die Zeit rennt uns davon.«
    Ich zermarterte mir den Kopf. Wo konnte dieser Blake zuschlagen? Ich war kein Hellseher, hätte mir in diesem Moment aber gewünscht, einer zu sein.
    »Keine Lösung, John Sinclair?«
    Ich hob die Schultern und gab eine nicht eben überzeugende Antwort.
    »Ich könnte einige Anrufe tätigen und herausfinden, wo sich in der vor uns liegenden Nacht viele Menschen versammeln. Aber das wird an zahlreichen Orten sein. Wer weiß, ob wir auch den richtigen herausfinden.«
    »Es ist ein Weg. Eine Hoffnung, nicht mehr.«
    »Würde er eine politische Versammlung sprengen wollen?«
    »Ich denke nicht.«
    »Dann fallen schon einige weg. Aber die finden auch mehr am Tag statt. Was da sonst noch alles läuft, da müsste ich mich wirklich mal erkundigen. Nur ist es so, dass die Leute, die so etwas organisieren oder sie bewilligen, nicht mehr zu erreichen sind. Da gibt es keine Nachtschicht und…«
    »Hör auf!«
    Ich hielt den Mund und sah zugleich, dass sich in der Haltung des Engels etwas verändert hatte. Er schien mit einer anderen Dimension Kontakt aufgenommen zu haben. Es hätte mich nicht gewundert, wenn er die Laube verlassen hätte, um sich an einen bestimmten Ort zu begeben. Er stand leicht geduckt da, der Blick seiner Augen war ins Unendliche gerichtet, und dabei sprach er flüsternd ein Wort aus.
    »Wasser…«
    »Was meinst du?«
    Ich hörte einen fauchenden Laut, bevor er das Wort wiederholte und mit dem rechten Fuß wütend auftrat.
    »Was hat es zu bedeuten?«
    Er hob die Schultern an. »Ich weiß es nicht. Aber es ist wichtig, ich spüre es. Ich habe versucht, Blake zu finden. Er weiß auch, dass ich ihm auf den Fersen bin. Und jetzt hat er mich
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