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147 - Stunde X

147 - Stunde X

Titel: 147 - Stunde X
Autoren: Jo Zybell
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komme.« Naoki zögerte keinen Augenblick. Sie hatte mit diesem Moment gerechnet.
    »Ich danke Ihnen, Ma’am.« Die Erleichterung war der zunächst mürrischen Stimme des Generals anzumerken. »Auch von Präsident Crow und General Fudoh liegen bereits Zusagen vor.«
    Naoki zog die linke Braue hoch.
    »Wenn ich Commander Drax richtig verstanden habe«, fuhr Yoshiro fort, »sind Sie von allen Verbündeten in Nordamerika am besten für eine Reise über den Atlantik ausgerüstet, Ma’am. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würden wir Sie bitten, einen Umweg über West- und Ostküste zu machen und die Gentlemen an Bord Ihres Fahrzeugs zu nehmen.«
    Diesmal zögerte Naoki. Zwei, drei Atemzüge lang schwieg sie. Fudoh und Crow. Zwei ehemalige Feinde, die nun
    »Verbündete« waren. Sie musste mit sich kämpfen, um ihren Vorurteilen nicht zu erliegen.
    »Mrs. Tsuyoshi? Sind Sie noch dran?«
    »Ja… ja, ich bin noch dran. Ich habe verstanden, Sir. Ich werde beide Verbündete an Bord meines Gleiters nehmen. Wir sehen uns in vier Tagen in London.«
    Sie verabschiedete sich und unterbrach die Verbindung.
    Mike Danny nahm ihr das Funkgerät ab. »Geht es also los«, sagte er. »Wie gut, dass wir den Großraumgleiter überholt haben.«
    Naoki antwortete nicht. Sie stieß sich mit der Stiefelspitze ab und drehte ihren Sessel zur Monitorwand.
    »Du bist sauer, was?«, grinste Danny. Naoki zuckte mit den Schultern. »Versteh ich«, sagte der Rotschopf. »So viele Stunden mit dem Arschloch Crow und dem Maskenmann Fudoh in ein und demselben Gleiter – das würde mir auch stinken…«
    Naoki hörte nur mit halbem Ohr zu. Einen der Monitore füllte der mächtige Rumpf eines Fluggeräts aus: der Prototyp eines Space Shuttle. Zum ersten und bisher auch letzten Mal hatte Matthew Drax es geflogen; zur Internationalen Raumstation und zurück. Fast vier Jahre war das bereits her. Inzwischen hatten Naoki und ihr Team das Shuttle auf einen sehr viel leistungsfähigeren Metallwasserstoff-Antrieb umgerüstet. Die Arbeiten standen kurz vor dem Abschluss.
    »General Fudoh wurde nur durch einen Irrtum zu unserem Feind«, sagte sie, »als er annehmen musste, hinter den Verbrechen des Weltrats in seiner Heimat stünde eine Macht, die ganz Meeraka beherrscht – und nicht nur eine kleine Enklave an der Ostküste.« Sie seufzte. »Und wer ist schon Arthur Crow? Sicher, er hat uns eine Menge Schwierigkeiten gemacht und ich verabscheue ihn. Aber ist er für uns Unsterbliche nicht nur eine Fußnote der Geschichte? Kann er uns auf irgendeinem Gebiet das Wasser reichen? Nein, kann er nicht.«
    Sie stand auf und ging zum Schott.
    »Die Zukunft der Erde steht auf dem Spiel, Mike. Wir leben in Zeiten, die mich verflucht an die Monate vor dem Kometeneinschlag erinnern. Arbeiten wir also vorübergehend mit Crow zusammen. Und geben wir Fudoh eine Chance, die Vergangenheit vergessen zu machen.«
    ***
    28,79 Kilometer über dem Pazifik, Anfang September 2521
    Das Festland blieb zurück, der Ozean breitete sich unter ihm aus. Fern am Horizont erspähte er eine Inselgruppe. Die Botschaft, die er beim Überflug der meerakanischen Ostküste empfangen hatte, war eindeutig, ihr Empfang fernab des Kratersees ungestört, nur – er konnte sie nicht weitergeben.
    Niemand im weiten Umkreis der Landestelle antwortete, wenn er rief. Der Sol, sein oberster Herr, konnte ihn nicht mehr hören…
    Eine schmale Dampfschicht bedeckte die feste Haut seines Körpers: die Feuchtigkeit, die er ausdünstete. Durch die Flugbewegungen lösten sich Dampfwölkchen von seinen Schwingen und seinem Schwanz. Sie trudelten in die dünne Luft, dehnten sich aus, und nur zwei oder drei Meter über der ausgedehnten Oberfläche seines Körpers gefroren sie zu weißen Kristallen. Manchmal schneite es rings um ihn.
    In noch größerer Höhe würde es allmählich wieder wärmer werden, aber auch die Dichte der für ihn so wichtigen Sauerstoffmoleküle nähme weiter ab und die Hoffnung auf eine Verbindung mit dem Sol würde noch unwahrscheinlicher werden. Ob er tiefer gehen sollte? Ob er die mentale Verbindung zu seinen Herren in weniger großen Höhen wieder herstellen konnte?
    Nein. Die Erinnerung an die wenigen Abstiege, seit er für seine Herren im Orbit kreiste, schreckte ihn ab. Nur wenige tausend Meter weiter unten sank die Temperatur noch tiefer unter den Gefrierpunkt. Selbst der Stoffwechsel eines Riesenorganismus wie dem seinen ertrug Extremerfahrungen nur in begrenzter Anzahl; selbst sein
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