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1476 - Höllenbilder

1476 - Höllenbilder

Titel: 1476 - Höllenbilder
Autoren: Jason Dark
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nicht?«
    »Nein, dann würde ich irgendwann durchdrehen. So etwas kann man doch nicht träumen!«
    »Wer wollte denn die Bilder sehen? Es sind meine besonderen Schätzchen. Andere sehen völlig normal aus, wie du sagen würdest. Zumindest bis zu einer bestimmten Stelle.«
    »Was heißt das?«
    Nykill bückte sich und schaute ihr ins Gesicht. »Du wirst es sehen. Ich werde dir das nächste Bild zeigen. Es ist ein Akt, und du bist ja gekommen, um dich so malen zu lassen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich dich auch so malen werde. Denn du bist kein Albträume für mich, das muss ich noch hinzufügen.«
    »Nein, das ist…«
    »Doch, meine Schöne, doch. Wie sagt man? Gegensätze ziehen sich an. So ist es auch hier. Zuerst das Grauen, dann das Schöne. Das eine verkörpert in einer wunderschönen Frau, das andere in Form eines bösen Albtraums. Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Das ist unser Leben. Das war schon immer so und wird auch immer so bleiben.«
    »Ja, schon…« Ihr fehlten einfach die Worte. Sie konnte nichts mehr sagen und spürte, wie es in ihrem Innern rumorte. Es war die Angst, die in ihr hoch stieg und dafür sorgte, dass sie sprachlos war.
    Nykill ging zu einem dritten Bild, das ebenfalls verdeckt war. Er kicherte dabei, und es war eine Vorfreude, die Jessica Schlimmes ahnen ließ. Sie hatte die Lippen zusammengepresst, und sie atmete nur durch die Nase. Ihre Haut war erhitzt, auf der Stirn lag eine dünne Schicht aus Schweiß, der auch an ihrem Hals entlang rann und ihn zum Glänzen gebracht hatte.
    Sie hatte sich locker und bequem hinsetzen sollen. Diesem Ratschlag war sie nicht gefolgt. Sehr verkrampft saß sie auf dem Stuhl und hielt die Hände zu Fäusten geballt. Deutlich spürte sie die Abdrücke der Fingernägel im Fleisch.
    Was sollte sie tun?
    Der Wein hatte sie irgendwie benebelt. Sie hatte Probleme mit sich selbst, und plötzlich schoss ihr eine Frage durch den Kopf, die sie unbedingt stellen musste.
    »Hast du deine Bilder nur hier aufbewahrt? Oder hängen sie auch in irgendwelchen Museen?«
    Der Maler zögerte. »Glaubst du daran?«
    »Ja.«
    Nykill kicherte. »Ich bin dabei, meine Schöne. Ich habe bereits ein Bild untergebracht. Bald wird mich die ganze Welt kennen. Man wird Schlange stehen, um sich meine Werke anzuschauen, man wird von ihnen fasziniert sein, und nicht nur von den Motiven, sondern auch von dem, was sie zu leisten in der Lage sind. Das kann ich dir versprechen.«
    »Was meinst du denn damit?«
    »Später…«
    Es war besser, wenn sie den Mund hielt. Sie wollte sich auch konzentrieren, was ihr allerdings nicht leicht fiel.
    Der verdammte Alkohol – oder war es noch etwas anderes? – hatte sie völlig aus der Bahn geworfen und brachte sie zum Stöhnen.
    Noch war das dritte Bild verdeckt. Nykill wartete so lange, bis sich Jessica wieder auf ihn konzentrierte. Er stand in einer gebückten Haltung neben der Staffelei und hielt bereits den Zipfel des Tuchs fest, das er jetzt mit einer fließenden Bewegung wegzog und sein Kunstwerk somit freilegte.
    Es waren keine Spotlights auf die Gemälde gerichtet. Keines lag direkt im vollen Licht. Nur die Kerzen gaben die entsprechende Helligkeit, und die reichte aus, um das Motiv in allen Einzelheiten erkennen zu lassen.
    Jessica schaute hin.
    Sie konnte ihren Blick nicht abwenden und hatte den Eindruck, als würde ihr Kopf von zwei Geisterhänden zusammengepresst.
    Ein nackter Frauenkörper. Wie sie saß das Aktmodell ebenfalls auf einem Stuhl. Es hatte sogar die Beine übereinander geschlagen und die Hände auf die Knie gelegt.
    Ein wunderbarer Körper. Jessica fand ihn sogar noch perfekter als ihren eigenen. Aber es gab einen Unterschied, und der war so grausam, dass sie beinahe laut geschrien hätte.
    Es fing am Hals an und verstärkte sich noch im Gesicht der Frau.
    Wunden, überall kleine Wunden, die mit einem scharfen Messer in die Haut geschnitten worden waren.
    Aus ihnen tropfte das Blut. Es floss sogar von der Kopfhaut der Frau, denn dort wuchs kein einziges Haar. Das Blut hatte Streifen hinterlassen, es war auch in den Mund gelaufen und bildete an den Lippen kleine Flecken.
    Ein furchtbarer Anblick, der sogar noch schlimmer wurde, wenn man in die Augen des Modells schaute. Auch sie waren nicht verschont geblieben.
    Ein Auge war noch normal. Das linke allerdings war zur Hälfte aus seiner Höhle hervorgetreten. Man hatte es nach vorn gedrückt, und es sah so aus, als würde es an einem langen Faden hängend ins Freie geschoben
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