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150 - Aufbruch in die Silberwelt

150 - Aufbruch in die Silberwelt

Titel: 150 - Aufbruch in die Silberwelt
Autoren: A.F.Morland
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irrte, ein weißer Ziegenkopf.
    Vielleicht hieß das Gasthaus »Zur weißen Ziege« oder so ähnlich.
    Rechts neben der Tür befand sich ein Fenster, und mir fiel auf, daß sich der Vorhang bewegte. Halleluja! Ein Lebenszeichen!
    Der Wirt bewies, daß er Courage hatte, indem er aus dem Gasthaus kam. Ein dünner Mann mit weißer Schürze. Da er nicht groß war, reichte sie ihm fast bis an die Fußknöchel.
    Sein Name war Victor McGoohan, und er fragte, ob er uns helfen könne.
    »Hier, an dieser Stelle, müßte ein Baum stehen«, sagte Cardia.
    »Eine große Eiche.«
    McGoohan sah die Hellseherin überrascht an. »Woher wissen Sie das?«
    »Habe ich recht?«
    »Ja, aber den Baum gibt es schon lange nicht mehr. Man hat ihn entfernt, das war noch vor meiner Zeit.«
    »Warum hat man ihn entfernt?« wollte Cardia wissen.
    Der Wirt zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich war er schon alt. Auch Bäume leben nicht ewig.«
    »Fällte man die alte Eiche nicht aus einem anderen Grund?« fragte Cardia.
    McGoohan kniff ein Auge zu. »Sind Sie mit dem Hubschrauber gekommen?«
    »Ganz recht, Mr. McGoohan«, antwortete ich. »Mein Name ist Tony Ballard. Wie heißt dieser Ort?«
    »Crickford. War einer von Ihnen schon einmal hier?«
    »Keiner von uns«, antwortete ich.
    »Dann hat man Ihnen die Spukgeschichte erzählt.«
    »Was für eine Spukgeschichte?« fragte ich.
    »Sind Sie nicht ihretwegen hier?«
    »Ich denke, Sie erzählen uns am besten die Geschichte, Mr. McGoohan«, schlug ich vor.
    »Ja, also…« Er scharrte mit dem Fuß auf dem Boden. »Also dieser Baum hat einen Namen. Galgenbaum wurde er genannt. Crickford sah viele Verbrecher hängen, obwohl es hier nie einen Galgen gab. Die Sünder wurden alle an der Eiche aufgeknüpft. Von weither kamen die Menschen, um sie hängen zu sehen. Damals wohnte man Hinrichtungen bei wie einer Theateraufführung. Dennoch glaube ich nicht, daß die Menschen damals gefühlsroher waren. Es war eine andere Zeit. Man dachte anders, man fühlte anders – und die Angst vor dem Bösen war vermutlich ausgeprägter als heute. Vielleicht haben wir auch nur gelernt, diese Angst besser zu verbergen. Heute fürchtet sich kaum noch jemand vor einer Hexe. Frauen bekennen sich im Fernsehen sogar öffentlich dazu, daß sie Hexen sind, und niemand findet etwas dabei. Früher hätte der Strick auf sie gewartet – oder der Scheiterhaufen, je nach Landstrich.«
    Das war vermutlich die Einleitung.
    Ich wartete gespannt auf die Geistergeschichte.
    McGoohan wies mit dem Daumen über die Schulter. »Wollen wir nicht hineingehen? Im Sitzen plaudert es sich besser.«
    »Ich könnte ein schön kühles Bier vertragen«, sagte ich.
    »Habe ich. Es ist alles da«, sagte Victor McGoohan.
    Wir begaben uns mit ihm in das Gasthaus. Eine triste Leere gähnte uns an. Ich fragte mich, wovon McGoohan lebte, wenn ihm niemand etwas abkaufte.
    »Haben Sie immer so viele Gäste?« erkundigte ich mich.
    »Die meisten Männer trinken ihren Schnaps oder den Wein zu Hause«, sagte McGoohan.
    »Davon haben Sie nichts.«
    »Doch, denn sie kaufen bei mir, was sie brauchen«, sagte der Wirt.
    »Setzen sie sich nie zu einem Schwätzchen zusammen?«
    »Nur hin und wieder. Bei Hochzeiten, Kindstaufen und Beerdigungen ist das Haus voll. Damit halte ich mich einigermaßen über Wasser, aber das große Geld ist mit einem Gasthaus in Crickford nicht zu verdienen.«
    »Dann wollen wir Ihren heutigen Umsatz gleich mal um 100 Prozent steigern«, sagte ich und bestellte ein großes Bier.
    Cnahl wollte auch eins haben, Sammeh und Cardia tranken Fruchtsaft. Der Wirt bediente uns und setzte sich mit einem Glas Wein zu uns.
    Der Gastraum war düster, Tische und Stühle waren alt, Geld für eine Renovierung war nicht vorhanden. Was McGoohan einnahm, brauchte er, um überleben zu können.
    Er trank den Wein wie ein echter Genießer. »Ein edler Tropfen«, bemerkte er stolz. »Aus eigenen Reben.«
    Ich erinnerte ihn daran, daß er uns eine Spukgeschichte erzählen wollte. Er brauchte noch einen Schluck Wein, bevor er fortfuhr. Seine Miene verfinsterte sich.
    »Wo war ich stehengeblieben?« fragte er.
    »Bei den Hexen«, sagte Sammeh.
    McGoohan holte tief Luft und nickte. Es schien ihm nicht leichtzufallen, weiterzusprechen. »Wie gesagt, heute ist es nicht mehr gefährlich, sich zum Hexentum zu bekennen. Früher kostete es einen das Leben. Wenn eine Hexe aufgehängt werden sollte, war der Zustrom von Schaulustigen immer besonders groß. Sie kamen mit
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